Verfahrensgang
LG Arnsberg (Aktenzeichen 4 O 125/20) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg vom 16. September 2021 wird zurückgewiesen.
Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte zu 83% und die Klägerin zu 17%.
Dieses Urteil ist, ebenso wie das angefochtene Urteil des Landgerichts, ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus beiden Urteilen vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
A. Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche auf Nachzahlung von Stromentgelten für den Zeitraum September 2014 bis einschließlich Juni 2017 geltend. Die Beklagte nimmt die Klägerin widerklagend auf Schadensersatz wegen entgangener energierechtlicher Privilegierungen, die ihr durch die zunächst - unstreitig - fehlerhaften Stromkostenabrechnungen entstanden sein sollen, in Anspruch.
Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der A. Vertrieb AG (im Folgenden einheitlich: Klägerin), welche die Beklagte, die Kunststoffteile und Spulen herstellt, an deren ehemaliger Betriebsstätte in E. (B.) nach Maßgabe der als Anlagen K1 bis K3 zur Gerichtsakte gereichten Sonderkundenverträge vom 1. Januar 2014 bis zum 30. Juni 2017 mit Strom belieferte.
Die in die jeweiligen Stromlieferverträge einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin (im Folgenden: AGB) sahen unter anderem Folgendes vor:
"[...]
2.1 A. ist berechtigt, für die Lieferstelle vorläufige monatliche Rechnungen zu erstellen. [...]
[...]
2.3 Vorläufige monatliche Rechnungen, Abschläge und Jahresrechnungen werden zu dem von A. angegebenen Zeitpunkt, frühestens jedoch 2 Wochen nach Rechnungszugang fällig. [...]
[...]
4.2 Im Übrigen haftet A. [...] nur, wenn es sich um einen Schaden aus der schuldhaften Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit handelt oder der Schaden auf einer vorsätzlich oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung von A., ihrer gesetzlichen Vertreter oder ihrer Erfüllungsgehilfen beruht. A. haftet auch bei schuldhafter Verletzung wesentlicher Vertragspflichten, bei leichter Fahrlässigkeit jedoch der Höhe nach beschränkt auf die bei Vertragsschluss vorhersehbaren vertragstypischen Schäden (wesentliche Vertragspflichten sind solche, deren Erfüllung den Vertrag prägt und auf die der Kunde vertrauen darf). Schließlich haftet A., wenn und soweit A. eine Beschaffenheitsgarantie oder Zusicherung abgegeben oder den Mangel arglistig verschwiegen hat.
[...]
5.2 Gehören zu einem Netzanschluss mehrere Entnahmestellen oder Einspeisestellen, kann die Ermittlung der zur Abrechnung erforderlichen Messwerte bzw. Lastgänge durch den Verteilnetzbetreiber aufgrund sog. 'virtueller Zählpunkte' erfolgen. Sofern der Verteilnetzbetreiber bei der Abrechnung der Netznutzung für die Lieferstelle die rechnerisch ermittelten Messwerte bzw. Lastgänge eines 'virtuellen Zählpunkts' zugrunde legt, werden die gleichen Messwerte bzw. Lastgänge auch zur Abrechnung der von A. gelieferten elektrischen Energie im Rahmen dieses Vertrages herangezogen.
[...]
5.4 Die Ablesung der Zähl- und Messeinrichtungen sowie die Bereitstellung der (ggf. arithmetisch gebildeten) Messwerte bzw. Lastgänge erfolgt durch den Verteilnetzbetreiber oder dessen Beauftragten. A. ist berechtigt, für Zwecke der Abrechnung die Ablesedaten zu verwenden, die A. vom Verteilnetzbetreiber erhalten hat.
[...]
6.1 Ergibt eine Überprüfung der Messeinrichtung eine Überschreitung der Verkehrsfehlergrenzen oder werden Fehler in der Ermittlung des Rechnungsbetrages festgestellt, so ist die Überzahlung von A. zurückzuzahlen oder der Fehlbetrag vom Kunden nachzuentrichten. [...]
6.2 Ansprüche nach Ziffer 6.1 sind auf den der Feststellung des Fehlers vorhergehenden Ablesezeitraum beschränkt, es sei denn, die Auswirkung des Fehlers kann über einen größeren Zeitraum festgestellt werden; in diesem Fall ist der Anspruch auf längstens drei Jahre beschränkt.
[...]"
Die Stromlieferung erfolgte über den Anschluss der Betriebsstätte der Beklagten an das Versorgungsnetz der X. GmbH (im Folgenden: Streitverkündete). Bis September 2014 wurde über diesen Netzanschluss außerdem eine Konzernschwester der Beklagten mit benachbarter Betriebsstätte, die H. GmbH & Co.KG (im Folgenden: Fa. H.), als Unterabnehmerin mit Strom versorgt.
Der insgesamt an der Messstelle in E. abgenommene Strom wurde durch die sogenannte registrierte Lastgangmessung (RLM) ermittelt, und die Verbrauchswerte wurden der Streitverkündeten im Viertelstundentakt elektronisch mitgeteilt. Daneben wurde der von der Fa. H. verbrauchte Strom mit einem gültig geeichten Stromzähler erfasst und von der Streitverkündeten zur rechnerischen Ermittlung des Stromverbrauchs der Beklagten an einem "virtuellen Zä...