Entscheidungsstichwort (Thema)
Direktversicherung im Sinn des BetrAVG. Konkursverwalter. Kündigung des Versicherungsvertrags. Rückkaufswert zur Konkursmasse eingezogen. Unverfallbarkeit und Unwiderruflichkeit der Versorgungszusage. Aussonderungsrecht. Keine Schadensersatzansprüche wegen schuldhafter Vereitelung eines unwiderruflichen Bezugsrechts. Anspruch auf die Versicherungsleistung mit widerruflichem Bezugsrecht zugunsten der Arbeitnehmer gehört versicherungsrechtlich zum Vermögen des Versicherungsnehmers
Leitsatz (redaktionell)
1. Kündigt der Konkursverwalter eine Direktversicherung, abgeschlossen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung, und zieht den Rückkaufswert zur Konkursmasse, verletzt er kein Aussonderungsrecht des Versorgungsanwärters, wenn dieser im Verhältnis zum Versicherer im Zeitpunkt der Kündigung noch kein unwiderrufliches Bezugsrecht auf die Versicherungsleistung hatte.
2. Hat der Konkursverwalter alle zumutbaren Nachforschungen anhand der vorliegenden Unterlagen bezüglich einer früheren Unverfallbarkeit der Versicherung angestellt und ist zu keinem abweichenden Ergebnis gekommen, hat der Versorgungsanwärter keine Schadensersatzansprüche wegen schuldhafter Vereitelung eines unwiderruflichen Bezugsrechts.
3. Der Anspruch auf die Versicherungsleistung mit widerruflichem Bezugsrecht zugunsten der Arbeitnehmer gehört versicherungsrechtlich zum Vermögen des Versicherungsnehmers, d.h. des Arbeitgebers, in diesem Fall des Gemeinschuldners. Das arbeitsrechtliche Widerrufsverbot nach Eintritt der Unverfallbarkeit der Versorgungsanwartschaft hat keinen Einfluss auf das Versicherungs- und Konkursrecht. Der Konkursverwalter ist daher verpflichtet, den Versicherungsvertrag gem. §§ 165ff. VVG zu kündigen und die Rückkaufswerte zur Masse zu ziehen.
Normenkette
KO §§ 82, 43, 17 Abs. 1, 2 S. 2, § 59 Abs. 1 Nr. 1; BetrAVG § 1 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1; VVG § 166 Abs. 1; ALB § 15 Abs. 1; ALB n.F. § 13 Abs. 1; BGB § 328 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Münster (Urteil vom 11.01.1990; Aktenzeichen 15 O 536/89) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 11. Januar 1990 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Beklagte ist seit Anfang 1988 Konkursverwalter – zunächst Sequester – im Konkursverfahren über das Vermögen der Firma … in … und ihrer Tochtergesellschaft bzw. Zweigstelle, der Firma … in … Der Kläger war Mitarbeiter der Firma … Diese Firma unterhielt im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung zugunsten der einzelnen Mitarbeiter Direktversicherungen bei der … Für den Kläger war eine Lebensversicherung ab dem 01.01.1979 über 50.000,– DM zu Versicherungsschein-Nr. 7579322008 abgeschlossen. Unter dem 15.12.1979 erteilte die Firma … dem Kläger eine „Versicherungszusage über eine Direktversicherung”, wobei ein Formular der … ausgefüllt wurde, in dem als Versicherungsbeginn der 01.01.1979 genannt war. Auf die Versicherungszusage (Bl. 98 d.A.) wird Bezug genommen. Mit Schreiben vom 13. Februar 1984 übersandte die … der Firma … eine Gesamtübersicht der Direktversicherungsverträge, in der die Firmeneintrittsdaten nicht angegeben waren, für den Kläger jedoch ein Unverfallbarkeitsdatum für den 01.01.1984 notiert war. Auf den Inhalt der Aufstellung (Bl. 15/16 d.A.) wird Bezug genommen. In einer weiteren, der Arbeitgeberin des Klägers übersandten Aufstellung vom 21.12.1985 war dagegen für den Kläger als Unverfallbarkeitsdatum der 01.01.1989 genannt. Nachdem der Beklagte der … Mitteilung von der Eröffnung des Konkursverfahrens und seiner Bestellung zum Sequester gemacht hatte, teilte diese ihm mit Schreiben vom 6. April 1988 u.a. folgendes mit:
„… Zu den Versicherungen für die Herren … und … wurde vereinbart, daß das Bezugsrecht erst mit der Erfüllung der Voraussetzungen für die Unverfallbarkeit unwiderruflich wird. Anhand unserer Unterlagen haben wir festgestellt, daß diese beiden Versicherten erst am 01.01.1989 bzw. 01.01.1990 eine unverfallbare Anwartschaft erwerben würden. Die Werte der Versicherungen können also zur Konkursmasse herangezogen werden. Auf dem Zusatzantrag für Direktversicherungen wurde aber seinerzeit bei Antragstellung als Unverfallbarkeitsdatum der 01.01.1984 bzw. 01.01.1983 angegeben. Wir bitten daher um Überprüfung, ob diese Daten maßgebend und deshalb auch die Versicherungen wegen unverfallbarer Anwartschaften auf die beiden versicherten Personen zu übertragen sind. …”
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schreibens Bl. 20 ff d.A. Bezug genommen.
Der Beklagte forderte von dem Kläger den Originalversicherungsschein an, den ihm der Kläger mit Schreiben vom 03.05.1988 zur Verfügung stellte. Anschließend kündigte am 05.05.1988 der Beklagte die Versicherung. Per 20.06.1988 zahlte die … den Rückkaufswert aus der Lebensversicherung-Nr. 7579322008 in Höhe von 7.441,75 DM an den Beklagten, der ihn zur Konkursmasse einzog. Inzwischen hat s...