Leitsatz (amtlich)
1. "Unklarheiten" im Hinblick auf den schuldrechtlichen Kaufvertrag stehen der Annahme der dinglichen Übereignung nicht zwingend entgegen und müssen die Vermutungswirkung des § 1006 Abs. 1 BGB - wie hier in der Gesamtbetrachtung - nicht erschüttern.
2. Zur - hier nicht feststellbaren - Einwilligung in einen Verkehrsunfall.
Normenkette
BGB § 1006; StVG § 7
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen 2 O 65/18) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 13.01.2022 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld (2 O 65/18) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 18.774,30 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz bezüglich des Beklagten zu 1) ab dem 04.02.2018 und bezüglich des Beklagten zu 2) ab dem 02.02.2018 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.100,51 EUR zu zahlen.
Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen; die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden wie folgt verteilt:
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen die Beklagten als Gesamtschuldner zu 62 % und der Kläger zu 38 %.
Der Kläger trägt ferner zu 38 % die jeweiligen außergerichtlichen Kosten der Beklagten. Im Übrigen findet kein Kostenausgleich statt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO abgesehen.
II. Die zulässige Berufung des Klägers ist im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Ersatz seines unfallbedingten Schadens aus § 7 Abs. 1 StVG, hinsichtlich des Beklagten zu 2) in Verbindung mit § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG.
1. Soweit der Kläger behauptet, Eigentümer des streitgegenständlichen Fahrzeugs zum Unfallzeitpunkt gewesen zu sein, streitet für ihn zumindest die durch den Beklagten zu 2) nicht erschütterte Vermutung des § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB, wenn nicht gar der Beweis als geführt gewertet wird.
Nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten und zweitinstanzlich wiederholten Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen Q. und D. in Verbindung mit der vom Sachverständigen E. im Rahmen seiner mündlichen Gutachten explizit bestätigten Schadenskompatibilität sowie nach dem Ergebnis der zweitinstanzlich wiederholten Anhörung des Klägers und des Beklagten zu 1) gemäß § 141 ZPO steht zur Überzeugung des Senats i.S.d. § 286 ZPO zunächst der vom Kläger behauptete und vom Beklagten zu 1) geschilderte Hergang des Unfalls, die Kollision der beiden streitgegenständlichen Fahrzeuge an der Unfallstelle, und damit der äußere Tatbestand der Rechtsgutverletzung fest. Beide Fahrzeuge waren von den Zeugen bestätigt und auch bei der polizeilichen Unfallaufnahme beschädigt an Ort und Stelle. Dies hat ebenfalls der zweitinstanzlich erstmals vernommene Zeuge W. bestätigt. Er ist als Schadensgutachter zur Unfallstelle gerufen worden und hat frische Spurzeichnungen an Felgen und Bordstein vorgefunden. Infolgedessen hegt der Senat keinerlei Zweifel daran, dass der Kläger den streitgegenständlichen PKW DB am Unfallort in der Nähe seiner Betriebsstätte geparkt hatte. Damit aber hatte er im Zeitpunkt der Rechtsgutverletzung unmittelbaren Besitz (§ 854 Abs. 1 BGB) am durch ihn geparkten Fahrzeug. Sein Gewahrsam war lediglich gelockert. Infolgedessen greift zu Gunsten des Klägers jedenfalls die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB. Die ihm infolgedessen obliegende sekundäre Darlegungslast mit Blick auf die Erlangung des Eigenbesitzes hat der Kläger erfüllt, auch wenn - wie dem Beklagten zu 2) zuzugestehen ist - die Erwerbsgeschichte nicht durchweg glaubhaft ist. So will der Kläger, der im Autohandel versiert ist, den PKW von der Ehefrau eines anderen Autohändlers privat gegen Barzahlung von 50.300 EUR erworben haben, obwohl der Wiederbeschaffungswert aus Sachverständigensicht jedenfalls deutlich darunter lag. Dieser Umstand betrifft allerdings lediglich das schuldrechtliche Erwerbsgeschäft und hindert auf dinglicher Ebene nicht, dass dem Kläger das Eigentum am Fahrzeug verschafft wurde. Dem Kläger wurde seinem Vortrag nach das zuvor auf die im Kaufvertrag angegebene Verkäuferin zugelassene Fahrzeug gemäß § 929 BGB durch Einigung und Übergabe samt Schlüsseln und Fahrzeugpapieren verschafft. Der Erwerb von Eigenbesitz ist damit schlüssig dargetan. Legt man ferner zugrunde, dass das Fahrzeug klägerseits erst im August 2018 wieder abgemeldet wurde, besteht kein vernünftiger Zweifel daran, dass der Kläger trotz der nicht durchweg glaubhaften Erwerbsgeschichte das Eigentum auch tatsächlich erworben hat.
2. Da sich der Unfall bei Betrieb des von dem Beklagten zu 1) gesteuerten und bei dem Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Kraftfahrzeugs ereignete, ist die Haftung nach § 7 StVG (i.V.m. § 115 VVG) unzweifelhaft eröf...