Verfahrensgang

LG Hagen (Urteil vom 06.10.1993; Aktenzeichen 8 O 505/93)

 

Tenor

Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das am 6. Oktober 1993 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Hagen wird zurückgewiesen.

Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten der Berufung.

 

Gründe

Zur Sachverhaltsdarstellung wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 543 ZPO).

Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung des Amtsgerichts Hagen bestätigt. Dagegen richtet sich die Berufung der Verfügungsbeklagten.

Sie ist der Auffassung, der Verfügungskläger könne weder aus abgetretenem noch aus eigenem Recht die Übertragung der streitigen Grundstücke verlangen. So stehe dem eingetragenen Eigentümer ein Anspruch auf Rückübertragung, unabhängig davon, daß das Vorkaufsrecht wirksam ausgeübt worden sei, schon deshalb nicht mehr zu, weil die Verkäuferinnen den Kaufpreis entgegengenommen, die Grundstücke an die Verfügungsbeklagte aufgelassen und somit auf jegliche Rückforderung verzichtet hätten. Ein eigener Anspruch des Verfügungsklägers scheide deshalb aus, weil ein Rechtsverhältnis zwischen dem Käufer und dem Drittkäufer im Falle der Ausübung eines Vorkaufsrechts nicht bestehe.

Im übrigen sei das Amtsgericht mit der Anordnung des Verfügungsverbotes über den Antrag des Verfügungsklägers hinausgegangen, der lediglich die Eintragung einer Auflassungsvormerkung beantragt habe. Auch diese hätte die Ansprüche des Verfügungsklägers ausreichend gesichert.

Die Berufung ist unbegründet.

Es kann dahingestellt bleiben, ob dem Kläger aus abgetretenem Recht des Eigentümers Ansprüche zustehen, da solche Ansprüche möglicherweise nur von sämtlichen Verkäufern hätten abgetreten werden können, jedenfalls kann der Kläger gem. § 940 ZPO zur Sicherung seiner Rechtsposition gegenüber der Verfügungsbeklagten die Eintragung eines Verfügungsverbotes verlangen, damit er vor der Vereitelung seiner Ansprüche aus dem Kaufvertrag vom 25.08.1992 geschützt ist, solange die Wirksamkeit des durch Ausübung des Vorkaufsrechts zwischen den Verkäufern und der Verfügungsbeklagten zustande gekommenen Kaufvertrages noch nicht gegeben ist.

Widerspruch und Klage haben gem. § 80 VWGO aufschiebende Wirkung. Das bedeutet, daß die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts durch die Verfügungsbeklagte ihre privatrechtsgestaltende Wirkung noch nicht entfaltet hat und daher ein neuer selbständiger Kaufvertrag zwischen den Verkäufern und der Verfügungsbeklagten noch nicht zustandegekommen ist. Diese Rechtswirkung tritt erst ein, wenn die Ausübungserklärung als Verwaltungsakt Bestandskraft erlangt hat (BGH NJW 1989, 37, 38 m.w.N.; VGH Kassel, NJW 1989, 1626, 1627).

Die Ausübung des Vorkaufsrechts stellt sich auch gegenüber dem Käufer als ein belastender Verwaltungsakt dar, und deshalb kann sich dieser mit Widerspruch und Anfechtungsklage wehren, denn dem Käufer wird durch die Ausübung des Vorkaufsrechts ein vertragliches Recht auf Eigentumsverschaffung entzogen. Diesen Eigentumsverschaffungsanspruch hält auch das Baugesetzbuch als Rechtsposition für schützenswert, denn die Gemeinde darf das Grundbuchamt erst ersuchen, eine zur Sicherung des Übereignungsanspruchs des Käufers im Grundbuch eingetragene Vormerkung zu löschen, wenn die Ausübung des Vorkaufsrechts für den Käufer unanfechtbar ist (§ 28 Abs. 2 BauGB). Der Rechtsstellung des Drittkäufers im verwaltungsrechtlichen Verfahren wird deshalb auch die von der Rechtsprechung vertretene Auffassung gerecht, daß sich das Verfahren um die Rechtmäßigkeit der Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts, das durch den ursprünglichen Käufer begonnen worden ist, sich weder durch die Übereignung des streitgegenständlichen Grundstücks an die Gemeinde, noch durch die Weiterveräußerung dieses Grundstücks an einen weiteren Käufer erledigt (VGH Kassel NJW 1989, 1626, 1627). Mit der Entscheidung über den Verwaltungsakt wird auch im Verhältnis zwischen der Gemeinde, dem durch die Ausübung des Vorkaufsrechts Verpflichteten und dem Dritten über die Frage entschieden, ob die Gemeinde in den zivilrechtlichen Vertrag eintritt oder dieser die Grundlage für die Eigentumsübertragung an den Käufer bleibt.

Wenn die Rechtsposition, die der Drittkäufer aufgrund des privatrechtlichen Kaufvertrages, in den die Gemeinde durch die Ausübung des Vorkaufsrechts eintritt, eine Ausformung erhalten hat, die im öffentlichen Recht dadurch gekennzeichnet ist, daß er eine Anfechtungsmöglichkeit erhält, dann kann nicht davon ausgegangen werden, daß ein Rechtsverhältnis zwischen ihm und dem Vorkaufsberechtigten, das Grundlage einer Sicherungsverfügung im Sinne des § 940 ZPO sein kann, nicht bestehe. Wird durch einen Verwaltungsakt in eine Rechtsposition des Käufers derart eingegriffen, daß ihm eine Möglichkeit gegeben wird, diesen Eingriff abzuwehren, dann muß er auch die Möglichkeit haben, sich durch eine Regelungsverfügung im Sinne des § 940 ZPO vor der Vereitelung der Durchsetzung seines Eigentumsverschaffungsanspruches zu schützen, der ihm zur Zeit aufgrund des wirksa...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge