Verfahrensgang

LG Essen (Urteil vom 13.06.1985; Aktenzeichen 6 O 277/82)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 09.04.1998; Aktenzeichen 1 BvR 416/87)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 13. Juni 1985 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.

Die Beklagte tragt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 DM, die auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank erbracht werden kann, abwenden, sondern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Dieses Urteil beschwert die Beklagte in Höhe von 150.000,00 DM.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Übertragung des Erbbaurechts an der Doppelhaushälfte der Beklagten im … in … (Erbbaugrundbuch von … Bl. …, Gemarkung …, Flur 124, Flurstück 265). Er ist als Vermessungsfahrsteiger bei der Beklagten angestellt und bewohnt seit Februar 1956 als Erstmieter die Doppelhaushälfte als Werkswohnung, nachdem zwischen den Parteien ein Mietvertrag abgeschlossen worden war. Gegenstand des Mietvertrages war auch die Überlassung von Gartenland, das größenmäßig nicht festgelegt war. Seit dem Erstbezug nutzte der Kläger die von ihm begehrte Teilfläche als Gartenland. Das Grundstück war – mit Ausnahme der gemeinsamen Grenze zum Nachbarn der anderen Doppelhaushälfte (Nr. …) – eingezäunt.

In dem vorliegenden Verfahren hatte der Kläger im Wege der Stufenklage zunächst Auskunft über die Herstellungskosten für diese Doppelhaushälfte klageweise geltend gemacht. Diese Klage hatte Erfolg. Zugrunde lag folgender Sachverhalt: Die vom Kläger bewohnte Doppelhaushälfte … wurde neben 31 anderen Wohnhäusern in den Jahren 1955 und 1956 von der Gewerkschaft „…”, einer Tochtergesellschaft der Beklagten, im Rahmen der öffentlichen Förderung des Bergarbeiterwohnungsbaues auf dem Grundbesitz der Beklagten in dem Baugebiet „…” errichtet. Zum Bau der Siedlung wurden der Gewerkschaft … mit Bescheid des Ministers für Wiederaufbau des Landes Nordrhein-Westfalen vom 6. August 1955 Bergarbeiterwohnungsbaumittel aus der Kohleabgabe bewilligt. Der Bewilligungsbescheid enthält unter anderem folgende Auflage:

„Die Wohnungen sind gemäß § 2 Abs. 3 auf Antrag wohnungsberechtigten Bewerbern (§ 4) zu eigentum zu übertragen.”

Die Beklagte hatte als Grundstückseigentümerin der Gewerkschaft … zur Durchführung der Bebauung ein Erbbaurecht an der Gesamtfläche bestellt. Dieses Grundstück ist nicht parzelliert und mit Einzelerbbaurechten belastet worden. Später, im August 1965, ging die Gewerkschaft … im Wege der Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz auf die Beklagte über, wobei das Erbbaurecht bestehen blieb.

Der Senat hat auf die Berufung des Klägers die Beklagte zur Auskunftserteilung verurteilt und dies damit begründet, daß die Beklagte verpflichtet gewesen sei, aufgrund der ihr bei der Bewilligung der Förderungsmittel erteilten Auflage dem Kläger die Überlassung des Erbbaurechts an dem ihm zugewiesenen Wohnhaus anzubieten. Eine Verwirkung der klägerischen Ansprüche sei schon deshalb nicht eingetreten, da wegen der Anbietungspflicht die Initiative bei der Beklagten gelegen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Senats vom 20.06.1983 (Bl. 144–150) Bezug genommen. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof durch Beschluß vom 20.06.1984 nicht angenommen (V ZR 195/83).

Die Beklagte beabsichtigt nunmehr, eine bestimmte Grundfläche des Wohnbaugebietes … für sich in Anspruch zu nehmen, um dort eventuell weitere Wohnhäuser zu errichten (vgl. blau umrandete Fläche in der Planungsskizze – Bl. 292). Inzwischen verläuft über das vom Kläger angemietete Grundstück unmittelbar hinter der Doppelhaushälfte eine Ferngasleitung; aus diesem Grunde ist dort ein Schutzstreifen von 8 Meter Breite angelegt, der nicht bebaut werden darf.

Die Beklagte hat die Herstellungskosten mit 42.746,00 DM zuzüglich 4.200,87 DM Erschließungskosten beziffert; einschließlich eines Gewinns von 5 % ergibt sich danach ein Betrag von 49.294,21 DM. Der Kläger, der die Auskunft für unrichtig gehalten hat, da seiner Ansicht nach der Herstellungspreis 38.893,00 DM betrage, hat die Ansicht vertreten, einen Anspruch auf Übertragung des Erbbaurechts an der von ihm ständig genutzten Grundfläche von ca. 4,65 m² zum Preise von 40.838,00 DM zu haben.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihm einen Kaufvertrag folgenden Inhalts anzutragen:

  1. Die Beklagte verkauft und überträgt an den Kläger das Erbbaurecht an der noch nicht vermessenen Teilfläche … in einer Größe von ca. 465 m² aus dem im Erbbaugrundbuch von …, Bl. … unter lfd. Nr. 1 des Bestandsverzeichnisses eingetragenen Grundstück Gemarkung …, Flur 124, Flurstück 265, Hof- und Gebäudefläche … und wie sie in dem beigefügten Lageplan durch die Eckpunkte A, B und C gekennzeichnet ist. Die Teilfläche wird übertragen, so wie sie heute in der Örtlichkeit liegt.
  2. Der Kaufpreis beläuft si...

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