Leitsatz (amtlich)
Das erhebliche Verschulden eines mit 2,49 Promille alkoholisierten Fußgängers, der bei dem Versuch, sich seitlich an einem auf einem Kundenparkplatz langsam vorwärts fahrenden Lastzug abzustützen, zwischen die Hinterachsen des Sattelaufliegers gerät, rechtfertigt im Rahmen der vorzunehmenden Haftungsabwägung das Zurücktreten der allein einzustellenden Betriebsgefahr und führt zur Verneinung jeglicher Haftung.
Die im Unfallzeitpunkt gemessene Blutalkoholkonzentration von 2,49 Promille begründet die alkoholbedingte Verkehrsuntüchtigkeit eines Fußgängers, wenn dieser zuvor durch eine Verhaltensweise (Torkeln, starkes Schwanken) aufgefallen ist, die typisch für einen unter Alkoholeinfluss stehenden Fußgänger ist..
Normenkette
StVG §§ 7, 9, 18; StVO § 1 Abs. 2; BGB § 254
Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 09.01.2014; Aktenzeichen 4 O 40/12) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 9.1.2014 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Essen (4 O 40/12) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen die Beklagten Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche geltend und begehrt Feststellung eines materiellen und immateriellen Vorbehalts aus einem Verkehrsunfall vom 11.4.2008 gegen 12:24h auf dem Parkplatz des Lidl-Supermarktes auf der L-Straße in F. Der im Unfallzeitpunkt mit 2,49 Promille alkoholisierte Kläger geriet als Fußgänger zwischen die Achsen des Sattelaufliegers des von dem Beklagten zu 1) gesteuerten und bei der Beklagten zu 2) krafthaftpflichtversicherten Lastzuges. Der Kläger erlitt schwerste Verletzungen. In Bezug auf mögliche Ersatzansprüche des Klägers verzichteten die Beklagten bis zum 31.1.2012 auf die Einrede der Verjährung. Mit Schriftsatz von diesem Tag, der den Eingangsstempel des LG vom 1.2.2012 trägt, beantragte der Kläger für die von ihm geltend gemachten Ansprüche Prozesskostenhilfe. Das LG hat dem Kläger unter Hinweis auf den von den Beklagten erhobenen Verjährungseinwand zunächst Prozesskostenhilfe verweigert. Auf die sofortige Beschwerde hat der Senat diesen Beschluss aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung dem LG übertragen. Dieses hat dem Kläger mit nicht förmlich zugestelltem Beschluss vom 12.4.2013 teilweise Prozesskostenhilfe bewilligt. Mit Schriftsatz vom 10.6.2013 hat der Kläger beantragt, die Klage im Umfang der Bewilligung der Prozesskostenhilfe zuzustellen, was am 19.6.2013 geschehen ist. Die Beklagten haben die Einrede der Verjährung aufrechterhalten und gemeint, mangels demnächstiger Zustellung der Klageschrift nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe sei die hemmende Wirkung des Prozesskostenhilfeantrags entfallen. Durch das angefochtene Urteil, auf das gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO verwiesen wird, soweit sich aus dem Folgenden nichts anderes ergibt, hat das LG nach der Vernehmung des Prozessbevollmächtigten des Klägers als Zeugen unter Zurückweisung des von dem Kläger gestellten Wiedereinsetzungsantrages die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, Ansprüche des Klägers seien verjährt. Die am 19.6.2013 erfolgte Zustellung der Klage wirke keinesfalls auf den Zeitpunkt der Beantragung der Prozesskostenhilfe zurück, so dass dahingestellt bleiben könne, ob der Schriftsatz vom 31.1.2012 noch an diesem Tag bei Gericht eingegangen sei. Der Kläger habe nicht den ihm obliegenden Beweis geführt, dass er den Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschluss vom 12.4.2013 erst nach dem 22.5.2013 erhalten habe. Nur in diesem Fall hätte die Zustellung am 19.6.2013 noch eine Rückbeziehung auf den Zeitpunkt der Stellung des Prozesskostenhilfegesuchs zugelassen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der dieser seine Schlussanträge erster Instanz nach Maßgabe der für das Berufungsverfahren bewilligten Prozesskostenhilfe nach erfolgter Wiedereinsetzung in die Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist weiterverfolgt.
Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern, und
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 4.500 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.6.2013 zu zahlen,
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld von 20.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.6.2013 zu zahlen,
3. ihn von außergerichtlichen Anwaltskosten seiner Prozessbevollmächtigten i.H.v. 1.307,81 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.6.2013 freizustellen,
4. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihm sämtliche zukünftigen materiellen und nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden aus dem Unfall vom 11.4.2008 unter Berücksichtigung eines Eigen- bz...