Leitsatz (amtlich)
Zur Bestimmung des Umfangs eines Nutzungsrechts nach dem Übertragungszweckgedanken. Zur Schadensersatzberechnung nach der sog. Lizenzanalogie und zur Ermittlung einer angemessenen Lizenzgebühr im Falle einer Folgelizensierung an Vertriebspartner des Auftraggebers sowie zur Ermittlung eines Aufschlages für einen unterlassenen Urhebervermerk.
Normenkette
UrhG §§ 13, 31 Abs. 5, §§ 43, 97 Abs. 2, § 97a Abs. 3 S. 1; ZPO § 3
Verfahrensgang
LG Bochum (Urteil vom 15.01.2015; Aktenzeichen 8 O 267/14) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers sowie der Beklagten und der Streithelferin wird das am 15.1.2015 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Bochum teilweise abgeändert und wie folgt insgesamt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 110,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.04.2012 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den Kosten der vorgerichtlichen Inanspruchnahme der Rechtsanwälte V, in Höhe von 1.099,00 Euro freizuhalten.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehenden Berufungen werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 89 % und die Beklagte 11 %. Die durch die Nebenintervention verursachten Kosten trägt der Kläger zu 89 %. Im Übrigen trägt die Streithelferin diese.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A. Der Kläger ist ein international erfolgreicher Fotograf, der sich im Bereich Mode spezialisiert hat. Er ist mit seiner Firma G Fotostudio GmbH, deren alleiniger Inhaber und Geschäftsführer er ist, für weltweit agierende Unternehmen tätig.
Die Nebenintervenientin, ein international tätiges Unternehmen, stellt Bade- und Strandbekleidung her. Sie beauftragte den Kläger zwischen 2006 und 2011 mehrmals mit der Erstellung von Modefotografien.
Der Kläger erstellte die insgesamt elf auf Bl. 3 d.A. abgebildeten und auf der als Anlage K2 zu den Akten gereichten CD-R wiedergegebenen Fotografien, und zwar für den Katalog "T Beachfashion 2012" der Nebenintervenientin. Im Impressum dieses Kataloges ist allein der Kläger als Fotograf angegeben.
Die Fotografien stammen aus einem Doppel-Shooting, das im Mai 2011 auf den Malediven und auf Mykonos stattfand. Insgesamt wurden bei diesem Shooting 6.030 Bilder erstellt und der Nebenintervenientin nach dem Shooting in elektronischer Form in hoher Auflösung zur Verwendung auch im Internet, und zwar ohne Sperrvermerk, ohne verfremdenden Schriftzug und ohne Kopierschutz zur Verfügung gestellt. Das Honorar des Klägers lag hierfür ohne Reisekosten bei insgesamt 37.022,00 EUR. Wegen der Einzelheiten wird auf die in Kopie als Anlagen N5 und N6 zu den Akten gereichten, an die Nebenintervenientin gerichteten Rechnungen 2011014 und 2011016 des Klägers Bezug genommen.
Im November 2011 kam es zwischen dem Kläger und der Nebenintervenientin zu Unstimmigkeiten über den Umfang der Verwertung dieser Fotografien durch die Nebenintervenientin, insbesondere durch die Weitergabe an Vertriebspartner. Die insoweit Ende 2011/Anfang 2012 geführten Vergleichsbemühungen scheiterten letztlich. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen K18, K19 (Bl. 305, 306. d.A.) und K21 bis K29 (Bl. 311 bis 326 d.A.) sowie die Anlage N12 Bezug genommen.
Die Beklagte betreibt die Internetseite *Internetadresse* zur Bewerbung ihres Wäsche- und Bademodengeschäftes in M. Sie nutzte die elf auf Bl. 3 d.A. wiedergegebenen Fotografien auf ihrer Internetseite (Anlagenkonvolut K4 - Bl. 20 ff. d.A.), und zwar in Form downloadbarer Bilder in Hochauflösung.
Die Klägerin mahnte die Beklagte deswegen mit anwaltlichem Schreiben vom 06.06.2014 ab (Anlage K9 - Bl. 46 ff. d.A.) und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, zur Auskunftserteilung und zur Zahlung von Schadens-/Wertersatzansprüchen sowie zur Freihaltung von anwaltlichen Kosten auf.
Die Beklagte gab daraufhin mit anwaltlichem Schreiben vom 16.06.2014 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Ferner erteilte sie dem Kläger die Auskunft, dass sie die Fotos seit dem 04.04.2012 bis Februar 2013 auf ihrer Internetseite genutzt habe (Anlage K10 - Bl. 55 ff. d.A.). Die Klägerin nahm diese Unterlassungserklärung mit E-Mail vom 17.06.2014 (Anlage K11 - Bl. 57 d.A.) an.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, ihm stehe ein Anspruch auf Zahlung einer fiktiven Lizenz in Höhe von 8.910,00 EUR bereicherungsrechtlich nach § 812 Abs. 1 S. 1 2. Alt. BGB bzw. hilfsweise als Schadensersatz gemäß § 97 Abs. 2 UrhG zu. Zudem könne er Freihaltung von vorgerichtlichen Abmahnkosten i.H.v. 1.752,90 EUR nach einem Gegenstandswert von 69.839,20 EUR verlangen.
Bei den in Rede stehenden Fotografien handele es sich um Werke i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG. An diesen habe er der Nebenintervenientin immer nur einfache Nutzungsreche zur eigenen Nutzung an den Fotografien eingeräumt, und zwar für den Druck von 3000 Hauskatalogen und Postern für Messeauftritte, die Nutzung auf der eigenen Homepage sowie die Pressearbeit. Unstreitig hatte die Mit...