Leitsatz (amtlich)
Zum Begriff der produktbezogenen Werbung für Arzneimittel i. S. d. § 10 Abs. 1 HWG.
Normenkette
HWG § 10 Abs. 1; Richtlinie 2001/83/EG Art. 86, 88-89; UKlaG § 2
Verfahrensgang
LG Dortmund (Aktenzeichen 25 O 301/18) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 04.12.2018 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund abgeändert:
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000,00 EUR, ersatzweise von Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten zu unterlassen, wie nachstehend abgebildet für verschreibungspflichtige Arzneimittel zu werben:
((Abbildung))
II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 267,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.09.2018 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A. Die Beklagte, die weder in Deutschland noch in den Niederlanden über eine Apothekenzulassung verfügt, betreibt in Buurse in den Niederlanden einen Supermarkt mit angeschlossenem Restaurant, Fischmarkt, Tankstelle und Drogerie. Die dort von ihr vertriebenen Arzneimittel unterliegen in den Niederlanden nicht der Rezeptpflicht.
Am 05.03.2018 erlangte der Kläger Kenntnis von der im Klagantrag zu 1. wiedergegebenen Werbung der Beklagten in der Zeitung "Wir in Ibbenbüren" vom 14.02.2018. Über den dort abgedruckten QR-Code konnte das Angebot der Beklagten im Internet aufgerufen werden. Hierzu zählte unter anderem das in Deutschland, jedoch nicht in den Niederlanden verschreibungspflichtige Schmerzmittel "Voltaren Emulgel" (Anl. 2 - Bl. 11, 13 der Akte). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Abbildung im Rahmen des Klageantrags zu 1. Bezug genommen.
Der Kläger mahnte die Beklagte deshalb mit Schriftsatz vom 09.03.2018 (Anl. 4 - Bl. 32 ff. der Akten) ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Dies lehnte die Beklagte ab.
Die Beklagte hatte bereits zuvor am 06.11.2017 gegenüber dem Kläger eine Unterlassungserklärung abgegeben, in der sie sich verpflichtet hatte, die Werbung für die rezeptpflichtigen Arzneimittel Voltaren Emugel, Leidapharm APC und Leidapharm Anti-Wurm gegenüber Verbrauchern zu unterlassen (Anl. 3 - Bl. 14, 30 der Akten).
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte habe mit ihrer Zeitungswerbung für Schmerzmittel, mit der sie den Verbraucher auch auf ihre Angebote verschreibungspflichtiger Arzneimittel leite, gegen § 10 Abs. 1 HWG verstoßen.
Die Werbung beziehe sich konkret auf Medikamente und sei damit produktbezogen. Hierfür komme es insbesondere nicht darauf an, dass der Verbraucher die verschreibungspflichtigen Medikamente erst auf der Internetseite finde. Der QR-Code mit der Überschrift "Direkt zu den Angeboten" leite konkret auf dieses Angebot weiter, selbst wenn der Verbraucher hierbei zunächst zur Eingangsseite des Internetauftritts der Beklagten unter www.medikamenten-zentrale.com geführt werde.
Zudem verstoße die Beklagte, die nicht als Apotheke zugelassen sei, mit ihrer Werbung gegen § 43 AMG. Sie bringe, und zwar bereits durch das Bewerben als erstem Schritt, verschreibungspflichtige Arzneimittel in den Verkehr. Es sei unerheblich, dass die Beklagte solche Arzneimittel in den Niederlanden ohne Apothekenzulassung verkaufen dürfe. Denn die Werbung sei in Deutschland erschienen und richte sich gezielt an deutsche Verbraucher, die der Gesetzgeber mit § 43 AMG durch die mit der Apothekenpflicht gewährleistete Beratung durch Apotheker schützen wolle.
Gerade in Fragen des Gesundheitsschutzes werde den einzelnen Mitgliedstaaten eine besonders weitgehende eigene Gestaltungsfreiheit eingeräumt. Dementsprechend gebe § 73 Abs. 1 S. 1 Z. 1 Buchst. a AMG das Schutzniveau vor, wobei die Erlaubnis des § 73 Abs. 1 S. 1 AMG allein Apotheken betreffe.
Der Kläger hat beantragt,
I. die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000,00 EUR, ersatzweise von Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten zu unterlassen, wie nachstehend abgebildet für verschreibungspflichtige Arzneimittel zu werben:
((Abbildung))
II. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 267,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, es liege keine verbotene Produktwerbung vor. Denn es werde weder ein Arzneimittel mit Namen genannt noch ein Wirkstoff erwähnt, der auf ein bestimmtes Produkt schließen lasse. Aus der Anzeige ergebe sich auch kein mittelbarer Produktbezug. In Deutschland verschreibungspflichtige Arzneimittel würden in der Anzeige nicht beworben.
Die beanstandete Werbung stelle eine zulässige Image- und Unternehmenswerbung dar. Sie, die Beklagte, bewerbe led...