Leitsatz (amtlich)
1. Zum Verstoß einer Werbung für Strophanthin-Präparate gegen § 10 HWG.
2. Das Laienwerbeverbot des § 10 HWG erstreckt sich nicht nur auf Fertigarzneimittel, sondern auch auf Defektur- und Rezepturarzneimittel.
3. Die Nutzung einer Internet-Domain "www.Strophanthin-Apotheke.de" für eine Internetseite, auf der bestimmte Strophanthin-Präparate beworben werden, stellt nicht eine bloße Unternehmenswerbung, sondern eine produktbezogene Werbung i. S. v. § 10 HWG dar.
Normenkette
HWG § 10; UWG §§ 3a, 8
Verfahrensgang
LG Ravensburg (Urteil vom 23.11.2017; Aktenzeichen 7 O 11/17 KfH) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 23.11.2017, Az. 7 O 11/17 KfH, wie folgt abgeändert:
1.1. Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen,
1.1.1. unter der Domain "S.th.-Apotheke.de" verschreibungspflichtige S.th.-Präparate anzubieten
und/oder
1.1.2. für den Absatz von S.th.-Präparaten zu werben, wenn dies geschieht, wie aus den beigefügten Screenshots der Anlagen 1 bis 5 (Anlagen K4 bis K8) aus dem Internetauftritt S.th.-Apotheke.de ersichtlich ist.
1.2 Dem Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eine der Unterlassungsverpflichtungen gem. Ziff. 1 Ordnungsgeld bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zur Höchstdauer von insgesamt zwei Jahren, angedroht;
1.3 Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.973,90 Euro zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.03.2017 zu zahlen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 1/8 und der Beklagte 7/8.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung des Vollstreckungsgläubigers durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Streitwert: 100.000 EUR
Gründe
I. Beide Parteien betreiben in A. eine Apotheke, die Klägerin die Apotheke A., der Beklagte die C.-Apotheke. Im Internet ist der Beklagte unter der Domain www.S.th.-Apotheke.de präsent.
S.th.-Präparate gibt es seit 2012 nicht mehr als Fertigarzneimittel, sondern als sog. Defekturarzneimittel, die in Apotheken selbst hergestellt werden. Solche Produkte mit S.th. stellen ein besonderes Angebot des Beklagten dar. Auf seiner Homepage sind mehrere rezeptpflichtige S.th.-Produkte mit weiterführenden Informationen zum Inhalt der Produkte, zu den erforderlichen Rezepten und zur Kostenübernahme durch die Krankenkassen aufgeführt.
Mit Anwaltsschreiben vom 01.02.2017 mahnte die Klägerin den Beklagten unter Bezugnahme auf die als Anlagen 1 bis 5 beigefügten Auszüge aus dem Internetauftritt des Beklagten ab und forderte ihn erfolglos auf, eine Unterlassungserklärung abzugeben.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Gestaltung des Internetauftritts des Beklagten gegen das Verbot der Werbung für rezeptpflichtige Arzneimittel in § 10 Abs. 1 HWG verstoße, weil die Webseite mehr als nur die sachliche Information enthalte, dass in der Apotheke des Beklagten S.th.-Präparate erhältlich seien. Auch die Domain "S.th.-Apotheke.de" verstoße als solche gegen § 10 HWG, weil bereits in der Domain ein werbender Hinweis auf die Produkte liege, die in der Apotheke des Beklagten erworben werden können.
Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen,
1.1. unter der Domain "S.t.-Apotheke.de" S.t.-Präparate anzubieten
und/oder
1.2. für den Absatz von S.t.-Präparaten zu werben, wenn dies geschieht, wie aus den beigefügten Screenshots der Anlagen 1 bis 5 aus dem Internetauftritt S.t.-Apotheke.de ersichtlich ist;
2. dem Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eine der Unterlassungsverpflichtungen gem. Ziff. 1 Ordnungsgeld bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, anzudrohen;
3. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1.973,90 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet:
Der Beklagte habe auf seiner Webseite konkret auch auf homöopathische Arzneimittel hingewiesen, die von der Verschreibungspflicht ausgenommen seien.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf die Schriftsätze und auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts Bezug genommen.
2. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Zwar bestehe ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien, weil die Klägerin vergleichbare Präparate herstellen und verkaufen könne.
Der beanstandete Inhalt des Internetauftritts des Beklagten sei aber im Wesentlichen keine Werbung, sondern lediglich eine Information für denjenigen, der die Webseite des Beklagten bewusst aufsuche. Der ...