Verfahrensgang

LG Essen (Aktenzeichen 42 O 22/19)

 

Tenor

Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 05.06.2019 abgeändert.

Die einstweilige Verfügung vom 05.04.2020 wird aufgehoben.

Der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zu 2) wird zurückgewiesen. Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

1. Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gern. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1, 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO abgesehen.

11. Die zulässige Berufung der Verfügungsbeklagten ist begründet. Das angefochtene Ur teil ist gern. §§ 528, 538 Abs. 1 ZPO dahingehend abzuändern, dass der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen ist.

1. Die Begründetheit des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung setzt das Be stehen eines streitigen Rechtsverhältnisses (Verfügungsanspruch) und die Notwen digkeit einer Sicherung oder Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile (Verfü gungsgrund) voraus. Abweichend von der Auffassung des Landgerichts besteht schon kein Verfügungsanspruch im Verhältnis zur Verfügungsbeklagten. Darüber hinaus fehlt es auch an einem Verfügungsgrund.

a) Die Verfügungsklägerin kann ihr Rechtsschutzziel durch Erlass einer Verbotsverfü gung gegen die Verfügungsbeklagte nicht erreichen, da diese insoweit nicht passivle gitimiert ist. Ferner hat das Landgericht bei der Entscheidung über den Antrag auf Er lass einer einstweiligen Verfügung Bedeutung und Regelungsgehalt der §§ 16, 40 GmbHG im Streit über die Gesellschafterstellung nicht ausreichend beachtet. Die Wir kung des § 16 Abs. 1 GmbHG schließt es aus, eine einstweilige Verfügung des Inhalts

zu erlassen, dass es der als Gesellschafterin im Handelsregister eingetragenen Ver fügungsbeklagten untersagt wird, ihre Gesellschafterstellung aus dem Geschäftsan teil, den die Verfügungsklägerin für sich beansprucht, einstweilen auszuüben.

aa) § 935 ZPO setzt .als sicherbaren Anspruch einen Klageanspruch (Leistungsklage, Ge staltungsklage oder Feststellungsklage) voraus, dessen Rechtsverwirklichung und - durchsetzung gesichert werden sollen (Drescher in: Münchener Kommentar zur ZPO,

5. Aufl., § 935, Rdnr. 6). Der Begriff des streitigen Rechtsverhältnisses in § 940 ZPO entspricht demjenigen des § 256 ZPO zur F ststellungsklage. Auch insoweit kann die zu sichernde prozessuale Rechtsstellung sowohl aus einem Anspruch auf Leistung oder auf Gestaltung folgen, als auch auf einer im Wege einer Feststellungsklage fest zustellenden Rechtsbeziehung beruhen (Drescher in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl., § 940, Rdnr. 5, 8).

bb) Vorliegend beantragt die Verfügungsklägerin, der Verfügungsbeklagten jede Aus übung von.Gesellschaftsrechten aus dem ihr selbst zustehenden Geschäftsanteil von 49 % an der A GmbH (vormalige Verfügungsbeklagte zu 2) bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache in dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Essen (Az. 3 0 43/19) zu verbieten. In jenem Verfahren hat sie mit Schrift satz vom 04.04.2019 im Wege der Klageerweiterung beantragt, die A GmbH zu verpflichten, eine korrigierte Gesellschafterliste zum Handelsregister einzureichen, in der sie selbst als Gesellschafterin der Gesellschaft verzeichnet ist. Aus dem Vorbringen in der Antragsschrift vom 04.04.2019 und der vorangegangenen Klageerweiterung vom 02.04.2019 in dem Verfahren 3 0 43/19 Landgericht Essen ergibt sich, dass es der Verfügungsklägerin nicht um die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Treuhandvertrag vom 22.04.2009 geht, deren Vertragspartner die Ver fügungsbeklagte ist. Die Klägerin behauptet vielmehr, sie sei Gesellschafterin der A GmbH und werde von der Verfügungsbeklagten, die aus ihrer Sicht Mitgesellschafterin ist, an der Ausübung ihrer Gesellschafterrechte aus § 8 des Gesellschaftsvertrages vom 22.04.2009 bzw.§§ 45 ff. GmbHG gehindert.

cc) Nach§ 16 Abs. 1 GmbHG gilt im Verhältnis zur Gesellschaft im Fall einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung als Inhaber eines Geschäftsanteils nur, wer als solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste (§ 40 GmbHG) e ngetragen ist. Greift die Vermutung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG, stehen dem betreffenden Gesellschafter sämtliche Mitgliedschafts rechte zu, umgekehrt entfaltet§ 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG eine negative Legitimati onswirkung zulasten eines nicht in die Gesellschafterliste eingetragenen vermeintli chen Gesellschafters (BGH, Urteil vom 02.07.2019 - II ZR 406/17, NJW 2019, 3155, Rdnr. 35). Aktuell ist allein die Verfügungsbeklagte als Gesellschafterin eingetragen,

vgl. Anl. K23, K24, was dazu führt, dass die Verfügungsklägerin im Verhältnis zur Ge sellschaft nicht als Gesellschafterin gilt. Die Führung und Einreichung der Gesellschaf terliste (§ 40 GmbHG) obliegt dem Geschäftsführer, wobei die Einreichungspflicht ge genüber der GmbH besteht, nicht gegenüber dem einzelnen Gesellschafter (Servatius in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Aufl., § 40, Rdnr. 1...

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