Verfahrensgang
LG Münster (Urteil vom 08.07.1997; Aktenzeichen 11 O 534/96) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 08. Juli 1997 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer des Klägers beträgt 22.522,28 DM.
Tatbestand
Von der Darstellung des
Tatbestandes
wird nach § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
I. Der Kläger kann von den Beklagten keinen Schadensersatz gemäß den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung beanspruchen. Der Beklagte zu 3), der für die beauftragte Anwaltssozietät die Interessenvertretung des Klägers wahrgenommen hat, hat zwar schuldhaft eine ihm obliegende Verpflichtung aus dem mit dem Kläger abgeschlossenen Anwaltsvertrag verletzt. Diese Pflichtverletzung hat aber keinen Schaden des Klägers verursacht. Darüber hinaus wäre ein etwaiger Schadensersatzanspruch auch gemäß § 51 b 1. Alt. BRAO verjährt.
1. Dem Beklagten zu 3) ist anzulasten, daß er die Berufung in dem Rechtsstreit 28 C 404/93 Amtsgericht Münster = 8 S 378/93 Landgericht Münster verspätet begründet hat.
a. Der Rechtsanwalt ist seinem Auftraggeber grundsätzlich zu einer umfassenden und erschöpfenden Interessenwahrnehmung verpflichtet. Er muß den Auftraggeber vor Nachteilen bewahren, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind. Dazu hat der Anwalt seinem Mandanten den sichersten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant eine sachgerechte Entscheidung treffen kann; Zweifel und Bedenken, zu denen die Sachlage Anlaß gibt, muß der Anwalt darlegen und mit seinem Auftraggeber erörtern (BGH, NJW 1995, 449 ff.; NJW 1993, (1320); NJW 1994, 1211 (1212)). Aus diesen allgemeinen Grundsätzen folgt ohne weiteres die Verpflichtung des Rechtsanwaltes, darauf zu achten, ob dem Mandanten wegen eines materiellrechtlichen oder prozessualen Fristablaufs ein Rechtsverlust droht, und dem durch geeignete Maßnahmen entgegenzuwirken (vgl. BGH in NJW 1993, 1779 ff.; NJW 1992, 820; NJW 1988, 1079 (1081)).
b. Diese Grundsätze hat der Beklagte zu 3) nicht beachtet. Das Landgericht Münster hat in dem Beschluß vom 30. Dezember 1993 den Streit über die Zustimmung zur Untervermietung zu Recht als einen Streit über die Benutzung der Wohnung im Sinne des damals noch geltenden § 200 Abs. 1 Nr. 4 GVG angesehen. Zumindest dadurch, daß der Kläger entgegen der verweigerten Zustimmung die Untervermietung vorgenommen, sowie die entsprechenden Räume den Untermietern überlassen, und die Wohnbau GmbH dies zum Anlaß einer fristlosen Kündigung des gesamten Mietverhältnisses genommen hatte, lag ein Streit über die vertragsgemäße Benutzung von Wohnraum vor, dessen Entscheidung gemäß § 200 Abs. 1 Nr. 4 GVG eilbedürftig war. Ob auf die Unterlassung eines vertragswidrigen oder auf die Zustimmung zu einem dann vertragsgemäßen, tatsächlichen Gebrauch geklagt wird, bedeutet keinen Unterschied (vgl. LG Berlin MDR 1988, 591). Damit trat aber für die Berufungsbegründungsfrist des § 519 Abs. 2 ZPO die Fristhemmung gemäß § 233 Abs. 1 ZPO nicht ein. Angesichts der am 19. August 1993 eingelegten Berufung, mußte die Begründung bis zum Ablauf des 20. September 1993 (Montag) erfolgen. Somit war die am 13. Oktober 1993 eingegangene Begründung verspätet.
c. Selbst wenn eine andere Rechtsauffassung zugrundezulegen gewesen wäre, lag die Entscheidung des Landgericht Münster aber nicht so außerhalb einer gesicherten Rechtsprechung, daß der Beklagte zu 3) mit einer solchen Entscheidung auf keinen Fall zu rechnen hatte. Daß sich zu dieser konkreten oder einer vergleichbaren Rechtsfrage eine von der Entscheidung des Landgerichts Münster abweichende, völlig gefestigte und im wesentlichen unangefochtene Auffassung in Rechtsprechung und Literatur gebildet und durchgesetzt hatte, behaupten die Beklagten selbst nicht. Im Gegenteil steht die Entscheidung des Landgerichts Münster in Einklang mit der schon 1988 veröffentlichten Entscheidung des Landgerichts Berlin. Bei einer solchen Sachlage durfte der Beklagte zu 3) aber nicht ausschließen, daß das Landgericht eine den Interessen des Klägers schädliche, abweichende Rechtsansicht vertreten und das Vorliegen einer gesetzlichen Feriensache annehmen würde. Aus diesem Grunde war er verpflichtet, den sichersten Weg zu wählen und die Berufung innerhalb der Monatsfrist des § 519 Abs. 2 ZPO zu begründen.
2. Die Pflichtverletzung des Beklagten zu 3) erfolgte auch schuldhaft. Aus welchen tatsächlichen Gründen er mit einer solchen Entscheidung des Landgerichts nicht zu rechnen hatte, haben die für ein fehlendes Verschulden gemäß § 282 BGB beweis- und damit auch darlegungspflichtigen Beklagten nicht belegt.
Auf einen Rechtsirrtum des Beklagten zu 3) können sich die Beklagten aber nicht berufen. Da dem Rechtsanwalt gemäß § 3 BRAO die fachgerechte Beratung in allen Rechtsangelegenheiten obliegt, hat er in der Regel jeden Rech...