Verfahrensgang
LG Dortmund (Aktenzeichen 12 O 359/20) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 23.02.2021 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund (Az. 12 O 359/20) abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin über den im angefochtenen Urteil hinausgehenden Betrag weitere 1.455,24 EUR (damit insgesamt einen Betrag in Höhe von 5.017,26 EUR) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.04.2020 zu zahlen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 36 % und die Beklagte zu 64 %; die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 66 % und die Beklagte zu 34 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.223,34 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung rückständiger Miete für den Monat April 2020 in Anspruch.
Die Parteien schlossen am 19./21.07.2005 einen Mietvertrag über Gewerberäume in dem Objekt A in B. Ausweislich des Mietvertrages erfolgte die Vermietung zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäftes für Textilien aller Art sowie aller Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs. Die Miete beträgt 7.785,36 EUR monatlich und ist bis zum fünften des jeweiligen Monats im Voraus zu zahlen.
Im Zuge der Corona- Pandemie ordnete die Stadt B - in Fortschreibung der Erlasse vom 15. und 17.03.2020 des Landes NRW zu weiteren kontaktreduzierenden Maßnahmen - mit einer am 17.03.2020 erlassenen Allgemeinverfügung die Schließung grundsätzlich sämtlicher Verkaufsstätten des Einzelhandels in der Zeit vom 18.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 an. Demzufolge musste auch die streitgegenständliche Filiale der Beklagten in dem genannten Zeitraum geschlossen werden.
Nach entsprechender Ankündigung mit Schreiben vom 24.03.2020 zahlte die Beklagte die Miete für den Monat April 2020 nicht und rechnete gegen die Mietzahlungspflicht für die Zeit vom 20.04.2020 bis 30.04.2020 mit der aus ihrer Sicht überzahlten Miete für die Zeit vom 18.03.2020 bis 31.03.2020 auf. Die folgenden Mietzahlungen erbrachte die Beklagte vollständig.
Die Klägerin hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, dass die Beklagte auch für den Zeitraum der zwangsweisen Schließung ihres Einzelhandelsgeschäfts zur vollständigen Entrichtung der Miete verpflichtet sei.
Weder liege ein Mangel der Mietsache vor noch sei der Beklagten als Voraussetzung von § 313 Abs. 1 BGB das Festhalten am Vertrag unzumutbar. Die Beklagte habe eine Existenzgefährdung oder eine vergleichbare, zur Unzumutbarkeit führende wirtschaftliche Beeinträchtigung weder substantiiert dargelegt noch bewiesen. Insbesondere sei ihr Vortrag, sie habe keine staatlichen Hilfen erhalten, nicht überzeugend.
Sie hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 7.785,36 EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basis seit dem 06.04.2020 zu zahlen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass sie für die Zeit der Filialschließung nicht verpflichtet sei die Miete für das streitgegenständliche Objekt zu leisten.
Die Mietzahlungspflicht sei gemäß § 536 Abs. 1 S. 1 BGB entfallen, weil in der staatlichen Schließungsanordnung ein Mietmangel im Sinne dieser Vorschrift zu sehen sei.
Jedenfalls sei von einer vorübergehenden Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung im Sinne von § 326 Abs. 1 BGB auszugehen.
Zudem liege es - unter Heranziehung von § 134 BGB als Auslegungsregel - gedanklich nahe, dass die wechselseitigen Hauptpflichten bei Fortbestand des Mietvertrages temporär "suspendiert" gewesen seien.
Letztlich sei zumindest der Mietvertrag auf Grundlage der Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) anzupassen. Unter Anwendung dieser Grundsätze halte sie eine hälftige Risikoteilung für sachgerecht. Sie behauptet hierzu, dass sie im März 2020 im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang des Nettoumsatzes von 50,8 % und im April 2020 von 54,5 % habe verzeichnen müssen. Der erhebliche Umsatzausfall und die damit verbundene Liquiditätslücke hätten nicht durch verstärkten Online- Handel kompensiert werden können. Sie habe auch versucht ihren Umsatzrückgang durch die Nutzung von Kurzarbeit, Steuererleichterungen oder der Inanspruchnahme staatlicher Finanzierungsunterstützung zu kompensieren. Eine staatliche Finanzierungsunterstützung habe allerdings nicht erreicht werden können.
Das Landgericht hat die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 3.562,02 EUR nebst Zinsen verurteilt und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe teilweise erfolgreich einen Anspruch auf Vertragsanpassung für die Zeit vom 01.04.2020 bis 19.04.2020 gemäß § 313 Abs. 1 BGB einredeweise gegen die Klageforderung geltend gemacht. Die Voraussetzungen des § 313 Abs. 1 BGB lägen vor. Die gemeinsame Geschäftsgrundlage sei in der Zeit der zwangsweisen Schließung der Ges...