Verfahrensgang
LG Essen (Entscheidung vom 19.03.1998; Aktenzeichen 4 O 392/95) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das am 19. März 1998 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Essen abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld von 80.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 14. August 1993 zu zahlen.
Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 21.313,10 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 19. August 1995 zu zahlen.
Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 10. August 1992 in der Türkei zu ersetzen, den materiellen Zukunftsschaden nur insoweit, als Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
Die weitere Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des 1. Rechtszuges tragen der Beklagte 80 % und die Klägerin 20 %.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Beklagte 2/3 und die Klägerin 1/3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des jeweils anderen Teils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, sofern nicht der andere Teil zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beiden Parteien bleibt nachgelassen, Sicherheit auch durch unbedingte, unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank zu leisten.
Das Urteil beschwert den Beklagten in Höhe von 151.313,10 DM und die Klägerin um 39.194,11 DM.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt Schmerzensgeld, Verdienstausfall und Feststellung der Ersatzpflicht aus einem Verkehrsunfall, der sich am 10.08.1992 in Z1 in der Türkei ereignet hat.
Im August 1992 verbrachten die zur damaligen Zeit noch miteinander befreundeten Parteien ihren Urlaub in B in der Türkei. Am 10.08.1992 unternahmen sie mit einem vom Beklagten von einem türkischen Freund ausgeliehenen Motorrad eine gemeinsame Fahrt, wobei der Beklagte fuhr und die Klägerin auf dem Beifahrersitz saß. Gegen 13.30 Uhr wollte der Beklagte im Dorf Z1 die bevorrechtigte I-Straße überqueren, um weiter in Richtung Strand zu fahren. Hierbei kam es zum Zusammenstoß mit dem sich auf der I2 - aus Sicht des Beklagten gesehen von rechts nähernden türkischen Taxi, das von Z gelenkt wurde.
Die Klägerin, die von dem Taxi am rechten Unterschenkel getroffen wurde, hat hierbei schwere Verletzungen erlitten, die am 14.08.1992 die Amputation des rechten Unterschenkels notwendig machten. Sie verlangt von dem Beklagten, für den keine Versicherung eintritt, Ersatz ihrer Schäden.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe das Unfallgeschehen zumindest mitverschuldet, indem er in den Kreuzungsbereich eingefahren sei, ohne den Vorrang des unfallbeteiligten Taxis zu beachten. Die Klägerin hält ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 100.000,00 DM für angemessen. Desweiteren macht sie einen Verdienstausfallschaden im Zeitraum zwischen dem 01.01.1993 und dem 31.08.1995 in Höhe von 40.507,21 DM geltend. Sie hat dazu behauptet, sie hätte ohne das Unfallereignis spätestens zum 01.01.1993 eine feste Anstellung in ihrem erlernten Beruf als Bankkauffrau finden können.
Die Klägerin hat beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an sie ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld zu zahlen, mindestens jedoch 100.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 14.08.1993;
2. festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, ihr allen materiellen und auch allen weiteren immateriellen Schaden aus dem Verkehrsunfall vom 10.08.1992 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind;
3. den Beklagten zu verurteilen, an sie 40.507,21 DM nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, türkisches Recht komme zur Anwendung, da der Lebensmittelpunkt der Parteien sich zum Unfallzeitpunkt in der Türkei befunden habe. Zum Unfallgeschehen hat er die Auffassung vertreten, daß ihn kein Verschulden treffe. Er hat behauptet, er sei langsam in die Kreuzung eingefahren und habe zuerst nach links geschaut. Als er den Blick nach rechts habe wenden wollen, sei es auch schon zur Kollision mit dem Taxi gekommen, dessen Fahrer den linken Fahrstreifen befahren und zudem mit ca. 90 km/h das an der Unfallstelle geltende Tempolimit von 30 km/h deutlich überschritten habe. Der Beklagte hat weiter die Auffassung vertreten, die Klägerin habe durch ihre Teilnahme an der Motorfahrt einen stillschweigenden Haftungsausschluß erklärt. Der Beklagte hat bestritten, daß die Klägerin bereits im Januar 1993 eine adäquate Arbeitsstelle gefunden hätte.
Das Landgericht hat Zeugenbeweis erhoben und dann der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, daß das Unfallereignis nach deutschem Recht zu beurteilen sei und daß der Beklagte ...