Entscheidungsstichwort (Thema)
Rücktritt vom Kaufvertrag und Entfallen des Provisionsanspruchs
Leitsatz (amtlich)
Der Rücktritt des Käufers/Maklerkunden vom Kaufvertrag allein wegen der Möglichkeit, daneben auch den sog. großen Schadensersatz geltend zu machen, führt nicht dazu, dass er sich dem Makler gegenüber nicht mehr auf die Anfechtbarkeit des Hauptvertrags berufen kann (wie OLG Stuttgart, Az. 3 U 135/11).
Normenkette
BGB §§ 123, 437, 652
Verfahrensgang
LG Bochum (Aktenzeichen 2 O 248/18) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 19.12.2018 verkündete Urteil des Landgerichts Bochum wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die an einer Kapitalanlage interessierten Kläger schlossen zu einem nicht näher mitgeteilten Zeitpunkt einen Maklervertrag mit der Beklagten, die ihnen daraufhin das Mehrfamilienhaus I-Straße ... in C nachwies. Die Kläger schlossen am 24.10.2016 mit der Eigentümerin einen notariellen Kaufvertrag über das Objekt zu einem Kaufpreis von 195.000,00 EUR; in § 10 (2. Abs.) des Kaufvertrags hieß es, der Verkäufer garantiere, "dass das Kaufobjekt ungekündigt vermietet" sei und dass u.a. keine "Mietstreitigkeiten" bestünden.
Die Beklagte stellte den Klägern unter dem 28.11.2016 eine Provision "für Nachweis und Vermittlung der Gelegenheit zum Abschluss des Vertrags" in Höhe von 9.282,00 EUR in Rechnung, die die Kläger am 21.12.2016 beglichen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.03.2017 erklärten die Kläger unter Hinweis u.a. auf vorgenommene, ihnen jedoch verschwiegene Kündigungen von Mietverträgen den Rücktritt vom Kaufvertrag, hilfsweise dessen Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, und forderten die Verkäuferin zur Rückabwicklung des Kaufvertrages auf. In der Folge setzten sie diese Rückabwicklung auf der Grundlage des kaufvertraglichen Gewährleistungsrechts gerichtlich durch, wobei sie in erster Instanz zunächst unterlagen. Das Berufungsgericht (OLG Hamm, Az. 22 U 8/18) wies darauf hin, der Grundstückskaufvertrag sei rückabzuwickeln, weil die vertragliche Garantie bezüglich der "Freiheit von Mietstreitigkeiten" und des Nichtbestehens ungekündigter Mietverträge nicht erfüllt worden sei; die Kläger seien nicht auf Nacherfüllung zu verweisen, weil die Verkäuferin angesichts ihrer Kenntnis dieser Umstände arglistig gehandelt habe. Daraufhin erkannte die (dortige) Beklagte die gegen sie verfolgten Ansprüche an, worauf ein Anerkenntnisurteil u.a. auf Zahlung von 192.864,14 EUR Zug um Zug gegen Herausgabe und Rückauflassung des Kaufobjekts sowie auf Feststellung der Verpflichtung der Verkäuferin, "den Klägern sämtliche weiteren Schäden, die im Zusammenhang mit dem Erwerb des in Ziffer 1. genannten Grundbesitzes noch entstehen werden, zu ersetzen". Den Zahlungsbetrag (192.864,14 EUR) hatten die Kläger im Wege der Saldierung unter Einbeziehung auch der von ihnen vereinnahmten Mieten im Zeitraum Januar bis April 2017 (10.926,00 EUR) ermittelt.
Mit Schreiben vom 20.06.2018 forderten die Kläger die Beklagte unter Hinweis auf das gegen die Verkäuferin ergangene Anerkenntnisurteil zur Rückzahlung der Provision bis zum 28.06.2018 auf. Nach fruchtlosem Fristablauf ließen sie die Zahlungsaufforderung durch ihren früheren Prozessbevollmächtigten - nunmehr auch im Hinblick auf die für dessen Beauftragung angefallenen Kosten und jeweils unter Fristsetzung bis zum 23.07.2018 - wiederholen. Die Beklagte lehnte eine Rückzahlung mit E-Mail vom 11.07.2018 ab und bat darum, von weiteren Zahlungsaufforderungen abzusehen, weil man nicht in den mit der Verkäuferin geführten Rechtsstreit involviert gewesen sei.
Die Kläger betreiben aus dem Anerkenntnisurteil gegen die Verkäuferin die Zwangsvollstreckung.
Die Kläger haben behauptet, die Voraussetzungen einer Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung lägen vor. Sie haben insofern die Auffassung vertreten, dies habe als unstreitig zu gelten und stehe jedenfalls aufgrund des im Vorprozess ergangenen Anerkenntnisurteils rechtskräftig fest. Auch der Bundesgerichtshof weise in Fällen wie dem vorliegenden dem Ausgang des Rechtsstreits zwischen den Kaufvertragsparteien besondere Bedeutung zu. Welche Rechte sie gegenüber der Verkäuferin geltend machten, bleibe ihrer Wahl überlassen. Für das Entfallen des Provisionsanspruchs genüge bereits die bloße Anfechtbarkeit des Kaufvertrages. Weder der Klageschrift im Vorprozess noch dem Anerkenntnisurteil sei zu entnehmen, dass sie einen "großen Schadensersatz" verlangt hätten, was den Provisionsanspruch fortbestehen lasse.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die von den Klägern vorgenommene Kombination von Rücktritts- und Anfechtungserklärung sei in der vorliegenden Form unzulässig. Sie hat die Voraussetzungen einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung mit Nichtwissen bestritten. Ferner hat sie die Ansicht vertreten, ihr Provisionsanspruch sei schon deswegen nicht tangiert, weil die Kläger gegenüber der Verkäuferin n...