Leitsatz (amtlich)

1. Allein die Anfechtbarkeit eines Darlehensvertrages aufgrund arglistiger Täuschung seitens des Darlehensnehmers über seine Bonität löst noch keinen Provisionsrückzahlungsanspruch des Darlehensnehmers gegenüber dem Makler aus, wenn der Darlehensgeber nach Auszahlung des Darlehens statt der Anfechtung die fristlose Kündigung erklärt.

2. Die Verfehlung des wirtschaftlichen Zwecks des vermittelten Darlehensvertrages kann nur unter bestimmten Umständen des Einzelfalles zu einem Provisionsrückzahlungsanspruch führen (wie BGH, Urt. v. 14.7.2005 - III ZR 45/05).

 

Normenkette

BGB § 812 Abs. 1 S. 1, § 812 Alt. 1, § 652

 

Verfahrensgang

LG Essen (Urteil vom 15.05.2013; Aktenzeichen 42 O 68/12)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 15.5.2013 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des LG Essen wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Dieses sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht der E GmbH die Rückzahlung eines nach ihrer Auffassung rechtsgrundlos von der E GmbH an die Beklagte gezahlten Betrages i.H.v. 3,66 Mio. Euro.

Die Klägerin, die früher unter F firmierte, ist eine Kapitalgesellschaft nach luxemburgischem Recht mit Sitz in Luxemburg. Sie gehört zur P-Gruppe, einem amerikanischen Finanzinvestor.

Die inzwischen insolvente E GmbH ist bzw. war Teil der C. Deren operatives Geschäft umfasste schwerpunktmäßig das Chartergeschäft, das Schiffs-Management sowie Bau, Erwerb und Finanzierung von Schiffen. Gegründet wurde die Gruppe durch M, der bis Mitte Februar 2011 mehrheitlicher Gesellschafter und Geschäftsführer u.a. der E GmbH war.

Die Beklagte betreibt ein Unternehmen mit Sitz in H, das sich mit der Vermittlung von Unternehmensfinanzierungen befasst.

Unter dem 03./4.9.2009 schlossen die E GmbH als Auftraggeberin und die Beklagte eine als solche bezeichnete "Provisionsvereinbarung für die Aufnahme von Produkten mit Fremdkapital-Charakter" (K 6/GA 77). Darin heißt es u.a.

"1. PräambelDer Gegenstand der vorliegenden Mandatsvereinbarung ist die Beratung sowie Strukturierung von Produkten mit Fremdkapital-Charakter (hier primär Schuldscheindarlehen, SSD) für den Auftraggeber sowie die Ansprache von vorher definierten potentiellen Investoren.

2. Vergütung

Die Vergütungsstruktur wird unterteilt in eine Basisprovision und eine Bonusprovision. Hierbei verstehen sich sämtliche Entgelte netto zzgl. der jeweiligen Umsatzsteuer und sind fällig im Sinne einer einmaligen Upfront-Fee unmittelbar bei Liquiditätszufluss bei dem Auftraggeber.

2.1 BasisprovisionDie Basisprovision beträgt 2,75 % auf das Nominalvolumen. [...]

2.2. BonusprovisionenDie Bonusprovision ist abhängig von der verhandelten Kreditmarge, welche definiert ist als [...]."

In der Folgezeit schlossen die Vertragsparteien zwei als Addenda bezeichnete Ergänzungsvereinbarungen. In dem ersten Addendum vom 29.3.2010 (K 7/GA 79 ff.) heißt es unter Ziff. 4:

"4.1 ErfolgshonorarDie D erhält vom Auftraggeber ein transaktionsabhängiges Erfolgshonorar für jede einzelne Transaktion, wenn dem Auftraggeber während der Laufzeit dieser Mandatsvereinbarung oder innerhalb eines Zeitraums von 18 Monaten durch D vermitteltes Kapital zufließt oder ihm eine Linie zugesagt wird, die er über einen bestimmten Zeitraum abrufen kann. [...]Der Anspruch entsteht mit Unterzeichnung der Verträge mit den potentiellen Investoren und ist unmittelbar nach Zufluss der Liquidität beim Auftraggeber zahlbar.

4.2 Break-up FeeDer Auftraggeber verpflichtet sich zur Zahlung eines Abbruchhonorars i.H.v. 1 % des Transaktionswertes, wenn der Auftraggeber nach Unterzeichnung eines Term Sheets aus Gründen, welche D nicht zu verantworten hat, ein von Seiten des Auftraggebers und des potentiellen Inverstors verhandeltes Angebot nicht annimmt. [...]

In das zweite Addenum vom 26./27.7.2010 (K 8/GA 83), das als Auftraggeber neben der E GmbH auch die C GmbH nennt, haben die Vertragsparteien u.a. die folgenden Bestimmungen aufgenommen:

1. VorbemerkungDie D ist vom Auftraggeber beauftragt, ihn bei der Beschaffung von Kapital jeglicher Art zu unterstützen. In diesem Zusammenhang hat die D den Kontakt zu dem Finanzinvestor P Capital Management und deren Fonds (F) hergestellt, die an einer Finanzierung der Gruppe bzw. von Schwestergesellschaften (Schiff-SPVs) in Verbindung mit einer Direktbeteiligung interessiert sind. Der Auftraggeber und F habe sich über eine Transaktion i.H.v. EUR 175.000.000,-, die sich in mehrere Einzeltransaktionen gliedert, geeinigt. Abweichend von den bestehenden Regelungen zwischen D und dem Auftraggeber vereinbaren beide eine geänderte Verprovisionierung der D für d...

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