Leitsatz (amtlich)
Macht der Geschädigte neben Schmerzensgeldansprüchen auch Ersatz des Erwerbsschadens und des Haushaltsführungsschadens geltend, so stellt sich die isolierte Zuerkennung eines Schmerzensgeldes als unzulässiges Teilurteil dar, weil die noch nachzuholenden tatsächlichen Feststellungen zum Grund und Umfang von Erwerbs- und Haushaltsführungsschaden wegen der Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen nicht von der Entscheidung über den Schmerzensgeldanspruch getrennt entschieden werden dürfen.
Normenkette
StVG § 7Abs. 1; ZPO §§ 301, 538 Abs. 2 Nr. 7
Verfahrensgang
LG Dortmund (Aktenzeichen 21 O 147/13) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23.08.2017 verkündete Teilurteil des Einzelrichters der 21. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund einschließlich des ihm zugrunde liegenden Verfahrens aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Wegen des erstinstanzlich vorgetragenen Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Teilurteils (Bl. 363 ff. GA) Bezug genommen. Hinsichtlich des Sachverhalts und der Verfahrensgeschichte wird ergänzend verwiesen auf das im Tatbestand des angefochtenen Teilurteils genannte erste Berufungsurteil des Senats vom 31.07.2015 (Bl. 239 ff. GA).
Das Landgericht hat im jetzigen Betragsverfahren die Klägerin ergänzend (vgl. zu den früheren Anhörungen bzgl. der Unfallfolgen Bl. 133 ff., 236 f. = 238 f. GA) persönlich angehört (vgl. Bl. 279 f. GA) und Beweis erhoben gem. Beweisbeschlüssen vom 22.07.2016 (Bl. 299 f. GA) und 25.11.2016 (Bl. 326 f. GA) durch Einholung eines Gutachtens des (zwischenzeitlich leider verstorbenen) Sachverständigen Dr. T (vgl. das lose bei den Akten befindliche Ursprungsgutachten vom 10.09.2016 sowie die ebenfalls lose bei den Akten befindliche ergänzende Stellungnahme vom 15.12.2016). Es hat sodann im Wege des Teilurteils der Klägerin - unter Abweisung der weitergehenden Schmerzensgeldklage - ein weiteres Schmerzensgeld i.H. von 24.152,64 EUR nebst Zinsen i.H. von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.10.2013 zugesprochen. Wegen der Begründung dieser Entscheidung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Teilurteils (Bl. 365 ff. GA) Bezug genommen.
Gegen diese Entscheidung wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung, mit welcher sie in erster Linie abändernd die Abweisung der Klage hinsichtlich des auf Zahlung weiteren Schmerzensgeldes gerichteten Klageantrages zu Ziffer 2) begehren. Die Beklagten tragen zur Begründung - neben einer pauschalen Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen - ergänzend im Wesentlichen vor:
Entgegen der Annahme des Landgerichts stehe der Klägerin kein weiteres - über die insoweit bereits regulierten Beträge hinausgehendes - Schmerzensgeld mehr zu. Bei der Schmerzensgeldbemessung komme es maßgebend auf Art und Umfang der unfallbedingten Gesundheitsfolgen an, wobei Vorschädigungen sowie eine Schadensanfälligkeit unter Billigkeitsgesichtspunkten (schmerzensgeldmindernd) zu berücksichtigen seien. Im vorliegenden Fall seien konkret folgende Gesichtspunkte von Belang:
- Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. T sei das linke Knie unfallbedingt versteift worden und liege als Folge davon ein gestörter und verlangsamter Lymphfluss vor, der allerdings lediglich - mehr sei nicht bewiesen - zu einer Umfangsvermehrung des linken Beines und zu einer vermehrten Belastung des rechten Beines geführt habe, wobei am rechten Knie aufgrund des unfallunabhängig vorbestehenden erheblichen Übergewichts ein erheblicher Verschleiß mit Folge einer Beugeeinschränkung gegeben sei.
- Eine Beinverkürzung sei bei richtiger Würdigung des Sachverständigengutachtens letztlich nicht positiv feststellbar und wäre zudem auch durch orthopädisches Schuhwerk ausgleichbar.
- Eine Verstärkung des Verschleißes und der daraus resultierenden Beugeeinschränkung des rechten Knies durch den Unfall habe der Sachverständige nicht festgestellt. Er habe vielmehr ausgeführt, dass auch ohne den Unfall das Beugedefizit entstanden wäre, allerdings erst später zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt. Ferner - so der Sachverständige weiter - werde schon aufgrund des anlagebedingten Verschleißes und des Übergewichts der Klägerin eine prothetische Versorgung des rechten Knies erforderlich werden, wobei auch hier unklar sei, wieviel eher unfallbedingt eine Knieprothese notwendig werde, so dass auch nicht ausgeschlossen werden könne, dass unfallbedingt keine vorzeitige Versorgung des rechten Knies mit einer Prothese erforderlich werde.
- Entgegen der Annahme des Landgerichts habe der Sachverständige indes keine unfallbedingte schmerzhafte Überlastung des Rückens und der Hüfte feststellen können. Auch habe er nicht sagen können, dass es unfallbedingt zu einem vorzeitigen Verschleiß an Hüftgelenken oder Rücken kommen werde, wobei...