Leitsatz (amtlich)

1. Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG a. F. bzw. § 12 Abs. 1 UWG n. F. wird widerlegt, wenn der Antragsteller/Verfügungskläger durch sein Verhalten selbst zu erkennen gibt, dass es "ihm nicht eilig ist" (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 01.07.1999 - I ZB 7/99 -, GRUR 2000, 151 sowie die Senatsurteile vom 15.03.2011 - 4 U 200/10 -, und vom 21.04.2016 - 4 U 44/16.

2. Dies kann insbesondere auch während des bereits laufenden Verfahrens durch zögerliche Prozessführung geschehen. Dazu ist eine Gesamtbetrachtung des prozessualen und vorprozessualen Verhaltens des Antragstellers/Verfügungsklägers geboten (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 21.03.2019 - 3 U 105/18 -, GRUR-RS 2019, 9190).

3. Der nicht bereits durch eine Beschlussverfügung gesicherte Antragsteller/Verfügungskläger hat alles in seiner Macht Stehende zu tun, um einen möglichst baldigen Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung zu erreichen.

4. Vom Antragsteller/Verfügungskläger verursachte Verfahrensverzögerungen bei der Erwirkung der einstweiligen Verfügung, bspw. Fristverlängerungs- oder Terminverlegungsanträge, lassen regelmäßig darauf schließen, dass "ihm die Sache nicht so eilig ist", wobei bereits der Verlegungsantrag als solcher dringlichkeitsschädlich ist (vgl. Senatsurteil vom 15.03.2011 - 4 U 200/10 -; OLG Stuttgart, Urteil vom 12.10.2017 - 2 U 162/16 -, BeckRS 2017, 139897).

 

Normenkette

UWG n.F. § 12 Abs. 1; UWG a.F. § 12 Abs. 2; ZPO §§ 227, 935, 940

 

Verfahrensgang

LG Detmold (Aktenzeichen 07 O 43/20)

 

Tenor

Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das am 11.11.2020 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Detmold abgeändert:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 22.09.2020 wird zurückgewiesen.

Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

 

Gründe

I. Die Verfügungsklägerin nimmt die Verfügungsbeklagte wegen eines - im Einzelnen streitigen - Wettbewerbsverstoßes im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes auf Unterlassung in Anspruch.

In dem vom Landgericht mit Verfügung vom 24.09.2020 auf den 07.10.2020 anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung ist für die Verfügungsbeklagte niemand erschienen. Das Landgericht hat den Termin daraufhin auf den 21.10.2020 vertagt, weil sich eine ordnungsgemäße Zustellung der Ladung an die Beklagte nicht feststellen ließ.

Mit dem am 21.10.2020 um 2:41 Uhr vorab per Fax beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Verfügungsklägerin die Verlegung des auf denselben Tag anberaumten Termins beantragt und zur Begründung ausgeführt, der alleinige Sachbearbeiter ihrer Prozessbevollmächtigten leide seit dem 20.10.2020 unter grippeähnlichen Symptomen; die kurzfristige Vertretung durch einen anderen Kollegen sei weder von der Mandantschaft gewünscht noch möglich. Das Landgericht hat den Termin daraufhin mit Verfügung vom selben Tag auf den 28.10.2020 verlegt.

Mit dem am 26.10.2020 vorab per Fax beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Verfügungsklägerin sodann die Verlegung des für den 28.10.2020 anberaumten Termins wegen andauernder grippeähnlicher Symptome des alleinigen Sachbearbeiters ihrer Prozessbevollmächtigten beantragt. Das Landgericht hat den Termin daraufhin mit Verfügung vom 27.10.2020 auf den 04.11.2020 verlegt.

Mit dem am 27.10.2020 per beA beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Verfügungsklägerin ein weiteres Mal die Verlegung des nunmehr für den 04.11.2020 anberaumten Termins beantragt und zur Begründung geltend gemacht, der alleinige Sachbearbeiter ihrer Prozessbevollmächtigten müsse an diesem Tag einen bereits seit längerem anberaumten Termin vor dem Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein wahrnehmen. Das Landgericht hat den Termin daraufhin mit Verfügung vom 29.10.2020 erneut verlegt und zwar auf den 11.11.2020, 14:30 Uhr.

Mit dem am 04.11.2020 per beA beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Verfügungsklägerin sodann nochmals - vorsorglich - die Verlegung des für den 11.11.2020 anberaumten Termins beantragt und zur Begründung ausgeführt, der alleinige Sachbearbeiter ihrer Prozessbevollmächtigten müsse an diesem Tag um 10:30 Uhr einen bereits seit längerem anberaumten Termin vor dem Landgericht Fulda wahrnehmen. Falls das Gericht allerdings der Meinung sei, dass er bis 14:30 Uhr in Detmold sein könne, werde er versuchen, den Termin wahrzunehmen. Andernfalls werde gebeten, nach Rücksprache einen neuen Verhandlungstag festzulegen. Das Landgericht hat den Termin daraufhin mit Verfügung vom 05.11.2020 in der Terminsstunde auf 15:30 Uhr verlegt.

In diesem Termin hat es den Geschäftsführer der Komplementärin der Verfügungsklägerin persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses wird Bezug genommen auf das Terminsprotokoll vom 11.11.2020.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Landgericht dem Verfügungsantrag stattgegeben. Zur Begründung h...

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