Verfahrensgang
LG Bochum (Aktenzeichen 13 O 3/22) |
Tenor
Der Senat weist darauf hin, dass die Berufung der Verfügungsklägerin nach dem Ergebnis der Vorberatung keine Aussicht auf Erfolg hat.
Gründe
Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das am 26.01.2022 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Bochum (Az. 13 O 3/22) ist ohne Erfolgsaussicht, weil es bereits am Verfügungsgrund fehlt. Die für die Verfügungsklägerin streitende Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 1 UWG ist widerlegt.
1. Es kann dahinstehen, ob dies bereits deshalb der Fall ist, weil die Verfügungsklägerin das einstweilige Verfügungsverfahren gegen die ursprüngliche Verfügungsbeklagte zu 2. in der Berufungsinstanz nicht weiterbetreibt und hierdurch den Vertrieb der in Rede stehenden Boxen durch diese - jedenfalls hinsichtlich der bereits an sie ausgelieferten Ware - faktisch duldet (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 08.06.2022 - 6 U 220/21, WRP 2022, 1172, Rn. 6 ff. mwN., zit. nach juris - Royal Donuts). Insoweit hat der Senat noch nicht abschließend beraten.
2. Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 1 UWG ist aber jedenfalls dadurch widerlegt, dass die Verfügungsklägerin im Berufungsverfahren von insgesamt sieben ihr seitens des Senatsvorsitzenden mit Verfügung vom 27.04.2022 angebotenen Terminen zur mündlichen Verhandlung zwischen dem 05.07. und dem 01.09.2022 erst den vorletzten möglichen Termin vom 30.08.2022 als "geeignet" akzeptiert und im Übrigen auf eine Verhinderung entweder ihrer Geschäftsführerin oder ihres Prozessbevollmächtigten verwiesen hat.
a) Die Dringlichkeit wird gem. § 12 Abs. 1 UWG vermutet. Diese Vermutung wird nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (vgl. Beschluss vom 01.07.1999 - I ZB 7/99, GRUR 2000, 151, Rn. 11 mwN., zit. nach juris - Späte Urteilsbegründung; s. a. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Feddersen, 40. Aufl. 2022, § 12 UWG, Rn. 2.15 mwN.), der der Senat folgt (vgl. bspw. Senatsurteile vom 15.03.2011 - 4 U 200/10, Rn. 15, vom 21.04.2016 - 4 U 44/16, Rn. 3, und vom 20.04.2021 - 4 U 14/21, GRUR 2021, 1106, Rn. 23 mwN., jew. zit. nach juris), jedoch widerlegt, wenn der Antragsteller/Verfügungskläger durch sein Verhalten selbst zu erkennen gibt, dass es "ihm nicht eilig ist". Dies kann insbesondere auch während des bereits laufenden Verfahrens durch zögerliche Prozessführung geschehen. Dazu ist eine Gesamtbetrachtung des prozessualen und vorprozessualen Verhaltens des Antragstellers/Verfügungsklägers geboten (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Feddersen, aaO., § 12 UWG, Rn. 2.16 mwN.; OLG Hamburg, Urteil vom 21.03.2019 - 3 U 105/18, GRUR-RS 2019, 9190, Rn. 24).
Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. bspw. Senatsurteile vom 15.03.2011 - 4 U 200/10, Rn. 15, und vom 20.04.2021 - 4 U 14/21, GRUR 2021, 1106, Rn. 24 mwN., jew. zit. nach juris) muss der Antragsteller/Verfügungskläger das Verfügungsverfahren nicht nur binnen Monatsfrist nach Kenntniserlangung vom Verstoß und vom Verletzer einleiten, sondern gerade auch beschleunigt weiterbetreiben, soweit er nicht bereits durch eine einstweilige (Beschluss-) Verfügung gesichert ist. Er hat insofern alles in seiner Macht Stehende zu tun, um einen möglichst baldigen Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung zu erreichen.
Zwar entfällt die Dringlichkeit dann nicht, wenn für den Antragsteller/Verfügungskläger die von ihm verursachte Verfahrensverzögerung nicht vorhersehbar war (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Feddersen, aaO., § 12 UWG, Rn. 2.16 unter Verweis auf OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.04.2015 - 6 U 17/15, GRUR-RS 2015, 09140, Rn. 5). Regelmäßig lassen von ihm verursachte Verfahrensverzögerungen bei der Erwirkung der einstweiligen Verfügung, bspw. Fristverlängerungs- oder Terminverlegungsanträge, aber darauf schließen, dass "ihm die Sache nicht so eilig ist", weil insbesondere der eine Vertagung oder Terminsverlegung beantragende Verfügungskläger damit rechnen muss, dass der Termin auf einen späteren Zeitpunkt verlegt werden muss (vgl. Senatsurteile vom 15.03.2011 - 4 U 200/10, Rn. 15, und vom 20.04.2021 - 4 U 14/21, GRUR 2021, 1106, Rn. 25, jew. mwN. und zit. nach juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 12.10.2017 - 2 U 162/16 -, BeckRS 2017, 139897, Rn. 47; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Feddersen, aaO., § 12 UWG, Rn. 2.16 mwN.).
b) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die Dringlichkeitsvermutung in der Gesamtbetrachtung vorliegend widerlegt. Auch kann insofern eine Dringlichkeit nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 935, 940 ZPO nicht mehr angenommen werden.
aa) Vorliegend hat die Verfügungsklägerin zwar nicht selbst aktiv die Verlegung eines vom Senatsvorsitzenden - ohne vorherige Terminsabfrage, wie es in einstweiligen Verfügungsverfahren an sich den Gepflogenheiten des Senats entspricht - anberaumten Termins beantragt. Hiermit wäre aber konsequenterweise zu rechnen gewesen, wenn der Senatsvorsitzende Termin zur mündlichen Verhandlung auf den ersten den Parteien angebotenen und nach der Geschäftslage des Se...