Leitsatz (amtlich)

1.) Der Rechtsschutzversicherer ist bei einer Klage des VN auf Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung nicht leistungsfrei, auch wenn sich herausstellt, dass der VN bei Beantragung der BU-Versicherung arglistig über seinen Gesundheitszustand getäuscht hat.

2.) Es liegt keine Straftat (Betrug) i.S.d. § 3 Abs. 5 ARB 98 vor, wenn bei Abschluss der Versicherung eine Berufsunfähigkeit des VN überhaupt noch nicht absehbar war.

Weder liegt zu diesem Zeitpunkt ein Vermögensschaden noch eine schadensgleiche Vermögensgefährdung vor.

 

Verfahrensgang

LG Detmold (Urteil vom 28.09.2009; Aktenzeichen 1 O 182/09)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 28.9.2009 verkündete Urteil der Zivilkammer I des LG Detmold wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

A. Die klagende Rechtsschutzversicherung nimmt den Beklagten auf Rückzahlung von erbrachten Versicherungsleistungen in Anspruch. Im Einzelnen geht es um Folgendes:

Der Beklagte schloss mit der Klägerin eine Rechtsschutzversicherung, der die Bedingungen ARB 98 zugrunde lagen (Kopie Bl. 127 ff.). Am 26.6.2001 beantragte er bei der XY-Versicherung AG u.a. eine Berufsunfähigkeitszusatz-versicherung (BUZ). Unter Ziff. 18 des entsprechenden Antrags wurde der Beklagte gefragt, ob er in den letzten fünf Jahren ärztlich untersucht, beraten oder behandelt worden sei (Frage 14, s. dazu die Kopie des Fragebogens auf Bl. 35 der Beiakte LG Detmold 12 O 262/07). Hierzu ist als schriftliche Antwort vermerkt, dass er in 2001 eine Erkältung gehabt habe. Die Behandlung des Beklagten wegen einer Depression im Zeitraum vom 25.4. bis zum 2.6.2000, die im Zusammenhang mit der Vergewaltigung seiner damals 13 Jahre alten Tochter stand, ist in dem von ihm unterzeichneten Formular nicht eingetragen. Nachdem der Beklagte an Weihnachten 2005 zusammen gebrochen und seit dem 2.1.2006 krankgeschrieben war, beantragte er im März 2007 bei der XY -Versicherung AG Leistungen aus der BUZ. Als dieser Antrag abgelehnt war, bewilligte ihm die Klägerin Deckungsschutz, der sich zunächst auf die außergerichtliche Geltendmachung der Ansprüche und später auch auf das Gerichtsverfahren erster Instanz bezog. In dem nachfolgenden Prozess hat das LG Detmold (12 O 262/07) die Klage auf Leistungen aus der BUZ durch Urteil vom 16.7.2008 abgewiesen (Bl. 135 ff. der Beiakte). Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der (jetzige) Beklagte keinen Anspruch aus dem Versicherungs-vertrag habe, da dieser wirksam gemäß den §§ 142, 123 BGB wegen arglistiger Täuschung angefochten worden sei. In seinem Versicherungsantrag habe er arglistig verschwiegen, vom 25.4. bis 2.6.2000 wegen einer Depression krankgeschrieben und in ärztlicher Behandlung gewesen zu sein.

Für die dagegen eingelegte Berufung erteilte die jetzige Klägerin am 13.8.2008 Deckungsschutz, wobei sie folgenden Hinweis erteilte (Kopie Bl. 31): "Sollte sich allerdings im Berufungsverfahren bestätigen, dass eine vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalls erfolgte, werden wir unsere Kostenzusagen widerrufen und unsere Aufwendungen zurückfordern". Die gegen das Urteil vom 16.7.2008 eingelegte Berufung nahm der Beklagte nach einem Hinweis des Senates auf deren fehlende Erfolgsaussicht zurück.

Mit Schreiben vom 23.3.2009 widerrief die Klägerin, die als Rechtsschutzversicherer insgesamt 18.552,51 EUR an gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten gezahlt hatte, ihre Deckungszusagen und forderte den Beklagten unter Fristsetzung zum 27.4.2009 auf, diesen Betrag zu erstatten. Mit ihrer Klage macht die Klägerin diese Forderung nunmehr gerichtlich geltend.

Sie hat die Ansicht vertreten, der Beklagte sei nach § 812 I 1, 1. Fall BGB zur Rückzahlung verpflichtet, da sie sämtliche Verfahrenskosten getragen habe, obwohl sie eigentlich gem. § 61 VVG a.F. leistungsfrei gewesen sei. Der Beklagte habe den Versicherungsfall zumindest grob fahrlässig herbeigeführt. Er habe die XY-Versicherung AG bei Abschluss des BUZ-Vertrages arglistig getäuscht. Dabei habe er zugleich in Kauf genommen, dass es später zu einem Prozess gegen den Versicherer komme, für den er Leistungen aus der bereits zuvor abgeschlossenen Rechtsschutzversicherung in Anspruch nehmen werde.

Die Klägerin hat deshalb beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 18.552,51 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 28.4.2009 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat die Ansicht vertreten, dass er als Versicherungsnehmer auf den Bestand der Deckungszusagen habe vertrauen dürfen. Die Klägerin sei über den Stand des Verfahrens stets vollständig informiert gewesen. Lediglich in der Beweisaufnahme habe sich der von ihm vorgetragene Sachverhalt nicht bestätigt. Wenn sich die Klägerin damals entschieden habe, Versicherungsleistungen zu erbringen, so könne sie jetzt - wo das Ausgangsverfahren nicht erfolgreich gewesen sei - keinen Rückgriff nehmen. Überdies habe er in Bezug auf den...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?