Leitsatz (amtlich)

An eine ausdrücklich durch Beschluss getroffene Entscheidung des Landgerichts über die eigene bejahte Rechtswegzuständigkeit ist das Berufungsgericht nach § 17a Abs. 5 GVG, der auch im Verhältnis zur Arbeitsgerichtsbarkeit gilt, gebunden.

Die Statthaftigkeit des Urkundsprozesses setzt nach dem Wortlaut des § 592 Satz 1 letzter Halbsatz ZPO zwar voraus, dass sämtliche zur Begründung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen durch Urkunden bewiesen werden können. Das erfordert indes keinen lückenlosen Urkundenbeweis. Nicht beweisbedürftige, weil etwa unstreitige Tatsachen brauchen, von dem Fall der Säumnis gemäß § 597 Abs. 2 ZPO abgesehen, nicht urkundlich belegt zu werden. Begriffsnotwendig erfordert ein Urkundsprozess aber die Vorlage zumindest einer (Grund-)Urkunde.

Nach § 599 Abs. 1 ZPO ist dem Beklagten, welcher dem geltend gemachten Anspruch widersprochen hat, die Ausführung seiner Rechte vorzubehalten. Der erforderliche Widerspruch ergibt sich schon daraus, dass sich der Beklagte gegen die Verurteilung zur Wehr setzt, wofür schon sein Klageabweisungsantrag ausreicht.

Das deklaratorische Schuldanerkenntnis erzeugt keinen neuen, selbstständigen Anspruch; Anspruchsgrundlage bleibt die ursprüngliche Forderung. Die für das anerkannte Schuldverhältnis geltende Verjährung bleibt maßgebend.

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Aktenzeichen 20 O 22/19)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 17. Januar 2023 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 48.394,71 EUR nebst Zinsen in Höhe von 6 % pro Jahr hieraus seit dem 1. März 2012 abzüglich am 9. März 2012 gezahlter 10.000,00 EUR, am 25. Oktober 2012 gezahlter 5.000,00 EUR und am 10. Januar 2014 gezahlter 5.000,00 EUR zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Dem Beklagten bleibt die Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren vorbehalten.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt den Beklagten im Urkundenprozess aus einem Schuldanerkenntnis in Anspruch.

Unter dem 01.03.2010 schlossen die Klägerin als Darlehensgeberin sowie der Beklagte, T. R. und F. U. als Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag, wonach die Klägerin den Darlehensnehmern ein Darlehen in Höhe von 100.000,00 EUR, welches bis zum 02.03.2010 zu valutieren war, gewährte. Die Rückzahlung des Darlehens sollte bis zum 28.02.2012 erfolgen. Auf den weiteren Inhalt des Darlehensvertrages (Bl. 5-6 der BA LG Bielefeld 5 O 64/12) wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Mit Schreiben vom 29.02.2012 (Bl. 7 der BA LG Bielefeld 5 O 64/12) forderte die Klägerin den Beklagten sowie T. R. und F. U. zur Rückzahlung dieses Darlehens und zur Vorlage eines Schuldanerkenntnisses auf. Am 30.10.2010 leisteten der Beklagte, T. R. und F. U. 27.500,00 EUR sowie am 01.11.2011 weitere 10.000,00 EUR an die Klägerin auf diese Darlehensschuld. Nachdem keine weitere Zahlung geleistet wurde, machte die Klägerin den noch offenen Restdarlehensrückzahlungsanspruch im Rechtsstreit vor dem Landgericht Bielefeld - 5 O 64/12 - geltend. Mit rechtskräftigem Teil-Versäumnisurteil des Landgerichts Bielefeld vom 19.04.2012 wurde der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 70.912,24 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Mit Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 04.07.2012 (Anlage B1, Bl. 89-94 d.LGA. = Anlage K6, Bl. 269-274 d.LGA.) wurden auch T. R. und F. U. antragsgemäß mit der Begründung verurteilt, dass sich unter Beachtung aufgelaufener Hauptforderungszinsen i.H.v. 8.412,24 EUR bis zum 14.03.2012 und abzüglich geleisteter Zahlungen in Höhe von 37.500,00 EUR die geltend gemachte Forderung von 70.912,24 EUR errechne. Diese titulierten Darlehensrückzahlungsansprüche sind inzwischen erfüllt.

Jedenfalls in einer der in den mündlichen Verhandlungen vom 23.04.2019 und 17.01.2023 vor dem Landgericht und vom 21.12.2023 vor dem Senat im Original vorgelegten Urkunde vom 01.03.2012 (Kopie, Anlage K 1, Bl. 7 d.LGA.) ist ausgeführt:

"Herr R. erkennt an, Frau W., einen Betrag von 48394,71EUR zu schulden.

Die Summe setzt sich zusammen aus Gehalt N. W. 18 Monate a 1102,08 EUR =19837,44 EUR und Gehalt P. V. 21 Monate a 1359,87 EUR = 28557,27 und wird mit 6 % verzinst seit Schuldung.

Bünde, den 01.03.12

D. R. N. W."

Auf einem der in der mündlichen Verhandlung am 21.12.2023 vor dem Senat vorgelegten Urkunden findet sich der handschriftliche Zusatz:

"a Konto Zahlung E-Mail bestätigt am 9.3.12 10.000,- EUR

a Konto Zahlung 25.10.12 5.000,- EUR

a Konto I. V. Zahlung 10.1.14 5.000,-".

In der anderen der in der mündlichen Verhandlung am 21.12.2023 vor dem Senat vorgelegten Urkunden findet sich lediglich der handschriftliche Zusatz:

"a Konto Zahlung E-Mail bestätigt am 9.3.12 10.000,- EUR

a Konto Zahlung 25.1...

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