Verfahrensgang

LG Arnsberg (Aktenzeichen 2 O 354/15)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 16.02.2018 verkündete Grund- und Teilurteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg (I-2 O 354/15) unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 200.000,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.10.2015 zu zahlen.

Es wird - unter Abweisung des weitergehenden Feststellungsbegehrens zu Antragsziffer 3) - festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche zukünftigen immateriellen und materiellen Schäden aus dem Unfall vom 27.08.2013 zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder Dritte übergegangen sind oder noch übergehen.

Hinsichtlich der vorstehenden Entscheidungen in der Hauptsache wird dem Beklagten als Erben seines am 27.08.2013 verstorbenen Vaters S X die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass des Erblassers vorbehalten. Dieser Vorbehalt betrifft nicht die Kosten der Entscheidung dieses Urteils.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten, mit Ausnahme der Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens, die dem Beklagten auferlegt werden.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

A. I. Die Klägerin hat den Beklagten im Zusammenhang mit dem Absturz eines Flugzeuges am 27.08.2013 in Anspruch genommen. Der Beklagte ist der Sohn und Alleinerbe des bei dem Absturz verstorbenen Piloten S X (nachfolgend: Herr X).

1) Am 26.08.2013 führte Herr U F, der Vater der damals ein Jahr und vier Monate alten Klägerin (nachfolgend: Herr F), ein Telefonat mit Herrn X. Herr F wollte den Rücktransport seiner Familie von der Insel M nach N organisieren, da sich seine Frau V F, die Mutter der Klägerin, die den PKW der Familie fahren sollte, kurz vor Ende des dort verbrachten Urlaubs verletzt hatte. Vereinbart war - was die Parteien im Berufungsverfahren nochmals übereinstimmend erklärt haben - die Zahlung von 600 EUR für den Hin- und Rückflug von B nach M und zurück nach B bei minutengenauer Abrechnung.

Am 27.08.2013 flog Herr X zusammen mit Herrn F, der anschließend das Familienfahrzeug zurückfahren sollte, nach M. Dort nahm Herr X sieben weitere Personen an Bord, wobei vier der Passagiere noch keine zehn Jahre alt waren. Auf dem Rückflug von der Insel M nach N stürzte das Flugzeug aus streitiger Ursache ab. Bei dem Absturz verstarben Herr X, die Mutter, der Bruder, die Großmutter und ein Vetter der Klägerin. Die Klägerin und zwei weitere Kinder überlebten den Unfall.

Die Klägerin wurde bei dem Unfall - ausweislich der Ausführungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils - schwer verletzt. Der Ablauf und der Umfang der Verletzungen sowie deren Folgen stellten sich hiernach wie folgt dar:

Die Klägerin erlitt ein offenes Schädel-Hirn-Trauma dritten Grades mit multiplen Kalottenfrakturen, eine Sprengung der großen Fontanelle und eine Duraperforation (Zerreißung der harten Hirnhaut), eine Trepanation links und rechts, eine beiderseitige Lungenkontusion (Quetschung), eine Knieprellung links und eine Hemiparese (Lähmung) der rechten Körperhälfte. Sie wurde nach dem Unfall ins Universitätsklinikum K verbracht und dort operiert. Dabei wurden Frakturfragmente des Schädels entfernt und eine Spiegelbergsonde zur Messung des Hirndrucks angelegt. In der Zeit vom 13.09.2013 bis zum 25.09.2013 musste eine externe Ventrikeldrainage verlegt werden. Am 25.09.2013 wurde zum Ausgleich erhöhten Hirndrucks und zur Ableitung erhöhter Hirnflüssigkeit ein subduroperitoneler Shunt angelegt. Am 29.11.2013 wurde der Klägerin in Rahmen einer weiteren Operation ein eigens angefertigtes, künstliches Schädeldeckenfragment implantiert. Danach musste die Klägerin zunächst rund um die Uhr einen Schutzhelm tragen. Die angestrebte Verwachsung mit dem natürlichen Schädelteil erfolgte jedoch nur teilweise, nämlich vorne am Schädel.

Im Zuge der Behandlung musste sich die Klägerin mehreren, zum Teil längeren, Aufenthalten in diversen Krankenhäusern unterziehen, so jeweils vom 27.08.2013 bis zum 02.10.2013, vom 14.10.2013 bis zum 15.10.2013, vom 12.11.2013 bis zum 16.11.2013 und vom 28.11.2013 bis zum 06.12.2013 in der Universitätsklinik K und vom 02.10.2013 bis zum 27.11.2013 in der A-Rehabilitationsklinik in C.

Die Spätfolgen, die sich für die Klägerin aus dem Schadensereignis ergeben können, sind angesichts des jungen Alters der Klägerin im Schadenszeitpunkt noch nicht völlig absehbar. Ausweislich eines von der Klägerin eingeholten Privatgutachtens des Arztes Prof. Q (nachfolgend: Privatsachverständiger Q...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge