Leitsatz (amtlich)

Tritt bei einem Kauf eines gebrauchten Kraftfahrzeuges der Erwerber unter fremdem Namen auf, kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an, ob aus der Sicht des Veräußerers ein Geschäft des Namensträgers oder ein Eigengeschäft des Handelnden vorliegt. Dabei darf insbesondere auch das Rechtsverfolgungsinteresse des Veräußerers nicht aus den Augen gelassen werden. Tritt der Erwerber unter falschem Namen auf, ist für den Veräußerer, dessen Eigeninteressen im Zuge der Vertrags-abwicklung nicht restlos abgedeckt sind, regelmäßig von Bedeutung, mit wem er kontrahiert.

 

Verfahrensgang

LG Bochum (Urteil vom 10.07.2015; Aktenzeichen I-4 O 21/15)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 10.07.2015 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Bochum abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt,

  • an den Kläger das Fahrzeug vom Typ B, Fahrgestellnummer: ..., nebst Zulassungsbescheinigung Teil 2 sowie entweder Zulassungsbescheinigung Teil 1 oder Abmeldebescheinigung und nebst Fahrzeugschlüsseln herauszugeben,
  • und den Kläger von vorgerichtlichen Kosten seines Prozessbevollmächtigten in Höhe von 1.474,89 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.01.2015 freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen; die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung des Herausgabeanspruchs des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,00 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Wegen der Verfahrenskosten darf der Beklagte die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger bot ein ursprünglich unstreitig in seinem Eigentum stehendes Kraftfahrzeug des Typs B mit der Fahrzeugident.-Nr. ... im Internet zum Preis von 31.995 EUR zum Verkauf an.

Am 20.11.2014 meldete sich bei ihm telefonisch eine Person unter dem Namen S und zeigte Interesse an dem angebotenen Fahrzeug. Im Laufe der telefonischen Verhandlungen eröffnete ihm der Anrufer, dass er aus zeitlichen Gründen einem Beauftragten die Besichtigung und eventuelle Abholung des Fahrzeuges anvertrauen werde. Nach dem Telefonat übermittelte der Kläger per E-Mail seine Kontodaten an die ihm mitgeteilte E-Mail-Adresse.

Am Abend desselben Tages erschien bei ihm eine Person, die sich unter dem Namen C als Vertreter des Herrn S vorstellte. Der Kläger ließ sich die Ausweispapiere des Herrn S vorlegen und fertigte für sich Lichtbilder des Führerscheins und des Personalausweises (Blatt 6-7 der Akten). Ihm wurde eine Quittung für eine Überweisung des vereinbarten Kaufpreises von 30.500 EUR der E Postbank vorgelegt. Darin wurde ein Konto des S mit der Kontonummer .../... und der IBAN ... als Belastungskonto angegeben. In diesem Formular heißt es:

"Ihre Überweisung wurde entgegengenommen.

Ihre E AG

Außerdem befindet sich auf dem Formular ein mit dem Datum 20.11.2014 versehener Stempel mit dem Aufdruck "BEZAHLT" (Blatt 10 der Akten).

Es wurde ein von dem C mitgebrachter und teilweise schon ausgefüllter schriftlicher Kaufvertrag fertiggestellt. Darin wurde als Käufer S mit vollständiger Anschrift und Handynummer angegeben. In der entsprechenden Rubrik des Formulars wurden auch die Personalausweisnummer und die ausstellende Behörde vermerkt. Unter der Rubrik "Erklärungen des Käufers" wurde angekreuzt, dass der Käufer das Fahrzeug unverzüglich, spätestens am dritten Werktag nach Übergabe, ummelden werde; außerdem wurde die Zusendung der Ummeldung als Sondervereinbarung festgehalten. Das in dem Formular vorgesehene Kästchen zur Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts wurde dagegen nicht angekreuzt. Der Kaufvertragsteil wurde für den Käufer mit dem Namen C unterzeichnet. In der nachfolgenden Rubrik der Fahrzeugübergabe wurde in dem Feld "Der Verkäufer bestätigt den Erhalt von:" handschriftlich eingetragen: "per Überweisung nach Pkw-Übergabe". In dem dortigen Unterschriftfeld des Käufers befand sich schon eine Unterschrift, die derjenigen auf dem Personalausweis des Dierk S ähnelte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die mit der Klageschrift vorgelegte Ablichtung des Kaufvertrages Bezug genommen (Blatt 8 der Akte).

Ferner überließ die unter dem Namen C auftretende Person dem Kläger ein "Übergabeprotokoll für ein gebrauchtes Auto" in dem es heißt: "Hiermit bevollmächtige ich S meinen Mitarbeiter das Fahrzeug nach I zu überbringen". Darin wurden als Übergebender S und als Übernehmender C angegeben (Blatt 9 der Akten).

In der Annahme einer bevorstehenden Gutschrift des Kaufpreises übergab der Kläger das Fahrzeug mit sämtlichen Schlüsseln und den auf seinen Namen ausgestellten Fahrzeugpapieren dem angeblic...

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