Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung für Vermittlungsgesellschaft beim Vertrieb von Wohnungen in einem Steuermodell
Leitsatz (amtlich)
Überlässt ein Eigentümer einer Vermittlungsgesellschaft und weiteren von dieser eingeschalteten Gesellschaften und Personen alle Verhandlungen zum Vertrieb und Verkauf von Eigentumswohnungen, muss er sich gemäß § 278 BGB unter Berücksichtigung einer Gesamtwürdigung der konkreten Vermittlungstätigkeit deren Verhalten zurechnen lassen, auch wenn die Gesellschaft nur als Maklerin bzw. Vermittlerin tätig geworden ist.
Wer mit steuerlichen Vorteilen für den Kauf einer Immobilie wirbt, muss nicht nur Voraussetzungen, Hinderungsgründe und Ausmaß der Steuervorteile richtig und vollständig darstellen, sondern auch auf Risiken hinweisen, die sich aufgrund der bekannt gewordenen Haltung der Rechtsprechung und des Bundesfinanzministeriums für das Gelingen des angebotenen Steuermodells ergeben.
Normenkette
BGB §§ 276, 278
Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 18 O 546/96) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 14.5.1998 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des LG Essen abgeändert und wir folgt neu gefasst:
Der Anspruch der Kläger ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
Die Beschwer beider Parteien übersteigt 60.000 DM.
Tatbestand
Die Kläger erwarben von der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der …, im Jahre 1984 als Anlageobjekte je eine Eigentumswohnung in Köln und Essen.
1982 hatte die Rechtsvorgängerin der Beklagten die … auf deren Initiative hin beauftragt, von ihr errichtete, aber noch unverkaufte Wohnungen zu vertreiben. Insbesondere wurde vereinbart, dass die … über eine erfahrene Steuerberatungsgesellschaft die steuerlichen Aspekte des Vertriebes aufarbeiten, die Prospekte erstellen und herausgeben und den gesamten Vertrieb vorbereiten und durchführen sollte. Die … ging wie beabsichtigt vor. Ausweislich der erstellten Prospekte sollten die Eigentumswohnungen im Rahmen eines „Ersterwerbermodells” veräußert werden:
In Abwandlung zum so genannten „Bauherrenmodell” stand hierbei nicht die Errichtung einer Immobilie, sondern der Erwerb eines bereits fertiggestellten Objekts im Vordergrund. Der Erwerb sollte über einen vom Käufer – mittels Annahme eines vorbereitet übersandten Angebots auf Abschluss eines Treuhandvertrages – zu bevollmächtigenden Treuhänder, die …, erfolgen, der das Objekt sodann im Namen der Erwerber an einen gewerblichen Zwischenmieter vermieten sollte. Der Zwischenmieter seinerseits sollte die Endvermietung der Wohnungen betreiben. Dieses Modell sollte insbesondere in umsatzsteuerlicher Hinsicht erhebliche Steuervorteile dadurch mit sich bringen, dass von dem – aufgrund der gewerblichen Zwischenvermietung wie ein Unternehmer auftretenden und deshalb zulässig gem. § 9 UStG auf die Befreiung von der Umsatzsteuer verzichtenden – Erwerber die Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend gemacht werden konnte.
Die Kläger erfuhren über die … vom Anlagemodell der Beklagten, das ihnen aufgrund der errechneten Steuervorteile lukrativ erschien. Sie bevollmächtigten deshalb wie vorgesehen die … mit einem Erwerb der Wohnungen Nr. 58 in Köln und Nr. 20, H.-Straße. Die Kaufverträge wurden unter dem 14.12.1984 (Köln) und dem 27.12.1989 (Essen) abgeschlossen (A 138, A 192).
Bereits vorher, mit Mietverträgen vom 12.6.1984 und 15.11.1984 hatte die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Wohnungen an die Firmen … (Köln) und … zwischenvermietet (A 233, A 231).
In der Folgezeit erkannte das Finanzamt zunächst die Position des gewerblichen Zwischenmieters an; im Nachhinein wurde die Vorsteuerabzugsberechtigung der Kläger aber unter Hinweis auf einen Missbrauch der rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten gem. § 42 AO aberkannt. Die gegen die die Vorsteuerabzugsberechtigung ablehnenden Steuerbescheide von den Klägern eingelegten Einsprüche wurden vom Finanzamt mit Bescheid vom 6.3.1995 zurückgewiesen (A 240). Die von den Klägern hiergegen eingelegte Klage vor dem Finanzgericht Düsseldorf (5 K 1370/93 U) wurde von den Klägern zurückgenommen.
Die Kläger haben in erster Instanz von der Beklagten Schadensersatz i.H.v. 133.985,56 DM verlangt.
Die Kläger haben die Auffassung vertreten, die Rechtsvorgängerin der Beklagten bzw. die von ihr mit dem Vertrieb der Wohnungen beauftragte … habe zugesichert, dass mit dem Erwerb der Wohnungen neben den zu erzielenden umfangreichen Einkommenssteuerersparnissen auch die Möglichkeit des Vorsteuerabzuges gegeben sein werde. Tatsächlich sei es zu keinem Zeitpunkt möglich gewesen, die versprochenen Steuervorteile zu erzielen, da das Modell gegen § 42 AO verstoße. Die von Seiten der … getätigten Äußerungen und Zusicherungen seien der Rechtsvorgängerin der Beklagten als eigentlicher Initiatorin des „Ersterwerbermodells” zuzurechnen; die … sei lediglich als Vermittlerin eingesetzt worden. Die Beklagte hafte sowohl für das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft als auch aus den Grundsätzen der Prospekthaftung. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe gewusst, dass die versprochenen Steuer...