Leitsatz (amtlich)
1. Bei Vorschäden aus zwei Unfällen - im Februar und August 2004 - liegt eine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit vor, wenn der Versicherungsnehmer auf die im Schadenanzeigeformular gestellte Frage "Gab es Vorschäden? Höhe? Wann und wodurch sind diese eingetreten?" lediglich antwortet: "Auffahrunfall, defekte Stoßstange, in 04."
2. Die Erkenntnismöglichkeiten des Versicherers aus der sog. Uniwagnis-Datei lassen die Aufklärungsobliegenheit des Versicherungsnehmers unberührt (Anschluss an BGH, VersR 2007, 481).
Normenkette
AKB § 7
Verfahrensgang
LG Dortmund (Urteil vom 23.03.2007; Aktenzeichen 22 O 130/06) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 23.3.2007 verkündete Urteil der 22. Zivilkammer des LG Dortmund wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer Teilkaskoversicherung auf Zahlung einer Diebstahlsentschädigung i.H.v. 14.250 EUR für den Pkw Audi TT 1,8 Turbo, Ident-Nr. ..., amtliches Kennzeichen ... in Anspruch.
Das Kraftfahrzeug hatte sowohl im Februar als auch im August des Jahres 2004 Unfallschäden erlitten.
Der Kläger behauptet, Eigentümer des Audis TT 1,8 Turbo zu sein. Auf einer Fahrt in die Niederlande sei das Fahrzeug seinem Bruder A, der dort ihre Tante besucht habe, in der Nacht vom 06. auf den 7.11.2005 entwendet worden.
Die Beklagte verweigert die Leistung einer Diebstahlsentschädigung. Sie bestreitet das Eigentums des Klägers an dem Audi ebenso wie den Diebstahl und beruft sich überdies auf Leistungsfreiheit wegen mehrfacher Aufklärungsobliegenheitsverletzungen (Falschangaben zu Vorschäden und zum Anschaffungspreis).
Durch das angefochtene Urteil hat das LG die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe Falschangaben sowohl zu den Vorschäden des Audi als auch zu seinem Anschaffungspreis gemacht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.
Der Kläger greift dieses Urteil mit seiner Berufung an.
Das LG habe zu Unrecht angenommen, dass die Beklagte wegen einer Obliegenheitsverletzung leistungsfrei geworden sei.
Zunächst sei die Auffassung des LG unrichtig, die Angabe
"Auffahrunfall, defekte Stoßstange, in 04"
sei nicht missverständlich gewesen und habe daher auch keine Nachfrageobliegenheit begründen können. Vielmehr lasse diese Angabe ohne weiteres zwei Deutungen zu:
Zum ersten, dass es im Jahre 2004 zwei Unfälle gegeben habe: Einen Auffahrunfall und anschließend einen weiteren Unfall, der zu einer defekten Stoßstange geführt habe.
Zum zweiten, dass es 2004 nur einen Unfall gegeben habe, und zwar einen Auffahrunfall, der zu einer Beschädigung der Stoßstange geführt habe.
Das LG habe zudem die besonderen Hinweis- und Fürsorgepflichten des Versicherers, die sich aus den Grundsätzen von Treu und Glauben ergäben, übersehen. Der Versicherer dürfe nicht einseitig eigene Interessen in den Vordergrund rücken. Insbesondere dürfe er nicht missglückte oder missverständliche Angaben des Versicherten zum willkommenen Anlass nehmen, ohne vorherige Nachfrage und ohne Versuch einer Erklärung nicht leisten zu müssen. Das LG habe daher zu Unrecht eine Nachfrageobliegenheit der Beklagten verneint, auch wenn der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 23.3.2007 angegeben habe, zunächst tatsächlich nur einen Schaden anzeigen zu wollen.
Des Weiteren sei auch die Auffassung des LG unzutreffend, dass eine Leistungsfreiheit der Beklagten nicht durch den Umstand ausgeschlossen werde, dass sie eine Auskunft der Uniwagnis-Datei eingeholt habe. Es treffe zwar zu, dass der BGH in einer aktuellen Entscheidung davon ausgegangen sei, dass die Auskünfte dieser Datei eine Obliegenheitsverletzung des Versicherten und eine Leistungsfreiheit des Versicherers nicht ausschlössen. Diese Rechtsprechung stehe aber in eindeutigem Widerspruch zu der durch das OLG Hamm praktizierten Rechtsprechung, wonach solche Erkenntnisse des Versicherers sehr wohl von Bedeutung seien.
Jedenfalls verstoße der Versicherer gegen seine Treue- und Fürsorgepflicht, wenn er den aus der Uniwagnis-Datei erzielten Informationsvorsprung ausnutze, um den Versicherten ins offene Messer laufen zu lassen, unabhängig davon, ob dessen Angaben nun bewusst oder fahrlässig falsch oder missverständlich gewesen seien. Schließlich habe das LG eine Obliegenheitsverletzung unrichtigerweise auch darin gesehen, dass der Kläger den Anschaffungspreis des Fahrzeugs fehlerhaft angegeben habe. Zunächst sei schon deswegen keine Leistungsfreiheit eingetreten, weil die Beklagte sich nicht auf diesen Umstand berufen habe. Eine solche Erklärung des Versicherers sei aber für den Eintritt der Leistungsfreiheit erforderlich.
Jedenfalls beruhten die Angaben zum Anschaffungspreis weder auf Vorsatz, noch auf grober Fahrlässigkeit.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an ihn 14.250 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssa...