Leitsatz
Leistungsfreiheit des Versicherers kann, aber muss nicht, die Folge sein, wenn ein Versicherter die Zahl der an seinem Fahrzeug eingetretenen Vorschäden nicht eindeutig offenlegt. Wer unklare Angaben frühzeitig unaufgefordert korrigiert, kann mit einem blauen Auge davonkommen.
Sachverhalt
Der Versicherte hatte seinen Pkw an seinen Bruder ausgeliehen. Dort wurde der Pkw nach Angaben des Versicherten entwendet. In dem Zusammenhang tauchte eine andere, folgenschwere Ungereimtheit auf. Die Versicherung verweigerte den Schadensausgleich, weil der Versicherte die Vorschäden nicht eindeutig benannt hatte. In der Schadensanzeige gab er auf die Frage nach Vorschäden an: "Auffahrunfall, defekte Stoßstange, in 04". Durch Nachforschung über die Uniwagnis-Datei stellte die Versicherung fest, dass das Fahrzeug im Jahr 2004 von 2 Schadensfällen betroffen war. Erst nach wiederholter Nachfrage der Versicherung räumte der Kläger beide Schadensfälle dezidiert ein. Das LG und das OLG gaben der den Schadensausgleich verweigernden Versicherung Recht.
Die Richter ließen sich auch nicht von dem Hinweis des Versicherten überzeugen, seine Angaben zu den Vorschäden bezögen sich auf 2 Schadensfälle, nämlich einen Auffahrunfall sowie ein separates Unfallgeschehen, bei dem die Stoßstange seines Fahrzeugs beschädigt worden sei. Hierzu stellte das OLG Hamm klar: Ein Versicherter, der die Vermögensinteressen des Versicherers durch unrichtige Angaben zu den Vorschäden gefährde, könne dem drohenden Verlust des Versicherungsschutzes nur dadurch entkommen, dass er dem Versicherer aus eigenem Antrieb den wahren Sachverhalt vollständig und unmissverständlich darlegt. Diesen Grundsatz hatte der Versicherte durch seine zögerlichen Äußerungen gegenüber der Versicherung aber gerade verletzt.
Die Ermittlungsmöglichkeiten der Versicherungen über die Uniwagnis-Datei schmälern trotz ihrer problemlosen Durchführbarkeit in keiner Weise die den Versicherten treffenden Aufklärungsobliegenheiten. Das Verschweigen eines 2. Vorschadens bedeutet grundsätzlich eine wesentliche Verletzung der Aufklärungsobliegenheiten nach § 7 AKB und führte zur Leistungsfreiheit der Versicherung.
Hinweis
Im Kern setzt das OLG die Linie der bisherigen Entscheidungen der obersten Gerichte zur Bedeutung der Aufklärungsobliegenheiten fort. Dies hat vor dem Hintergrund der wachsenden Zahl von Betrugsfällen durch unrichtige Sachangaben gegenüber den Versicherungen auch rechtspolitische Gründe.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Urteil v. 23.1.08, 20 U 109/07.