Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer geringen Fahrleistung kann die Anmietung eines Ersatzwagens nicht erforderlich sein.
2. Wenn die Anmietung eines Ersatzwagens nicht erforderlich war, steht dem Geschädigten regelmäßig eine Nutzungsausfallentschädigung zu.
Normenkette
BGB § 249
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen 2 O 203/16) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 01.06.2017 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld teilweise abgeändert.
Über die Titulierung in dem angefochtenen Urteil hinaus werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger weitere 115 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.12.2016 zu zahlen und den Kläger von weiteren vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Rechtsanwalts S in Höhe von 78,90 EUR freizustellen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 18 % und die Beklagten zu 82 %. Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz tragen der Kläger zu 90 % und die Beklagten zu 10 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger verlangt 100%igen Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall, der sich am 09.02.2016 auf dem P-damm in C ereignet hat. An der Unfallstelle ist der P-damm dreispurig. Auf der rechten Spur fuhr ein VW U mit einem Pferdeanhänger, der von dem Zeugen L gesteuert wurde. Der Kläger befuhr mit seinem Toyota K die mittlere Spur; die Beklagte zu 1 befuhr mit dem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Mazda E die linke Spur. Die Beklagte zu 1 wechselte von der linken Spur auf die mittlere Spur. Der Kläger lenkte seinen Wagen nach rechts und kollidierte mit dem VW U. Zu einem Zusammenstoß des K's des Klägers und des Mazda der Beklagten zu 1 kam es nicht.
Der Kläger hat von den Beklagten die Zahlung von Reparaturkostenkosten i.H. von 4.306,85 EUR, Gutachterkosten i.H. von 650,34 EUR, Mietwagenkosten i.H. von 1.229,41 EUR und eine Kostenpauschale i.H. von 25 EUR sowie die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangt. In der Berufungsinstanz sind nur noch die Mietwagenkosten und die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zwischen den Parteien im Streit.
Der Kläger mietete am 22.02.2016 ein Ersatzfahrzeug an. Telefonisch beauftragte die vom Kläger aufgesuchte Werkstatt am 22.02.2016 gegen 16.30 Uhr den Sachverständigen Dipl. Ing. C, der das Fahrzeug am 23.02.2016 gegen 8.30 Uhr besichtigte und unter dem 24.02.2016 das Schadensgutachten erstellte. In diesem erteilte der Sachverständige keine Reparaturfreigabe, weil die von ihm kalkulierten Reparaturkosten (4.204,20 EUR brutto) den Wiederbeschaffungswert (3.900 EUR) überschritten. Die Reparatur werde vier bis fünf Arbeitstage dauern. Unter dem 03.03.2016 rechnete die beauftragte Werkstatt die Reparatur ab.
Die Beklagten haben die Erforderlichkeit der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs bestritten. Denn der Kläger hat unstreitig insgesamt mit dem Fahrzeug nur 239 Kilometer zurückgelegt. Ferner habe für die Anmietung für 11 Tage keine Veranlassung bestanden, da die erforderliche Reparaturdauer nur 4 bis 5 Tage betragen habe. Die Mietwagenkosten seien zudem der Höhe nach übersetzt. Auch bei der Anmietung eines klassentieferen Wagens müsse ein Abzug von 10 % wegen der "Schonung" des eigenen PKW berücksichtigt werden.
Erstinstanzlich ist der genaue Unfallhergang streitig gewesen. Das LG hat nach Vernehmung von Zeugen die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe sie mit überhöhter Geschwindigkeit auf der mittleren Spur rechts überholen wollen, nicht als erwiesen erachtet. Demgegenüber hat das LG einen Verstoß der Beklagten zu 1 gegen die ihr nach § 7 Abs. 5 StVO obliegenden Pflichten als bewiesen angesehen. Es hat die Beklagten zur Zahlung der geltend gemachten Reparaturkosten i.H. von 4.306,85 EUR und der Gutachterkosten i.H. von 650,34 EUR sowie der Kostenpauschale von 25 EUR nebst Zinsen verurteilt. Wegen der weiteren Einzelheiten zu der vorgenommenen Haftungsabwägung und zu den erstinstanzlich streitigen Schadenspositionen am Toyota K des Klägers wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat die geltend gemachten Mietwagenkosten nicht als ersatzfähig angesehen. Nach dem vom Kläger eingeholten Schadensgutachten habe er nur mit einer Wiederherstellungsdauer von vier bis fünf Tagen zu rechnen gehabt. Für diese wenigen Tage sei es ihm zumutbar gewesen, für anstehende Fahrten ein Taxi zu benutzen, zumal er den beschädigten PKW nicht für berufliche Zwecke gebraucht habe. Da das Landgericht die Mietwagenkosten nicht als ersatzfähigen Schaden angesehen hat, hat es die ersatzfähigen vorgerichtlichen Anwaltskosten entsprechend reduziert. Wegen der Begründung des Urteils und wegen des weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstand wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Die vom Landgericht angenommene 100%ige Haftung der Beklagten ist in der Berufungsinstanz nicht im Streit.
Der Kläger verfolgt mit seiner Berufung die Mietwagenkosten und die nicht zugesprochenen ...