Leitsatz (amtlich)
Zum Umfang der Verkehrssicherungspflicht auf einem SB-Tankstellengelände zur Nachtzeit.
Normenkette
BGB § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 823 Abs. 1, § 831
Verfahrensgang
LG Dortmund (Urteil vom 13.01.2016; Aktenzeichen 5 O 256/15) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 13.01.2016 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des LG Dortmund wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die im Schadenszeitpunkt 59 Jahre alte Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz, Schmerzensgeld und Feststellung der weiteren Ersatzpflicht wegen eines Vorfalls in Anspruch, der sich in der Nacht vom 16.05.2014 auf den 17.05.2014 auf dem Tankstellengelände der SB Tankstelle, X, I, ereignet hat. Die Beklagte war zu diesem Zeitpunkt Inhaberin der Tankstelle.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes bis zum Abschluss der ersten Instanz sowie der in erster Instanz gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 95 ff. GA) Bezug genommen. Während des rechtshängigen Verfahrens hat die Beklagte unstreitig den Betrieb der Tankstelle zum 13.08.2015 aufgegeben und die Tankstelle veräußert. Die Beklagte hat bereits erstinstanzlich behauptet, auf dem Tankstellengelände würden regelmäßig Kontrollgänge über das Gelände unternommen, und zwar täglich mindestens vier Kontrollen jeweils zum Schichtwechsel. Auch vor Schließung des Shops um 22 Uhr werde kontrolliert. Zusätzlich zu diesen festen Kontrollen habe es ständige bedarfsabhängige Kontrollen gegeben. Aufgrund der überschaubaren Größe des Geländes liege ein stetiger Beobachtungsmodus aus dem Shop vor; sobald etwas auffalle, werde es beseitigt.
Das LG hat die Klage nach persönlicher Anhörung der Klägerin und der Beklagten mit der Begründung abgewiesen, ein Schadensersatzanspruch aus §§ 280, 311 Abs. 2, 241 BGB bestehe nicht, da die Klägerin eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht substantiiert dargelegt habe. Zudem sei die entscheidungserhebliche Tatsache nicht unter Beweis gestellt. Es stehe, so dass LG, bereits nicht mit
hinreichender Sicherheit fest und sei nicht unter Beweis gestellt, dass die - nach der Behauptung der Klägerin - für den Sturz ursächliche Plastikschlaufe auf dem Tankstellengelände gelegen habe. Letzteres folge nicht zwingend aus dem Umstand, dass die Schlaufe im Krankenhaus um den Knöchel der Klägerin gewickelt gewesen sei. Es sei nicht auszuschließen, dass die Plastikschlaufe zu einem anderen Zeitpunkt dorthin gelangt sei. Zudem sei nicht nachvollziehbar, wie sich der Paketbinder ohne weitere Handlungen von außen um den Knöchel der Klägerin gewickelt haben solle. Aus den vorgetragenen Hilfstatsachen, so das LG, könne nicht geschlussfolgert werden, dass sich die schwarze Schlaufe im Schadenszeitpunkt auf dem Tankstellengelände befunden habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Mit ihrer gegen die landgerichtliche Entscheidung gerichteten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren in vollem Umfang weiter. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, das LG habe rechtsfehlerhaft die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht verneint. Eine solche Verletzung liege vor, da die Beklagte das Tankstellengelände nicht ausreichend kontrolliert und überwacht habe. Insbesondere bestreitet die Klägerin, dass am Vorfallstag eine Kontrolle durchgeführt worden sei. Zudem habe die Beklagte nicht dargelegt, ob und wie sie ihre Mitarbeiter geschult und überwacht habe. Zur Erforderlichkeit der geltend gemachten Pflegekosten für die Zeit vom 24.05.2014 bis zum 20.10.2014 vertieft die Klägerin ihren erstinstanzlichen Vortrag und macht geltend, verletzungsbedingt nicht in der Lage gewesen zu sein, sich selbst zu versorgen. Folgende Arbeiten hätten für sie getätigt werden müssen: Körperpflege, Zubereitung und Reichen der Mahlzeiten, Führung des Haushaltes, Begleitung zum Toilettengang, Hilfe bei der Versorgung des Hundes. Die für die Pflege in Rechnung gestellten Kosten in Höhe von 29.900,00 EUR hat die Inhaberin der Pflegedienstes, bei der es sich gleichzeitig um die Arbeitgeberin der Klägerin handelt, unstreitig bislang mit Rücksicht auf die berufliche Verbundenheit gegenüber der Klägerin gerichtlich nicht geltend gemacht. Die Klägerin rügt mit der Berufung weiter, entgegen der Ansicht des LG habe sie auch Beweis durch Vernehmung der Zeugin Q für die Tatsache angetreten, dass der Paketbinder auf dem Boden des Tankstellengeländes gelegen habe. Verfahrensfehlerhaft habe das LG in diesem Zusammenhang eine etwaige Aussage der Zeugin Q antizipiert und es unterlassen, einen Hi...