Leitsatz (amtlich)
1. Die Kausalität eines Unfalls für einen Erwerbsschaden durch bisher gescheiterte Wiedereingliederung in das Erwerbsleben kann zu verneinen sein, wenn die Lage des Arbeitsmarktes eine gesundheitlich mögliche und zumutbare Arbeitsaufnahme verhindert (Differenzierung zu BGH v. 2.4.1991 - VI ZR 179/90, MDR 1991, 602 = VersR 1991, 703).
2. Zwar trägt der Schädiger grundsätzlich die Beweislast dafür, dass der Geschädigte zur Verwertung der ihm verbliebenen Arbeitskraft das ihm Zumutbare getan hat; jedoch hat der Geschädigte im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht darzulegen, was er zur Erlangung einer ihm zumutbaren Arbeitsstelle unternommen hat.
Verfahrensgang
LG Bochum (Urteil vom 01.10.2003; Aktenzeichen 4 O 14/03) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 1.10.2003 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Bochum wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass von dem ausgeurteilten Betrag folgende Einzelbeträge an die Stadt Bochum zu zahlen sind:
- für Dezember 2002 ein Betrag von 786,51 Euro zzgl. Krankenversicherungsbeitrag von 95,98 Euro,
- für Januar 2003 ein Betrag von 839,25 Euro zzgl. Krankenversicherungsbeitrag von 111,86 Euro,
- für Februar 2003 ein Betrag von 839,25 Euro zzgl. Krankenversicherungsbeitrag von 111,86 Euro,
- für März 2003 ein Betrag von 839,25 Euro zzgl. Krankenversicherungsbeitrag von 119,51 Euro,
- für April 2003 ein Betrag von 839,25 Euro zzgl. Krankenversicherungsbeitrag von 114,41 Euro,
- für Mai 2003 ein Betrag von 839,25 Euro zzgl. Krankenversicherungsbeitrag von 114,41 Euro.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger seinerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Der 1969 geborene Kläger erlitt am 12.10.1985 als Motorradsozius einen Verkehrsunfall, für dessen Folgen die Beklagte dem Grunde nach unstreitig voll haftet. Der Kläger trug bei dem Unfall insb. eine dislozierte Oberschenkeltrümmerfraktur links mit der Entwicklung eines Kompartmentsyndroms sowie eine Verletzung der Halswirbelsäule in Form eines Dornfortsatzabrisses C 6/C 7 davon. Er musste sich wegen dieser Verletzungen wiederholt - zum Teil langandauernden - Krankenhausaufenthalten mit zahlreichen Operationen unterziehen. Nach amtsärztlicher Beurteilung v. 19.5.1992 sind für ihn nur "leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, halb- bis untervollschichtig (5 Std. täglich), witterungsgeschützt, mit der Möglichkeit der wechselnden Körperhaltung am Arbeitsplatz" zumutbar. Der zum Zeitpunkt des Unfalls in der Ausbildung zum Betriebsschlosser befindliche Kläger schulte in der Folgezeit zum Industriekaufmann um und beendete diese Ausbildung mit einem Abschlusszeugnis. Eine Arbeitsstelle hat er während des streitgegenständlichen Zeitraumes (Dezember 2001 bis Mai 2003) nicht erhalten.
Die Beklagte hat den Verdienstausfall des Klägers einschließlich Krankenversicherungsbeiträgen bis November 2001 - im Einverständnis mit dem Kläger - auf der Grundlage des Einkommens eines bei der Fa. F. GmbH arbeitenden "Vergleichsmanns" berechnet und ersetzt. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, dass dem Kläger auf dieser Berechnungsgrundlage für den Zeitraum von Dezember 2001 bis Mai 2003 ein Nettoverdienstausfall i.H.v. 27.360,32 Euro entstanden ist.
Der Kläger behauptet, dieser Ausfallschaden beruhe auf der unfallbedingten Minderung seiner Erwerbsfähigkeit. Mit der vorliegenden Klage begehrt er Ersatz seines in dieser Höhe bezifferten Erwerbsschadens. Die Beklagte tritt diesem Begehren entgegen. Sie bestreitet eine zu dem geltend gemachten Verdienstausfallschaden führende Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers und behauptet ferner, der Kläger habe die ihm obliegende Schadenminderungspflicht verletzt, indem er sich nicht in dem gebotenen Maße um eine Arbeitsstelle bemüht habe. In erster Instanz hatte sie darüber hinaus behauptet, der Schaden des Klägers sei dadurch verringert worden, dass er als Mietwagenfahrer für die Fa. I. OHG gearbeitet habe.
Das LG hat nach Vernehmung von Zeugen zur Frage einer verheimlichten entgeltlichen Beschäftigung des Klägers der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Es hat eine solche Beschäftigung als nicht bewiesen angesehen und die Verletzung einer Schadensminderungspflicht mangels substantiierten Vortrages der Beklagten zu der von ihr behaupteten unzureichenden Arbeitsplatzsuche des Klägers verneint.
Mit der gegen dieses Urteil gerichteten Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter, wobei sie die Verneinung einer Verletzung der Schadensminderungspflicht angreift und wegen erfolgter Sozialhilfeleistungen (Dezember 2001 bis Mai 2003) insoweit die Aktivlegitimation des Klägers bestreitet. Der Kläger hat daraufhin seinen Klageantrag nach Maßgabe des Tenors des Senatsurteils abgeändert.
II. Die zulässige Berufung ist - auch in der ...