Leitsatz (amtlich)
Die Werbung einer sog. Postenbörse mit durchgestrichenen "Statt"-Preisen ist mehrdeutig und damit irreführend, wenn nicht klargestellt ist, um was für einen Vergleichspreis es sich bei dem durchgestrichenen Preis handelt, und wenn nicht alle in Betracht kommenden Bedeutungen der Werbeaussage zutreffen.
Normenkette
UWG §§ 5, 8
Verfahrensgang
LG Münster (Urteil vom 05.10.2012; Aktenzeichen 23 O 115/12) |
Tenor
Auf die Berufung der Antragstellerin wird das am 5.10.2012 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des LG Münster abgeändert.
Die einstweilige Verfügung vom 3.9.2012 wird bestätigt.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A. Die Antragstellerin ist eine Warenhandelsgesellschaft. Sie importiert und vertreibt Waren unterschiedlichster Art.
Der Antragsgegner ist Lizenznehmer der F GmbH. Er betreibt eine Filiale unter der Firmierung "Q-Börse" in der T-Straße in...1 T3.
Die F GmbH ist ein überregionaler Restpostenhändler mit derzeit 73 Filialen. Sie gab unter dem 26.7.2012 eine Unterlassungserklärung (Anlage FN3 zur Antragsschrift vom 29.8.2012/Bl. 9 ff. d.A.) ab, wonach sie sich strafbewehrt unterwarf, es "zu unterlassen, mit durchgestrichenen Preisen zu werben, ohne dabei klarzustellen, um was für einen Preis es sich bei dem durchgestrichenen Preis handelt, insbesondere wenn dies ... mit einem durchgestrichenen Preis i.H.v. 19,99 EUR geschehen ist, wenn dieser Preis tatsächlich niemals verlangt worden ist".
Die F GmbH bewarb im August 2012 mit dem Prospekt Nr. 33/21B, und zwar auch über die Internetseite *Internetadresse* verschiedene Waren zu einem ausgezeichneten Preis und gab hinsichtlich einiger der angebotenen Artikel daneben oder darüber einen durchgestrichenen sog. Statt-Preis an, ohne diesen zu erläutern. Wegen der Einzelheiten des in Rede stehenden Prospektes Nr. 33/21B wird auf das als Anlage FN8 zur Antragsschrift vom 29.8.2012 zu den Akten gereichte Exemplar desselben (Bl. 18 ff. d.A.) Bezug genommen. Auf eine erneute Abmahnung unterwarf sich die F GmbH nicht.
Der vorbezeichnete Prospekt lag am 20.8.2012 auch in der Filiale des Antragsgegners aus. Die Antragstellerin mahnte ihn deswegen mit anwaltlichem Schreiben vom 24.8.2012 (Anlage FN11 zur Antragsschrift vom 29.8.2012/Bl. 28 ff. d.A.) erfolglos ab und forderte ihn zugleich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Der Antragsgegner reagierte hierauf nicht.
Auf den am 3.9.2012 beim LG Münster eingegangenen Antrag der Antragstellerin vom 29.8.2012 hat dieses dem Antragsgegner mit Beschluss vom 3.9.2012 im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel aufgegeben, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit durchgestrichenen Preisen zu werben, ohne dabei klarzustellen, um was für einen Vergleichspreis es sich bei dem durchgestrichenen Preis handelt, wie in den vom Antragsgegner in seinem Geschäft in der T-Straße in...1 T ausgelegten Prospekten "Q-Börse" mit der Bezeichnung 33/21 B (Anlage FN 6 zur Antragsschrift) ersichtlich geschehen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien erster Instanz einschließlich der Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das LG hat auf den Widerspruch des Antragsgegners die einstweilige Verfügung vom 3.9.2012 aufgehoben und den zugrunde liegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Es hat dies wie folgt begründet:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sei zulässig. Der Antragstellerin fehle nicht die Klagebefugnis. Sie habe mit der Geltendmachung der Unterlassungsansprüche nicht rechtsmissbräuchlich i.S.d. § 8 Abs. 4 UWG gehandelt.
Der Verfügungsgrund ergebe sich aus § 12 Abs. 2 UWG.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sei nicht begründet. Die Antragstellerin habe keinen Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG glaubhaft gemacht.
Hierbei könne dahinstehen, ob die Antragstellerin glaubhaft gemacht habe, Mitbewerberin des Antragsgegners i.S.d. §§ 2 Abs. 1 Nr. 3; 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG zu sein.
Denn der Antragsgegner habe durch die Auslage des Prospektes Nr. 33/21B in der von ihm betriebenen Filiale der Q-börse in T2 nicht unlauter gehandelt. Die "Statt"-Preise seien nicht irreführend i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG.
Denn die Werbung des Antragsgegners mit durchgestrichenen "Statt"-Preisen beziehe sich ganz überwiegend nicht auf Markenware. In dieser Situation liege kein Fall der Mehrdeutigkeit und damit keine Irreführung i.S.d. des BGH-Urteils "Preisgegenüberstellung III" vor. Für einen durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher ergäben sich in einem solchen Fall keine Anhaltspunkte für den Fehlschluss, mit den durchgestrichenen "Statt"-Preisen könnten unverbindlich empfohlene Herstellerpreise oder allgemein übliche Preise der Konkurrenz gemeint sein. Es handele sich für ...