Verfahrensgang

LG Dortmund (Entscheidung vom 05.11.2008; Aktenzeichen 10 O 208/06)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 16.03.2012; Aktenzeichen V ZR 98/11)

 

Tenor

Das am 05.11.2008 verkündete Urteil der I. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Dortmund (Az.: 10 O 208/06) wird abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 323.336,85 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.01.2007 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von weitergehenden Ansprüchen der Eigentümer, über deren Grundstücke eine Energieversorgungsleitung mit den nachfolgend in der Anlage bezeichneten Lichtwellenleiter-Kabeln verläuft, zu einem Anteil von 50 % des jeweiligen Anspruchs freizustellen, soweit die Ansprüche auf den Vorschriften der §§ 57 (2) Satz 2 TKG 1996, 76 (2) Satz 2 TKG und der Nutzung dieser Kabel durch die Beklagte zu Zwecken der Telekommunikation beruhen.

Die Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz tragen die Klägerin zu 48 % und die Beklagte zu 52 %.

Die Kosten der Berufung tragen die Klägerin zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Gemäß § 540 Abs.1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen, soweit sich aus dem Nachfolgenden nichts anderes ergibt.

Die Klägerin ist ein Energieversorgungsunternehmen und gehört dem E Konzern an. Sie firmierte vormals unter "T GmbH".

Die Beklagte ist Anbieterin von Telekommunikationsleistungen.

Mit der Klage nimmt die Klägerin die Beklagte im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs in Anspruch wegen von der Klägerin gezahlter bzw. noch zu zahlender Nachentschädigungsansprüche gem. den §§ 57 Abs. 2 S. 2 TKG a.F. bzw. § 76 Abs. 2 S. 2 TKG n.F.

Das Leitungsnetz diente ursprünglich der Energieversorgung und ist seit den 1990er Jahren nach und nach mit sog. Lichtwellenleiterkabeln (LWL-Kabeln) ausgestattet worden, die für die Telekommunikation genutzt werden können. Nachdem die LWL-Kabel zunächst der Steuerung und internen Kommunikation des Energieversorgers dienten, werden sie inzwischen für die öffentliche Telekommunikation genutzt.

Rechtsvorgänger der Parteien sind die F AG und die U GmbH.

Unter dem 29.11.1996 und 03.11.1997 schlossen die F AG und die U GmbH Rahmenverträge über die Nutzung und Vermarktung von Netzinfrastrukturen zum Zwecke der Telekommunikation ab. Wegen der Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Verträge (Bl. 1068 ff., 1088 ff. d.A.) Bezug genommen. Die U GmbH begann bereits in dieser Zeit mit der Nutzung der LWL-Kabel zum Zwecke der Telekommunikation.

Unter dem 24.11.1999 schlossen die F AG und die U GmbH einen schriftlichen Infrastruktur- und Vermarktungsvertrag, der das bereits zwischen ihnen bestehende Vertragsverhältnis neu gestaltete. Danach gestattete die F AG der U GmbH für einen Zeitraum von 30 Jahren (§ 12) die ausschließliche Nutzung und Vermarktung ihres Telekommunikationsnetzes, bestehend aus ca. 1.100 km oberirdisch und 180 km unterirdisch geführten LWL-Kabeln. Zur Nutzung und Vermarktung überlassen wurden gem. § 2 alle gegenwärtigen und künftigen TK-Linien, ausgenommen bestimmter reservierter Fasern für interne Zwecke der Energieversorgung. Die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses betroffenen TK-Linien der F AG wurden dem Vertrag als Anlage 1 beigefügt; diese Anlage sollte bei Netzausbau fortgeschrieben werden. Für die Unterhaltung des Leitungsnetzes ist gem. § 9 die F AG zuständig. Gem. § 11 fiel für das Nutzungsrecht eine einmalig zu zahlende Vergütung an; für die Unterhaltung des TK-Netzes durch die F AG ist eine jährliche Vergütung zu zahlen. Wegen der Einzelheiten der Vertragsgestaltung wird auf den Vertrag (Bl. 64-82 d.A.) nebst Anlage 1 und Anlage 2 (Bl. 243 ff. d.A.) Bezug genommen.

Der Vertrag wurde in der Folgezeit - so in den Jahren 2002 und 2004 - teilweise abgeändert. So wurde mit Vertrag vom 18.06.2002 (Bl.274 ff. d.A.) die Laufzeit auf 24 Jahre und im Gegenzug das einmalige Entgelt verringert.

Die Klägerin wurde im Verlauf der letzten Jahre wegen der erweiterten Nutzung des Leitungsnetzes für die Zwecke der kommerziellen Telekommunikation als Rechtsnachfolgerin der F AG von Eigentümern der Grundstücke, über die die Leitungen führen, gem. §§ 57 Abs.2 S.2 TKG a.F. bzw. § 76 Abs.2 S.2 TKG n.F. auf Zahlung einer Nachentschädigung in Anspruch genommen. Im Rahmen zweier Musterprozesse stellte der Bundesgerichtshof im Jahr 2005 klar, dass der Nachentschädigungsanspruch des Grundstückseigentümers (auch) gegen den Energieversorger besteht (BGH Urt. vom 17.06.2005, V ZR 202/04; Urt. vom 16.09.2005, V ZR 242/04). Zur Vermeidung weiterer Prozesse führte die Klägerin sodann - unter Erklärung eines V...

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