Entscheidungsstichwort (Thema)

Kaskoversicherung: äußeres Bild einer Entwendung, Redlichkeitsvermutung zugunsten des Versicherungsnehmers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Versicherungsnehmer kann in der Kasko-Versicherung die Voraussetzungen des äußeren Bildes eines Pkw-Diebstahls durch seine eigenen Angaben beweisen, wenn seine Redlichkeit nicht erschüttert ist.

Es obliegt dem Versicherer Umstände darzulegen und ggf. zu beweisen, die zu einer Erschütterung der Redlichkeitsvermutung führen.

2. Die Redlichkeit des Versicherungsnehmer ist jedenfalls dann erschüttert, wenn feststeht, dass der Versicherungsnehmer

- eine in den Pkw eingebaute Zusatzsicherung (hier: Zündungssperre sim 4.2) auf Frage des Versicherers nicht angibt und

- trotz eindeutiger Hinweise des Versicherers - nicht bei der deutschen Polizei anzeigt und den Versicherer hierüber falsch informiert und

- dem Versicherer ein mit dem - wahren oder vermeintlichen

- Dieb geführtes Handygespräch, im welchem dem Versicherungsnehmer der "Rückerwerb" des gestohlenen Pkw gegen Zahlung eines Lösegeldes angeboten wird, nicht offenbart.

 

Verfahrensgang

LG Essen (Urteil vom 06.10.2008; Aktenzeichen 1 O 20/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 6.10.2008 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Essen abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer bei dieser unter Geltung der AKB genommenen Kaskoversicherung (Selbstbeteiligung 500 EUR) auf Zahlung einer Entschädigung aufgrund eines behaupteten Diebstahls des versicherten Pkw BMW 645 Coupé CI, amtl. Kennzeichen ..., in Anspruch.

Am 6.2.2006 erstattete der Kläger Strafanzeige bei der polnischen Polizei in O und gab an, dass ihm in der Nacht vom 5.2.2006 auf den 6.2.2006 sein bei der Beklagten versichertes Fahrzeug entwendet worden sei (Bl. 9 d.A.). Das Fahrzeug hatte zu diesem Zeitpunkt einen Wert von 62.640 EUR und wies eine Gesamtlaufleistung von 15.144 km auf.

Im Einzelnen machte der Kläger ggü. der Polizei ausweislich des - übersetzten - Protokolls v. 6.2.2006 (Bl. 75 ff. d.A.) folgende Angaben: Er habe das entwendete Fahrzeug am Abend des 5.2.2006 um 21.30h in der Garagenbox geparkt, die zur Wohnung einer Kollegin namens N R gehöre. Als Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs gab der Kläger "gegen 10.000 km" an. Er habe den Wagen vor drei Monaten bei einem BMW Autohaus in München erworben. Anfang Dezember habe er in K eine Zündungssperre montieren lassen. Hierfür besitze er nur eine Chipkarte. Der Kläger gab an, Eigentümer der Firma "X" in O zu sein. Zudem teilte der Kläger mit, vor zwei Wochen über den Grenzübergang in Swiecko nach Polen gekommen zu sein. Sein ständiger Wohnsitz sei seit 20 Jahren Berlin.

Bei der Anzeigenerstattung bei der polnischen Polizei erhielt der Kläger auf seinem Handy ein Telefonat, in welchem ihm angeboten wurde, das Fahrzeug gegen eine Zahlung von 50.000 Zloty wieder zu beschaffen. Laut einer amtlichen Notiz der polnischen Polizei verweigerte der Kläger die Angabe der Personalien seines Gesprächspartners wie auch alle Informationen betreffend den Versuch der Erpressung des Lösegeldes (Bl. 82 d.A.).

Die Kollegin des Klägers, Frau N R, gab bei ihrer Vernehmung durch die polnische Polizei an, dass zu ihrer Wohnung keine Garage in der Tiefgarage gehöre (Bl. 87 d.A.).

Der Kläger informierte die Beklagte noch am 6.2.2006 telefonisch über den Diebstahl. Am 13.2.2006 übersandte die Beklagte dem Kläger ein Formular zur Schadensanzeige (Bl. 14). Zudem wurde der Kläger schriftlich darauf hingewiesen, dass Diebstahlschäden im Ausland unverzüglich der deutschen Polizei angezeigt werden müssten (Bl. 11 d.A.).

Am 21.2.2006 übersandte der Kläger der Beklagten eine ausgefüllte und unterschriebene Schadensanzeige (Bl. 14 ff. d.A.). Die Frage

"Haben Sie der deutschen Polizei am Zulassungsort Ihres Fahrzeuges ebenfalls den Kfz-Diebstahl gemeldet? Wann haben Sie dort Anzeige erstattet?"

blieb unbeantwortet. Der Kläger gab in der Schadensanzeige an, dass er am 4.2.2006 über "Berlin - O - Salzburg - Berlin" am Ort des Diebstahls angekommen gewesen sei. Als Gesamtfahrleistung gab er "13.000 km bin aber nicht sicher" an. Auf die Frage, wie das Fahrzeug zum Diebstahlzeitpunkt gesichert gewesen sei, unterstrich der Kläger bereits vorhandene Fragealternativen, u.a. die einer elektronischen Wegfahrsperre, fügte aber selbst keine weitere Alternative ein. Insbesondere trug der Kläger nicht ein, dass das Fahrzeug über eine Zündungssperre verfügte ("Superwegfahrsperre" sim 4.2, vgl. Bl. 92 d.A.).

Am 9.3.2006 meldete der Kläger das Fahrzeug bei dem Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten in Berlin ab (Bl. 20 d.A.). Eine Meldung des Diebstahls bei der deutschen Polize...

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