Leitsatz (amtlich)
Objektiv falsche Angaben in der Schadensanzeige erschüttern zumindest dann noch nicht die dem Versicherungsnehmer in der Teilkaskoversicherung zukommende Redlichkeitsvermutung, wenn der Versicherungsnehmer behauptet, zu den Falschangaben sei es nur auf Grund seiner ungenügenden Deutschkenntnisse und daraus resultierender Missverständnisse mit einem Dritten, der ihm beim Ausfüllen des Formulars geholfen habe, gekommen, vielmehr kann es geboten sein, die behaupteten Umstände für die Falschangaben näher aufzuklären.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Urteil vom 09.01.2013; Aktenzeichen 11 O 761/12) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das am 9.1.2013 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Magdeburg, Az.: 11 O 761/12, wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufungsinstanz trägt der Kläger.
3. Das Urteil ebenso wie das angefochtene Urteil des LG Magdeburg vom 9.1.2013 ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die beklagte Versicherung wegen eines zwischen den Parteien umstrittenen Diebstahls seines Pkw der Marke VW aus einer Teilkaskoversicherung in Anspruch.
Der Kläger hatte das Fahrzeug gebraucht am 28.2.2011 für 13.000,- EUR erworben und bei der Beklagten mit einer vereinbarten Selbstbeteiligung von 150,- EUR kaskoversichert.
Am 9.6.2011 zeigte er beim Polizeirevier in M. den Pkw, der zu diesem Zeitpunkt eine tatsächliche Laufleistung von rund 200.000 km aufwies und dessen Originaltachometer zuvor ausgetauscht worden war, als gestohlen an.
In dem ihm daraufhin von der Polizei übersandten und nach Ausfüllen von ihm unterschriebenen Fragebogen ist auf die Frage Welchen Kilometerstand/Gesamtlaufleistung hatte Ihr Fahrzeug zum Diebstahlszeitpunkt? handschriftlich der Wert 160.595 eingetragen worden (Bl. 43 d.A.).
Zudem unterschrieb der Kläger einen ihm von der Beklagten übermittelten Fragebogen, in dem sich u.a. folgende Fragen und Antworten (Bl. 60 d.A.) finden:
5. Verfügt das Fahrzeug noch über den Original-Tachometer oder -Kilometerzähler?
Hier ist die Antwortvariante Ja angekreuzt worden.
6. Wurde der Kilometerstand technisch oder mechanisch verändert?
Als Antwort ist Nein angekreuzt worden.
7. Welche Lauf- oder Betriebsleistung hatte das Fahrzeug am Schadentag?
Unter Tacho: Abgelesen ist in die formularmäßig vorgesehene Lücke 160.595 km und zur Gesamtleistung ebenfalls der Wert 160.595 km eingetragen worden.
Der Kläger hat behauptet, er habe sein Fahrzeug am 8.6.2011 abends nach der Arbeit in der Nähe seiner Wohnung vor dem Haus F. Straße 49 in M. verschlossen abgestellt und dieses am nächsten Morgen gegen 06:00 Uhr dort nicht mehr vorgefunden.
Da er weder in Deutschland geboren noch aufgewachsen sei, habe er wegen seiner Sprachschwierigkeiten die Formulare nicht selbst ausgefüllt, sondern dies teilweise von dem Versicherungsmakler Dr. T. H. und im Übrigen von seinem Sohn S. C. erledigen lassen. Sein Sohn habe ihn in Unkenntnis des Tachometeraustausches lediglich nach dem Kilometerstand gefragt, ohne überhaupt die weiteren Fragen zu einem Auswechseln des Tachometers vorzulesen. Anschließend habe er, der Kläger, den ausgefüllten Fragebogen quasi blind, ohne die Antworten zu überprüfen, unterschrieben.
Der Kläger hat beantragt, festzustellen, dass die Beklagte aus dem mit ihm geschlossenen Kfz-Kaskoversicherungsvertrag mit der Versicherungsschein-Nummer:... verpflichtet sei, ihm den um den vereinbarten Selbstbehalt verminderten Schaden aus dem Diebstahl seines Pkw ... in der Nacht vom 08. auf den 9.6.2011 zu ersetzen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat einen Diebstahl des Fahrzeugs bestritten. Auf Grund der mehrfach falschen Angaben zur Laufleistung des Fahrzeugs könne der Kläger nicht mehr als redlich gelten, weshalb auch seine Angaben zu dem behaupteten Diebstahlsgeschehen nicht verlässlich seien. Daneben scheide wegen der Falschangaben ein Entschädigungsanspruch aber auch wegen Verletzung einer Aufklärungsobliegenheit aus.
Das LG hat die Klage mit Urteil vom 9.1.2013 (Bl. 103 - 108 d.A.) abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger sei auf Grund der unzutreffenden Antworten zur Fahrleistung seines Pkw nicht mehr als redlich anzusehen, wobei es für diese Einschätzung ohne Belang sei, ob er oder ein Dritter die Formulare ausgefüllt habe, da er sich die falschen Angaben wegen seiner geleisteten Unterschrift wie eigene zurechnen lassen müsse. Damit sei der Kläger in Ermangelung von Zeugen für das behauptete Diebstahlgeschehen letztlich beweisfällig geblieben.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er vor allem beanstandet, das LG habe, ohne ihn zuvor persönlich anzuhören, unzulässigerweise bereits allein auf Grund der Falschangaben in den Formularen auf seine Unredlichkeit geschlossen. Der Umstand, dass er der deutschen Sprache nicht mächtig sei und es deshalb zu Missverständnissen und falschen Antworten beim Ausfüllen der Fragebögen gekommen sei, genüge nicht, um ihm seine Redlichkeit abzusprechen.
Der Kläger, de...