Leitsatz (amtlich)
1. Verstöße gegen das Provisionsabgabeverbot oder gegen § 7 Abs. 2 VAG führen regelmäßig nicht zur Nichtigkeit des Versicherungsvertrages.
2. Bei einer Vertragsänderung bedarf es der erneuten Einwilligung des Versicherten nur, wenn sein Risiko beeinflussende Umstände (BGH VersR 1999, 347) abgeändert werden.
Normenkette
BGB § 134; VVG § 159 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Dortmund (Aktenzeichen 10 O 222/00) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 7.11.2001 verkündete Urteil der I. Kammer für Handelssachen des LG Dortmund wird zurückgewiesen. Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beide Parteien können die Sicherheit auch durch schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstitutes erbringen.
Tatbestand
Die Klägerin, eine GmbH & Co KG, nimmt die Beklagte auf Rückzahlung von Prämien aus zwei Lebensversicherungen in Anspruch.
Die Klägerin benötigte zur Finanzierung eines Gewerbeparks in … Fremdfinanzierungsmittel i.H.v. 11 Mio. DM. Die Erstellung eines Finanzierungskonzeptes sowie die Beschaffung der vorgenannten Mittel oblag gegen entsprechendes Honorar der Firma … (im Folgenden Fa. …), deren Geschäftsführer der Ehemann der Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH der Klägerin ist. Die letztgenannte Firma erstellte das nachfolgend beschriebene Finanzierungskonzept und vermittelte die in Rede stehenden Verträge. So schloss die Klägerin mit der … im Mai 1995 zwei Darlehnsverträge: einen Vertrag über 3,3 Mio. DM mit zweiprozentiger Tilgung und einem Zinssatz von 8 % sowie einen weiteren Vertrag über 7,7 Mio. DM zu einem Zins von 6,47 % und ausgesetzter Tilgung. Die Konditionen des letztgenannten Vertrages galten nur bei „Zuzahlung” eines Betrages von 770.000 DM durch die Fa. …, Abschluss einer Lebensversicherung bei der Beklagten und Zahlung der entsprechenden Prämien für die Dauer der ersten 10 Jahre; anderenfalls war der Zuschuss gestaffelt zurückzuzahlen bzw. sollte der Zinssatz erhöht werden. Auf den Inhalt der vorgenannten Verträge (Bl. 79 ff. der Anlagen zur Klageschrift vom 7.12.2000) wird Bezug genommen.
Die Klägerin schloss ferner etwa zeitgleich bei der Beklagten zwei als „Kapitalversicherung mit festem Auszahlungstermin” bezeichnete Lebensversicherungen ab. Zur Vers.-Nr. … (im Folgenden 03) ist als „anfängliche Versicherungssumme” ein Betrag von 14.087.500 DM genannt; die Laufzeit des Vertrages sollte 46 Jahre betragen. Versicherte Person war der 1989 geborene A.M., das Antragsformular enthält insoweit die schriftlichen Zustimmungserklärungen seiner gesetzlichen Vertreter. Versicherungsnehmer dieses Vertrages war ursprünglich ein K.B., auf das Antragsformular vom 6.10.1994 (Bl. 29 f. der Akte) und den Versicherungsschein vom 6.12.1994 (Bl. 100 f. der Akte) wird Bezug genommen. Unter dem 21.4.1995 beantragte die Klägerin die Übernahme dieses Vertrages; die gesetzlichen Vertreter des versicherten A.M. gaben dazu unter dem 18.7.1995 eine „Einverständniserklärung” (Bl. 28 der Akten), auf deren Inhalt Bezug genommen wird, ab. Mit Datum vom 27.3.1998 erteilte die Klägerin ihre Zustimmung zum Austausch der Gefahrperson A.M. gegen die 1976 geborene Tochter der Geschäftsführerin der klägerischen Komplementär-GmbH, J.M.; diese stimmte dem mit Formular vom 20.8.1998 (Bl. 105 der Akten), auf dessen Inhalt ebenfalls Bezug genommen wird, zu.
Der zweite Lebensversicherungsvertrag wurde zur Nummer … (im Folgenden 05) unter dem 14.4.1995 beantragt und am 26.5.1995 policiert. Versichert wurde das Leben des 1984 geborenen Sohnes der Geschäftsführerin der klägerischen Komplementär-GmbH; das Antragsformular enthält die Unterschriften der gesetzlichen Vertreter der Gefahrsperson. Die Laufzeit sollte ebenfalls 46 Jahre betragen, als Erlebensfallsumme war ein Betrag von 20.721.075 DM angegeben. Ausweislich des Versicherungsscheines war als Versicherungsnehmer die Firma … bezeichnet; im Nachtrag vom 12.8.1999 ist die Firma … angeführt. Auf das Antragsformular vom 14.4.1995 (Bl. 69 der Anlagen zur Klageschrift), den Versicherungsschein vom 26.5.1995 (Bl. 62 der Anlagen zur Klageschrift) sowie den Nachtrag vom 12.8.1999 (Bl. 58 der Anlagen zur Klageschrift) wird Bezug genommen. Beide Lebensversicherungen sollten im Todesfall beitragsfrei gestellt werden; aus den Rückkaufswerten sollten nach ca. 15 Jahren die Kredite getilgt werden.
Die Beklagte zahlte an die Fa. … Vermittlungsprovisionen von insgesamt 1,435 Mio. DM; davon erhielt die Klägerin – durch Direktzahlung seitens der Beklagten – 770.000 DM zum Vertrag 05 und 250.000 DM zum Vertrag 03; die Beträge dienten der Subventionierung von Zins und Tilgung. Zur Sicherung etwaiger Provisionsrückzahlungsansprüche der Beklagten wurden diverse Abtretunge...