Entscheidungsstichwort (Thema)
Formerfordernis des § 311b Abs. 3 BGB (notarielle Beurkundung) gilt auch für die Verpflichtung zur Übertragung des gegenwärtigen Vermögens einer GmbH
Verfahrensgang
LG Siegen (Urteil vom 29.10.2010; Aktenzeichen 2 O 440/08) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 29.10.2010 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Siegen wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Nach § 540 Abs. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen, soweit sich aus dem Nachfolgenden nichts anderes ergibt.
Gegen das Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie rügt:
Das LG habe die Vorschrift des § 311b Abs. 3 BGB fehlerhaft angewendet. Es habe nicht berücksichtigt, dass die Verkäuferin weiter zu 50 % an der Käuferin beteiligt sei und die GbR daher ohne Zustimmung der Klägerin nicht über den Kaufgegenstand verfügen könne. Weiter sei nicht berücksichtigt worden, dass es sich faktisch nicht um ein Unternehmenskauf im Sinne eines Asset-Deal, sondern um die Hereinnahme des Beklagten in die neu gegründete BGB-Gesellschaft handele. Dies ergebe sich aus § 6 des Kaufvertrages, wonach der Beklagte nur die Hälfte des Kaufpreises zahlen, die andere Hälfte buchhalterisch verrechnet werden sollte. Auch sei der Beklagte nicht schutzwürdig, da ihm durch Einsicht in die Buchhaltung und durch die Mitarbeit im Unternehmen die Informationen über den Kaufgegenstand bekannt gewesen seien. Ferner gebe es keine Rechtsgrundlage und kein Erfordernis, § 311b Abs. 3 BGB auf juristische Personen auszudehnen. Die Vorschrift diene nicht dem wirtschaftlichen Bereich, sondern der Rechtssicherheit, dem Schutz der Kontrahenten vor Übereilung und der Verhütung von Umgehungsgeschäften für Verfügungen von Todes wegen. Wenn der Geschäftsbetrieb der Klägerin in Form einer Einzelfirma betrieben worden wäre, hätte auch eine BGB-Gesellschaft errichtet werden können, ohne dass hierfür irgendeine Form hätte eingehalten werden müssen.
Die Klägerin beantragt, abändernd den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 142.297 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 2.11.2008 zu bezahlen, hilfsweise den Beklagten zu verurteilen, den Betrag von 142.297 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 2.11.2008 an die BGB-Gesellschaft H GmbH/T2 zu bezahlen, hilfsweise den Rechtsstreit an das LG zurück zu verweisen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und ergänzt sein erstinstanzliches Vorbringen. Er beruft sich darauf, dass die Verträge nur zum Schein unterschrieben worden seien, da die Parteien weiterhin die Übertragung von GmbH-Anteilen gewollt hätten. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die GbR gekündigt worden sei, bevor sie überhaupt in Vollzug gesetzt wurde. Durch die Kündigung dieses Vertrages sei die Geschäftsgrundlage für den Kaufvertrag entfallen.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung des hälftigen Kaufpreises nach § 433 Abs. 2 BGB i.V.m. § 128 HGB analog gegen den Beklagten aus dem am 29.9.2008 zwischen der Klägerin und der H/T2-BGB-Gesellschaft geschlossenen Kaufvertrag, da der Vertrag gem. §§ 311b Abs. 3, 125 S. 1 BGB nichtig ist.
1.a) Durch den Vertrag verpflichtete sich die Klägerin zur Übertragung ihres gegenwärtigen Vermögens in "Bausch und Bogen", was sich aus dem Wortlaut des § 2 des Vertrages ergibt. An die hierzu vom LG getroffenen Feststellungen ist der Senat gem. § 529 ZPO gebunden, da keine Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Feststellungen bestehen. Die Berufungsbegründung enthält insoweit keinen ausreichenden Berufungsangriff gem. § 520 Abs. 3 ZPO.
Soweit mit Schriftsatz vom 17.3.2010 der erstinstanzliche Vortrag wiederholt und der Geschäftsführer der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 26.3.2010 angegeben hat, es habe nur der Laden in Q veräußert werden sollen und darüber seien sich die Parteien einig gewesen, ergeben sich keine Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des LG. Zum einen spricht der Wortlaut von § 2 des Vertrages gegen diese Behauptung der Klägerin. In § 2 des Vertrages heißt es: "Hiermit verkauft die H ihre gesamte Aktiva und/inkl. den kompletten Laden in Q (Inventar und Inventurgegenstände) an H/T2". Daraus ergibt sich eindeutig, dass nicht nur der Geschäftsbetrieb des Ladens in Q und das sich darauf beziehende Aktivvermögen der Klägerin veräußert werden sollten, sondern auch die weitere...