Leitsatz (amtlich)

Zur Haftung eines Bauunternehmers, der die Erschließungsaufgaben einer Gemeinde übernommen hat, für einen mit einer Rückstausicherung vermeidbaren Rückstauschaden.

 

Verfahrensgang

LG Essen (Aktenzeichen 12 O 282/00)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das am 10.6.2001 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des LG Essen wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

(Ohne Tatbestand gem. § 543 Abs. 1 ZPO a.F.)

 

Gründe

Die Berufung der Kläger ist unbegründet. Der Beklagte haftet nicht für den Schaden, den die Kläger bei der Überflutung ihres Kellers am 31.10./1.11.1998 erlitten haben.

Die Voraussetzungen für eine vertragliche Haftung des Beklagten (aus positiver Forderungsverletzung) oder für seine deliktische Haftung (aus § 823 BGB) liegen nicht vor.

A. Der Beklagte hat den Klägern den geltend gemachten Schaden selbst dann nicht zu ersetzen, wenn er für eine Verschlammung des Regenversickerungsbeckens beim Schadensfall am 31.10./1.11.1998 verantwortlich ist (I.). Eine ihm ggü. den Klägern obliegende Hinweispflicht hat er nicht verletzt (II.).

I. Es kann dahinstehen, ob der Beklagte dafür verantwortlich ist, dass das Regenversickerungsbecken beim Schadenseintritt verschlammt war, so dass seine Versickerung nicht mehr richtig funktionierte. Dieser Umstand begründet die Haftung des Beklagten nicht, selbst wenn er für den Wasserschaden im Keller der Kläger mitursächlich war. Es fehlt an der Schadenszurechnung. Der Geschädigte hat nachzuweisen, dass der von ihm geltend gemachte Schaden dem Schädiger zuzurechnen ist. Diesen Nachweis haben die Kläger nicht führen können. Es steht nicht fest, dass der Schaden auch dann entstanden wäre, wenn in dem Überlauf der Regenzisterne der Kläger eine funktionsfähige Rückstausicherung eingebaut gewesen wäre. Das wirkt sich zu Lasten der Kläger aus, weil der Schaden dem Beklagten nicht zuzurechnen ist, wenn er bei dem Einbau einer funktionsfähigen Rückstausicherung im Überlauf der Zisterne verhindert worden wäre.

Im Einzelnen:

1. Bei einer fehlenden Rückstausicherung haftet der Beklagte ggü. den Klägern nicht für einen Schaden, der durch den Rückstau von Wasser aus der Kanalisation verursacht wird, wenn dieser mit einer funktionsfähigen Rückstausicherung verhindert worden wäre.

In der Rechtsprechung des BGH ist anerkannt (vgl. BGH VersR 1999, 230 f.), dass eine Gemeinde ggü. einem Grundstückseigentümer für einen Rückstauschaden weder aus Amtshaftung noch aus einem öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnis haftet, wenn der Schaden darauf beruht, dass der Grundstückseigentümer entgegen der Entwässerungsatzung keine Rückstausicherung eingebaut hat und eine solche den Schadenseintritt verhindert hätte. Dieser Schaden liegt außerhalb der (möglicherweise) verletzten Amts- oder Vertragspflicht. Ein Grundstückseigentümer kann nicht darauf vertrauen, vor Rückstauschäden bewahrt zu bleiben, die durch einen normalen, durch die üblichen Sicherheitsvorkehrungen auszugleichenden Rückstau entstehen.

Dieser Haftungsgrundsatz gilt auch im Verhältnis der Parteien zueinander. Mit dem notariellen Vertrag vom 18.3.1996 hat sich der Beklagte ggü. der Gemeinde Sch. zur Herstellung der Erschließungsanlagen verpflichtet. Er hat sich sodann in dem mit den Klägern am 24.6.1997 abgeschlossenen Grundstückskaufvertrag dazu verpflichtet, die der Gemeinde geschuldete Erschließungsleistung zu erbringen. Damit haben die Vertragsparteien zum Ausdruck gebracht, dass der Beklagte (und nicht die Gemeinde Sch.) die Erschließungsanlagen erstellten sollte. Im Verhältnis zu den Grundstückseigentümern hat der Beklagte insoweit die Erschließungsaufgaben einer Gemeinde übernommen. Das rechtfertigt es, ihm im Verhältnis zu den Klägern die gleichen Rechte zuzubilligen und Pflichten aufzuerlegen, die eine Gemeinde gehabt hätte, wenn sie die Erschließung in eigener Verantwortung durchführen würde. Damit kann sich der Beklagte ggü. den Grundstückseigentümern bei einem mit einer Rückstausicherung vermeidbaren Rückstauschaden auch auf die fehlende Schadenszurechnung berufen.

Für einen derartigen Schaden müsste die Gemeinde Sch. nicht haften, da § 3 Nr. 5 ihrer im Schadenszeitpunkt gültigen Grundstücksentwässerungssatzung vom 14.9.1990 den jeweiligen Grundstückseigentümer dazu verpflichtete, sein Grundstück bis zur Rückstauebene, hier der Straßenoberkante, vor einem Rückstauschaden zu sichern. Diese Verpflichtung galt für alle Grundstücksentwässerungsanlagen, sie erfasste mithin die Einleitung von Schmutz- und Niederschlagswasser. Abgesehen von der Entwässerungssatzung ergab sie sich auch aus dem dem Baugebiet zugrunde liegenden Vorhabens- und Erschließungsplan der Gemeinde.

Den Inhalt der im Schadenszeitpunkt geltenden Entwässerungssatzung hat der Senat mit der Aussage des Zeugen S., des Leiters des Tiefbauamtes der Gemeinde Sch., im Senatstermin vom 6.6.2002 aufklären können. Der Zeuge hat dem Senat die einschlägige Entwässerungssatzung vorgestellt, wobei d...

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