Verfahrensgang
LG Bochum (Urteil vom 12.07.1995; Aktenzeichen 2 O 146/95) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 12. Juli 1995 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer des Klägers beträgt 45.150,00 DM.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
I.
Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Schadensersatz zu, weil er nicht bewiesen hat, daß der Beklagte seine Pflichten aus dem mit dem Kläger zustandegekommenen Anwaltsvertrag verletzt hat.
1.
Der um Rat gebetene Rechtsanwalt muß seinen Auftraggeber umfassend und erschöpfend belehren. Er muß den ihm vorgetragenen Sachverhalt dahin prüfen, ob er geeignet ist, den vom Auftraggeber erstrebten Erfolg herbeizuführen. Der Anwalt hat seinem Mandanten diejenigen Schritte zu empfehlen, die zu dem erstrebten Ziel führen können. Er muß den Auftraggeber vor Nachteilen bewahren, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind. Dazu hat der Anwalt seinem Mandanten den, sichersten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant eine sachgerechte Entscheidung treffen kann. Zweifel und Bedenken, zu denen die Sachlage Anlaß gibt, muß der Anwalt darlegen und mit seinem Auftraggeber erörtern (BGH NJW 1995, 449, 451; NJW 1994, 1211, 1212; NJW 1993, 1320, 1322). Welche konkreten Pflichten aus diesen allgemeinen Grundsätzen abzuleiten sind, richtet sich nach dem erteilten Mandat und den Umständen des Falles (BGH NJW 1988, 1080, 1081; NJW 1995, 52).
Als der Kläger den Beklagten am 8. März 1994 aufsuchte, ging sein Anliegen dahin, sich wegen der Möglichkeiten der Erhöhung der ihm angebotenen Sozialplanabfindung beraten zu lassen. Die Erhaltung seines Arbeitsplatzes stand für ihn nicht im Vordergrund, wie daraus folgt, daß der Kläger bei seiner persönlichen Anhörung durch den Senat erklärt hat, daß er sich schon vor dem Besuch bei dem Beklagten keine Hoffnungen gemacht habe, wieder eingestellt zu werden.
Der Beklagte war gehalten, die für die Erfolgsaussichten des Begehrens relevanten Umstände abzuklären und den Kläger anschließend umfassend über Risiken und Chancen der in Betracht kommenden Schritte zu belehren. Nach seiner unwiderlegten Einlassung hat der Beklagte diese Pflichten nicht verletzt.
2.
Zunächst hat der Kläger nicht widerlegt, daß der Beklagte am 8. März 1994 den für die Erfolgsaussichten des Begehrens des Klägers relevanten Sachverhalt aufgeklärt hat, soweit dies möglich war. Im Rahmen seiner Aufklärungspflicht (Informationsbeschaffungspflicht) muß der Rechtsanwalt zunächst einmal die schriftlichen Unterlagen genau studieren (Rinsche, Die Haftung des Rechtsanwalts und des Notars, 5. Aufl., Rdn. I 90). Er muß sich sodann durch entsprechende Befragung des Mandanten die notwendigen Informationen beschaffen (Rinsche, a.a.O., Rdn. I 83). Dabei muß er sich bemühen, ein möglichst vollständiges und objektives Bild der Sachlage zu gewinnen (vgl. BGH NJW 1961, 601, 602; NJW 1985, 1154, 1155; NJW 1994, 1472, 1474). Bei der Ermittlung der Umstände ist der Beklagte davon ausgegangen, daß das Ziel des Klägers allenfalls dann erreicht werden konnte, wenn eine Kündigungsschutzklage erhoben würde. Dieser rechtliche Ausgangspunkt ist nicht zu beanstanden. Für außergerichtliche Vergleichsverhandlungen bestand am 8. März 1994 nämlich kaum mehr Zeit. Da die Kündigung dem Kläger am 21. Februar 1994 zugegangen war, endete die Frist von 3 Wochen für die Erhebung einer Kündigungsschutzklage (§ 4 KSchG) am 14. März 1994. Mit Ablauf der Frist verschlechterte sich die Verhandlungsposition des Klägers entscheidend, weil eine Kündigung dann gemäß § 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam gilt.
Da es dem Kläger zumindest nicht vornehmlich um die Erhaltung seines Arbeitsplatzes, sondern um die Erhöhung der Sozialplanabfindung ging, durfte sich der Beklagte bei der Ermittlung der maßgeblichen Umstände nicht auf die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage beschränken, sondern mußte aufklären, inwieweit die Möglichkeit bestand, im Rahmen einer Kündigungsschutzklage für den Kläger eine höhere Abfindung zu erzielen. Die Beantragung der gerichtlichen Festsetzung einer Abfindung nach §§ 9, 10 KSchG war aus damaliger Sicht wenig erfolgversprechend. Voraussetzung für eine gerichtliche Festsetzung ist nämlich nicht nur, daß die Kündigung unwirksam ist, sondern auch, daß dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten ist. Allein eine unbegründete ordentliche Kündigung reicht hierfür nicht aus. Es müssen tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß das Vertrauensverhältnis ohne wesentliches Verschulden des Arbeitnehmers zerrüttet ist oder daß er bei einer Rückkehr in den Betrieb nicht mehr einwandfrei behandelt wird (vgl. Hueck/v. Hoyningen-Huene, KSchG, 11. Aufl., § 9 Rdn. 33). Derartige A...