Verfahrensgang
LG Paderborn (Urteil vom 02.09.1999; Aktenzeichen 3 O 229/99) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 02. September 1999 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer der Klägerin beträgt 35.000,00 DM.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Ersatz der Schäden an ihrem Haus, die nach ihrer Behauptung durch Schwerlastverkehr im Zuge der Bebauung des Gebietes des Bebauungsplanes „…” in … verursacht wurden.
A.
Ansprüche aus öffentlich-rechtlichen Gesetzen sind nicht gegeben.
Eine Entschädigung nach § 20 Straßen- und Wegegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (StrWG NW) scheidet aus, weil durch Maßnahmen der Beklagten keine Zufahrten oder Zugänge zu dem Grundstück der Klägerin unterbrochen wurden.
Ein Anspruch auf Planungsentschädigung nach §§ 74f. VwVfG steht der Klägerin ebenfalls nicht zu. Ein Eingriff aufgrund eines Planfeststellungsverfahrens liegt nicht vor.
Schließlich kommt auch eine Entschädigung nach §§ 39ff. BauGB nicht in Betracht, da kein planerischer Eingriff in die Bodennutzung gegeben ist.
B.
Auch ein Anspruch auf Entschädigung aus enteignenden bzw. enteignungsgleichen Eingriff steht der Klägerin nicht zu.
Die Entschädigung für enteignenden bzw. enteignungsgleichen Eingriff ist als Teil des richterrechtlich geprägten Staatshaftungsrechts anerkannt und schließt die Lücke zwischen rechtmäßiger Enteignung und rechtswidriger, schuldhafter Amtshaftung (Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 5. Aufl., Vorb. §§ 85–122 Rdnr. 8). Man unterscheidet, zwischen rechtmäßigen und rechtswidrigem Handeln:
Ein Entschädigungsanspruch aus enteignungsgleichem Eingriff setzt voraus, daß rechtswidrig in eine durch Art. 14 GG geschützte Rechtsposition von hoher Hand unmittelbar eingegriffen wird, die hoheitliche Maßnahme also unmittelbar eine Beeinträchtigung des Eigentums herbeiführt, und dem Berechtigten dadurch ein besonderes, anderen nicht zugemutetes Opfer für die Allgemeinheit auferlegt wird (st. Rspr.; BGHZ 6, 270, 290; BGH, NJW 1992, 3229, 3231 m.w.N.; Palandt/Bassenge, BGB, 59. Aufl., Überbl. v. § 903 Rdnr. 13; Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O.).
Aus enteignendem Eingriff kommt ein Entschädigungsanspruch in Betracht, wenn rechtmäßige hoheitliche Maßnahmen bei einem Betroffenen zu Nachteilen führen, die er aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen hinnehmen muß, die aber die Schwelle des enteignungsrechtlich Zumutbaren übersteigen (st. Rspr.; BGH, NJW 1965, 1907; BGH, NJW 1992, 3229, 3231 m.w.N.; Palandt/Bassenge, BGB, 59. Aufl., Überbl. v. § 903 Rdnr. 14; Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O. Rdnr. 9).
I.
Positives Tun der Beklagten hat nicht zu dem danach erforderlichen Eingriff von hoher Hand geführt.
1)
Bei dem Schwerlastverkehr selbst handelt es nicht um eine der Beklagten zurechenbare Maßnahme, schon gar nicht um eine hoheitliche. Der die behaupteten Erschütterungen hervorrufende Schwerlastverkehr ist den jeweiligen Unternehmern bzw. Bauherren zuzurechnen, die die Fahrzeuge bestellt hatten und Einfluss nehmen konnten. Die Beklagte hat die LKW-Fahrten jedenfalls nicht konkret veranlasst; dass ist auch nicht hinsichtlich der Erschließung der „Stichwege” – hier Abzweig … – vorgetragen. Jedenfalls handelt es sich nicht um eine hoheitliche Maßnahme. Denn die einzelnen Fahrten sind als Teilnahme am Straßenverkehr im Rahmen der Baumaßnahmen privatrechtlicher Natur gewesen.
2)
Ein entschädigungsbegründender, der Beklagten zurechenbarer Eingriff ist auch nicht durch das Aufstellen des Bebauungsplanes und dessen Umsetzung durch Baugenehmigungen erfolgt.
Zwar handelt es sich um hoheitliche Maßnahmen. Ein hierauf gestützter Entschädigungsanspruch wäre auch nicht schon deshalb zu versagen, weil die Klägerin gegen den Bebauungsplan 5/3 „…” keine Einwendungen geltend gemacht hat. Denn der BGH hat, soweit ersichtlich, den Vorrang verwaltungsgerichtlichen Primärrechtsschutzes stets nur bei konkret belastenden Maßnahmen angenommen, so z.B. in dem Fall BGH, NJW 1990, 298, in dem der Eigentümer eine aus seiner Sicht rechtswidrige Unterschutzstellung als Denkmal hingenommen hatte. Im vorliegenden Fall richtete sich das hoheitliche Handeln aber nicht konkret gegen die Klägerin. Sie war noch nicht einmal in den Bebauuungsplan einbezogen; ihr Grundstück liegt außerhalb des Plangebietes. Art und Ausmaß der sie treffenden Beeinträchtigungen waren daher nicht unbedingt konkret voraussehbar, so dass sich die Klägerin hiergegen verwaltungsgerichtlich nicht wehren konnte. Auch das ist ein Aspekt, der in der Literatur im Einzelfall gegen den Vorrang des Primärrechtsschutzes herangezogen wird (Aust/Jacobs, Die Enteignungsentschädigung, 4. Aufl., S. 98).
Allerdings ist das – für den enteignungsgleichen, wie auch den enteignenden Eingriff erforderliche – Merk...