Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Kostenersatz für berechtigte anwaltliche Abmahnung
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Urteil vom 18.10.2011) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 18.10.2011 verkündete Urteil der 6. Kammer für Handelssachen des LG Bielefeld wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Klägerin ist in C als Personalvermittlung tätig und vermittelt auch Pflegekräfte. Sie bietet ihre Vermittlungsdienste und Pflegepersonal auch im Internet unter *Internetadresse* an. Der Beklagte vermittelt Pflegekräfte jedenfalls im Raum P.
Im Internetauftritt vom 7.9.2011 (Bl. 40) teilte die Klägerin unter der Rubrik Haftungsausschluss folgendes mit:
"Um die Kosten eines Rechtsstreits zu vermeiden, sollten Sie uns im Vorfeld bei unvollständigen Angaben, wettbewerbsrechtlichen Vorkommnissen oder ähnlichen Problemen auf dem Postwege kontaktieren. Eine kostenpflichtige anwaltliche Abmahnung ohne diesen vorab Kontakt, wird aus Sicht der Schadensminderungspflicht als unzulässig abgewiesen."
Der Beklagte warb im C2 Tageblatt vom 20./21.8.2011 unter der Rubrik "Pflegedienste" im Bereich der Geschäftsempfehlungen (Bl. 6) wie folgt:
"Liebev. qualif. 24h Pflege/Betreuung Telefon xxxxxx o.yyyyy"
Die Klägerin ließ den Beklagten wegen dieser Zeitungswerbung mit Anwaltsschreiben vom 24.8.2011 (Bl. 7 ff.) abmahnen und zur Erstattung der entstandenen Anwaltskosten i.H.v. 755,80 EUR auffordern, weil die Anzeige den unzutreffenden Eindruck eines privaten Stellengesuchs erwecke. Der Beklagte gab mit Anwaltsschreiben vom 7.9.2011 (Bl. 10 ff.) ungeachtet seiner zum Ausdruck gebrachten Zweifel an der Berechtigung der Abmahnung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, gleichwohl rechtsverbindlich, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Eine Kostenerstattung lehnte er ab.
Die Klägerin hat die Erstattung der auf der Grundlage eines Streitwerts von 15.000,- EUR berechneten und von ihr schon bezahlten Kosten i.H.v. 755,80 EUR nebst Zinsen zum Gegenstand der vorliegenden Klage gemacht. Sie hat weiterhin geltend gemacht, dass in der Anzeige die gewerbliche Vermittlertätigkeit des Beklagten verschwiegen werde. Sie hat behauptet, bundesweit tätig zu sein und durch die Beschäftigung von Außendienstmitarbeitern auch Aufträge im Großraum C2 zu erhalten. Sie habe zudem zahlreiche Altenpfleger in das Ruhrgebiet und den Bereich von N und P vermittelt. Daraus ergebe sich ein konkretes Wettbewerbsverhältnis der Parteien.
Der Beklagte hat sich gegen die Klage verteidigt. Er hat gemeint, zur Erstattung der Anwaltskosten nicht verpflichtet zu sein. Einem Unterlassungsanspruch der Klägerin stehe schon entgegen, dass es wegen der unterschiedlichen regionalen Tätigkeitsbereiche an einem gemeinsamen Abnehmerkreis fehle. Er biete seine Vermittlungsleistungen ausschließlich im Raum P an und werbe dort für sie nur durch Zeitungsanzeigen. Es könne deshalb zu keinen Überschneidungen bei den beiderseitigen Dienstleistungen kommen. Mit näheren Ausführungen hat der Beklagte ferner geltend gemacht, einem Kostenerstattungsanspruch stehe entgegen, dass die Klägerin ihn rechtsmissbräuchlich i.S.d. § 8 Abs. 4 UWG abgemahnt habe. Diese habe insbesondere - wie unstreitig ist - auch andere gewerbliche Pflegevermittlungen auf ähnliche Weise abgemahnt. Im Übrigen müsse sich die Klägerin selbst an ihrem im Internet verbreiteten Hinweis festhalten lassen, dass es die Schadensminderungspflicht erfordere, die Kosten eines Rechtsstreits dadurch zu vermeiden, dass man sie bei wettbewerbsrechtlichen Vorkommnissen zunächst auf dem Postweg kontaktiere, bevor man eine kostenpflichtige anwaltliche Abmahnung aussprechen lasse. Sie hätte ihn, den Beklagten, deshalb gleichfalls vorab auf die Missverständlichkeit der beanstandeten Werbung hinweisen müssen. Dann wären die Anwaltskosten vermieden worden. Der Beklagte hat weiterhin gemeint, die Abnehmerkreise würden durch die Werbung nicht irregeführt, weil bereits aus dem Angebot der entsprechenden Dienstleistungen unter "Pflegedienste" jedem klar sei, dass es sich um ein gewerbliches Angebot handeln könne.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung der ihr in Zusammenhang mit der Abmahnung entstandenen Kosten gegen den Beklagte habe. Es spreche zwar viel dafür, dass die erhobene Beanstandung materiell-rechtlich berechtigt gewesen sei. Zweifelhaft sei aber bereits, ob das erforderliche konkrete Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien bestehe. Darauf komme es letztlich nicht an, weil ein Kostenerstattungsanspruch aus § 12 Abs. 1 S. 1 UWG im vorliegenden Fall an § 242 BGB scheitere. Unabhängig von der Regelung des § 8 Abs. 4 UWG blieben die allgemeinen Regelungen über ein treuwidriges Verhalten anwendbar. Die Klägerin verhalte sich hier treuwidrig, weil sie an Mitbewerber das Ansinnen stelle, vor einer kostenpflichtigen Abmahnung zunächst einen "Vorabkontakt" auf dem Postweg zu suchen. Diesen selbst ...