Leitsatz (amtlich)

Liegen dem Ersteher im Zwangsversteigerungsverfahren bereits im Zeitpunkt des Zuschlags Löschungsbewilligungen der Grundpfandgläubiger für eingetragene, aber nicht mehr valutierende Grundschulden vor, die als bestehen bleibende Rechte in das geringste Gebot aufgenommen worden sind, und bewirkt der Ersteher nach seiner Eintragung als neuer Eigentümer im Grundbuch unter Vorlage dieser Bewilligungen die Löschung der Grundschulden, so können die früheren Eigentümer einen Zuzahlungsanspruch gegen den Ersteher aufgrund einer entsprechenden Anwendung des § 50 Abs. 2 Nr. 1 ZVG haben.

 

Normenkette

ZVG § 50

 

Verfahrensgang

LG Siegen (Aktenzeichen 2 O 82/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerinnen wird das am 31.8.2001 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Siegen teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 1) 5.496,39 EUR (= 10.750 DM) nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 5.1.2001 zu zahlen.

Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin zu 2) 3.144,45 EUR (= 6.150 DM) nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 5.1.2001 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Entscheidung über die vom Beklagten erklärte Aufrechnung mit angeblichen Forderungen aufgrund von ihm gezahlter Fremdreparaturen i.H.v. 16.293,21 EUR und erbrachter Arbeitsleistungen i.H.v. 5.112,92 EUR bezüglich des Hausgrundstücks S.-Straße 42 (jetzt: P. 3) in G. gemäß Berufungserwiderung vom 5.2.2002, V. 2. (S. 11–14) bleibt vorbehalten.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden wie folgt verteilt:

Die Klägerin zu 1) trägt 36 % ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten sowie 27 % der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten des Beklagten.

Der Beklagte trägt die übrigen Kosten des Rechtsstreits.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Rechtsstreit wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung über die zur Aufrechnung gestellten Forderungen an das LG zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Die Klägerinnen sind Mutter und Tochter, der Beklagte ist der Sohn der Klägerin zu 1) und Bruder der Klägerin zu 2). Die Parteien waren gemeinsam Eigentümer des im Tenor näher bezeichneten Hausgrundstücks, und zwar wie folgt: Die Klägerin zu 1) war zu 3/8 Miteigentümerin, die Klägerin zu 2) war zu 1/8 Miteigentümerin, und eine Erbengemeinschaft, bestehend aus der Klägerin zu 1) und dem Beklagten, war zu 4/8 Miteigentümerin. An der Erbengemeinschaft waren die Klägerin zu 1) zu 3/4 und der Beklagte zu 1/4 beteiligt.

Zum Zweck der Aufhebung der Gemeinschaft wurde das Grundstück versteigert. Bei der Teilungsversteigerung wurden drei zugunsten der LBS, Deutschen Bank AG und Sparkasse S. eingetragene Grundschulden als bestehen bleibende Rechte i.H.v. zusammen 49.200 DM nebst Zinsen in das geringste Gebot aufgenommen. Der Beklagte ersteigerte das Grundstück am 8.9.2000 im ersten Termin zu 5/10 des mit 290.000 DM ermittelten Verkehrswertes, also zu 145.000 DM, die er mit einem Bargebot von 95.800 DM sowie der Übernahme der bestehen bleibenden Rechte zahlte. Diese drei Grundschulden valutierten zu dem Zeitpunkt jedoch nicht mehr. Die Gläubigerbanken hatten bereits Löschungsbewilligungen, und zwar unter dem 20.8.1984, dem 14.1.1999 und dem 21.10.1986 erteilt. Diese lagen dem Beklagten vor. Nachdem der Beklagte am 27.11.2000 im Grundbuch als Eigentümer eingetragen worden war, bewirkte er mit Löschungsantrag vom 13.9.2000 durch Vorlage der Löschungsbewilligungen Löschung der drei Grundschulden. Anschließend belastete er das Grundstück mit einer erstrangigen Grundschuld i.H.v. 160.000 DM.

Im Verteilungstermin vom 24.11.2000 (Bl. 243 ff. der Akte 20 K 115/99 AG Siegen) erklärten die erschienenen Beteiligten übereinstimmend, dass der nach Abzug vorrangiger Berechtigter verbliebene Erlösüberschuss von 67.094,05 DM zu 1/8 an den Beklagten und zu 7/8 an die Klägerinnen ausgezahlt werden sollte. Dementsprechend wurde verfahren.

Die Klägerinnen haben vom Beklagten Ersatz in Höhe ihrer jeweiligen Anteile am Grundstück hinsichtlich der 49.200 DM verlangt, um die das Bargebot des Beklagten und damit der später unter ihnen als Miteigentümer verteilte Erlös geringer ausgefallen ist, wobei sich die Klägerin zu 1) auf ihren Anteil eine vorprozessuale Zahlung des Beklagten, die „zur Klaglosstellung” erfolgte, i.H.v. 20.000 DM anrechnen lässt.

Die Parteien haben in erster Instanz übereinstimmend vorgetragen, die drei Grundschulden seien zum Versteigerungszeitpunkt Eigentümergrundschulden gewesen.

Die Klägerin zu 1) hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 16.900 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 5.1.2001 zu zahlen.

Die Klägerin zu 2) hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 6.150 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 5.1.2001 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage a...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?