Leitsatz (amtlich)

Der Erwerb eines Grundstücks durch einen Testamentsvollstrecker, der den Nachlass für einen minderjährigen Alleinerben verwaltet, bedarf nicht der familiengerichtlichen Genehmigung.

 

Normenkette

BGB §§ 1626, 1629, 1643, 1821 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4-5, § 2206

 

Verfahrensgang

AG Mannheim (Beschluss vom 24.02.2015; Aktenzeichen MAN008 GRG 83/2015)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2 wird die zweite Zwischenverfügung des Grundbuchamts Mannheim vom 24.2.2015 - MAN 008 GRG 83/2015 - aufgehoben. Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Eintragungsantrag nicht aus den Gründen der angefochtenen Verfügung zurückzuweisen.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 2 - der Käufer - wendet sich gegen eine Zwischenverfügung, mit der das Grundbuchamt den Vollzug eines Grundstückskaufvertrages von der Vorlage einer familiengerichtlichen Genehmigung abhängig macht.

Die Beteiligten schlossen am 14.8.2014 vor dem Notar M. in H. einen Kaufvertrag, in dem der Beteiligte zu 2 von der Beteiligten zu 1 eine in O. gelegene Eigentumswohnung erwarb. Beim Abschluss des Kaufvertrages wurde der minderjährige Beteiligte zu 2 von dem Testamentsvollstrecker über den Nachlass des am 18.5.2012 verstorbenen G. W. vertreten; die Mutter des Beteiligten zu 2 stimmte den in der Urkunde abgegeben Erklärungen zu.

Dem auch die Auflassung enthaltenen Vertrag beigefügt war ein Testamentsvollstreckerzeugnis, das ausweist, dass auf Ableben von G. W., dessen Alleinerbe der Beteiligte zu 2 ist, Dauertestamentsvollstreckung angeordnet und der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer W. B. zum Testamentsvollstrecker ernannt ist.

Das Grundbuchamt hat mit einer am 24.2.2015 erlassenen Zwischenverfügung die Auffassung vertreten, dass der Abschluss des Kaufvertrages einer familienrechtlichen Genehmigung nach §§ 1626, 1629, 1643 i.V.m. § 1821 Abs. 1 Nr. 5 BGB bedürfe. Der minderjährige Erbe müsse zur Eingehung der Verbindlichkeit zur Zahlung des Kaufpreises nach § 2206 BGB seine Zustimmung erteilen. Aus der Rechtsprechung des BVerfG folge, dass verhindert werden müsse, dass Minderjährige mit Verbindlichkeiten belastet in die Volljährigkeit gingen. Ob es möglich sei, die durch den Kaufvertrag begründeten Verbindlichkeiten allein aus Mitteln des Nachlasses zu erfüllen, könne das Grundbuchamt nicht prüfen.

Gegen die Zwischenverfügung, mit der der Grundbuchvollzug von der Vorlage einer familiengerichtlichen Genehmigung bis zum 22.5.2015 abhängig gemacht worden ist, richtet sich die vom Urkundsnotar für den Beteiligten zu 2 eingelegte Beschwerde. Er ist der Auffassung, der Testamentsvollstrecker falle bereits nicht in den Anwendungsbereich des § 1821 BGB. Der vereinbarte Kaufpreis werde vollständig aus dem Nachlass beglichen; die erworbene Wohnung unterfalle als Surrogat des Kaufpreises auch künftig der Testamentsvollstreckung.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die nach § 71 Abs. 1 GBO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG zulässige Beschwerde, zu deren Einlegung für den Käufer der Notar gem. § 15 Abs. 2 GBO als bevollmächtigt gilt, hat auch in der Sache Erfolg. Der Vollzug des Kaufvertrages kann von einer familiengerichtlichen Genehmigung des Geschäfts nicht abhängig gemacht werden. Eine Genehmigungsbedürftigkeit besteht weder unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Grundstückserwerbs durch einen Minderjährigen noch unter demjenigen einer Überschreitung der Verpflichtungsermächtigung des Testamentsvollstreckers.

1. Der Testamentsvollstrecker hat den Kaufvertrag, der der Auflassung zugunsten des Beteiligten zu 2 zugrunde liegt, nicht im eigenen Namen abgeschlossen, sondern ist als Vertreter des minderjährigen Beteiligten zu 2 aufgetreten. Das bildet seine Rechtsstellung zwar nicht zutreffend ab, weil der Testamentsvollstrecker Treuhänder und Inhaber eines privaten Amtes, also weder Vertreter des Erblassers noch des Erben ist (BGHZ 13, 203, juris-Rz. 29). An der Wirksamkeit der von ihm vorgenommenen Rechtshandlungen ändert dies aber nichts. Das Rubrum des Kaufvertrags ist um den Hinweis ergänzt, dass der Vertreter "als Testamentsvollstrecker über den Nachlass (...)" handele. Damit ist hinreichend klargestellt, dass er seine Befugnis, den Minderjährigen zur Kaufpreiszahlung verpflichten und im Gegenzug für ihn Grundeigentum zu erwerben, nicht aus einer (allgemeinen) Vertretungsbefugnis für den minderjährigen Käufer, sondern aus seinem Amt als Testamentsvollstrecker ableitet. Dass ein Geschäft für den Nachlass getätigt werden sollte, zeigt auch der Umstand, dass in Ziff. II. die Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks an dem erworbenen Grundbesitz bewilligt und beantragt worden ist.

2. Das Grundbuchamt leitet eine Genehmigungsbedürftigkeit des Vertrages, auf dessen Grundlage die Beteiligte zu 2 die Auflassung erklärt hat, zunächst aus §§ 1626, 1629, 1643, 1821 Abs. 1 Nr. 5 BGB ab. Genehmigungsbedürftig wäre nach diesen Vorschriften - ihre Anwendbarkeit auf den Testamentsvollstrecker vorausgesetzt (s. hierzu nachfolgend 3.) - indes nur die schuldrechtliche Verein...

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