Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Beschluss vom 29.09.2006; Aktenzeichen 11 O 86/06) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des LG Karlsruhe vom 29.9.2006 unter Ziff. 1 aufgehoben.
2. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich derer der Beschwerde trägt die Klägerin.
3. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.310 EUR festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.
1. Wegen des Sachverhalts wird auf I der Gründe des landgerichtlichen Beschlusses Bezug genommen.
Das LG hat dem Beklagten gem. § 91a ZPO die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Es ist davon ausgegangen, dass der Klage gem. § 767 ZPO hätte stattgegeben werden müssen.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Beklagten, auf deren Begründung (AS 159 f.) Bezug genommen wird.
2. Der Senat vermag die Auffassung des LG, die Klage wäre erfolgreich gewesen, wenn die Parteien den Rechtsstreit nicht für erledigt erklärt hätten, nicht zu teilen. Denn die Vollstreckungsgegenklage war entgegen der Meinung des LG nicht der richtige Rechtsbehelf.
Im vorliegenden Fall besteht die Besonderheit, dass die Klägerin sich mit ihrer Klage gegen einen nicht mehr existierenden Titel wendet. Durch den Vergleich ist, wie das LG zutreffend feststellt, das für vorläufig vollstreckbar erklärte Versäumnisurteil wirkungslos geworden, ohne dass es eines weiteren Ausspruchs bedurft hätte. Damit fehlt es schon an einem Titel, der ersten Voraussetzung für eine Klage gem. § 767 ZPO. Der BGH hat zwar (NJW 1992, 2160) eine Vollstreckungsgegenklage gegen eine notariell beurkundete Unterwerfungserklärung für zulässig erachtet, obwohl deren materiell rechtliche Unwirksamkeit geltend gemacht worden war und festgestellt, dass die durch Inhalt und gesetzliche Form des Titels sowie die Klauselerteilung belegte formelle Vollstreckungsfähigkeit eine ausreichende Voraussetzung für eine Vollstreckungsgegenklage sei. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass eine Klage gem. § 767 ZPO schon zulässig wäre, wenn der Gläubiger eine ihrem Anschein nach vollstreckungsfähige Urkunde in der Hand hat. In dem vom BGH entschiedenen Fall ging es nicht wie hier darum, dass ein Titel prozessual überholt war, sondern um die Frage, ob der Titel aus materiell rechtlichen Gründen unwirksam war. Hierfür die Möglichkeit einer Klage gem. § 767 ZPO zu eröffnen erscheint sinnvoll. Soweit der BGH in seiner Entscheidung vom 16.7.2004 (NJW RR 1004, 1718 f.) den Grundsatz aufgestellt hat, der Schuldner habe ein Wahlrecht, wenn die Voraussetzungen sowohl des § 732 und als auch die einer Vollstreckungsgegenklage in entsprechender Anwendung des § 767 ZPO vorlägen, so lässt sich auch daraus nicht ableiten, im vorliegenden Fall müsse auch eine Klage gem. § 767 ZPO zulässig sein. Denn dieser Grundsatz gilt nach der zitierten Entscheidung nur, wenn es möglich ist, mit einer Vollstreckungsgegenklage eine weitere Klage in entsprechender Anwendung des § 767 ZPO zu verbinden. Das ist aber nur dann der Fall, wenn gegen den Titel tatsächlich auch, wie es § 767 Abs. 1 ZPO verlangt, materiell rechtliche Einwendungen erhoben werden. Daran fehlt es bei der hier erhobenen Klage. Ihr geht es lediglich darum, die Wirkungslosigkeit des Titels feststellen zu lassen. Bei dieser Konstellation ist aber lediglich eine Klauselerinnerung gem. § 732 ZPO möglich (BGH MDR 2004, 471, zustimmend Barnert, MDR 2004, 605 ff.).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO. Der Beschwerdewert entspricht dem Kosteninteresse.
Die Rechtsbeschwerde war gem. § 574 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO zuzulassen, weil die Frage des Verhältnisses von § 732 ZPO zu § 767 ZPO bei einem wirkungslos gewordenen Titel grundsätzliche Bedeutung hat.
Fundstellen