Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweisverwertungsverbot. Identifizierung anhand Lichtbild. Verkehrsrecht. Ordnungswidrigkeitenrecht. Zur Zulässigkeit der Erhebung von Lichtbildern bei Ausweisbehörden zum Zweck der Identifizierung
Leitsatz (amtlich)
Die Erhebung von Lichtbildern bei der Passbehörde zur Identifizierung des zum Tatvorwurf schweigenden Betroffenen als Täter eines Verkehrsverstoßes ist zulässig.
Normenkette
PassG § 22 Abs. 2, 3 S. 1; PAuswG §§ 24-25
Verfahrensgang
AG Heidelberg (Entscheidung vom 11.01.2021; Aktenzeichen 3 OWi 550 Js 16892/20) |
Tenor
- Der Antrag des Betroffenen, gegen das Urteil des Amtsgerichts Heidelberg vom 11.01.2021 die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wird als unbegründet verworfen.
- Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht verurteilte den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 21 km/h zu der Geldbuße von 80 €. Mit dem form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde beanstandet der Betroffene, dass das Amtsgericht einem auf die Vernehmung mehrerer Mitarbeiter der Stadt H. sowie des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Baden-Württemberg gerichteten Beweisantrag abgelehnt hat, durch die systematische Verstöße gegen datenschutzrechtliche Normen bei der Ermittlung der Täter von Verkehrsordnungswidrigkeiten nachgewiesen werden sollten, sowie schriftliche Auskünfte bei einem Mitarbeiter der Stadt H. eingeholt hat, ohne dem Betroffenen Gelegenheit zur Befragung zu geben. Der Betroffene sieht hierdurch seinen Anspruch auf rechtliches Gehör, das Recht auf ein faires Verfahren und die Amtsaufklärungspflicht verletzt.
Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe hat mit Antragsschrift vom 17.3.2021, zu der der Betroffene am 24.2.2021 eine Gegenerklärung abgegeben hat, den Antrag auf Zulassung zur Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.
II.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.
Im angefochtenen Urteil ist lediglich eine Geldbuße von nicht mehr als 100 € festgesetzt worden. Nach § 80 Abs. 1 und 2 Nr. 1 OWiG darf daher die Rechtsbeschwerde nur zugelassen werden, wenn es geboten ist, die Nachprüfung des angefochtenen Urteils zur Fortbildung des materiellen Rechts zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.
1. Soweit die Verletzung anderer Verfahrensvorschriften als des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird, kann dies die Zulassung gemäß § 80 Abs. 2 OWiG nicht begründen. Eine analoge Anwendung von § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG auf andere Grundrechtsverstöße, wie der vom Betroffenen behauptete Verstoß gegen den Anspruch auf ein faires Verfahren (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK) scheidet aus (OLG Karlsruhe - Senat , Beschluss vom 10.1.2020 - 2 Rb 34 Ss 843/19, n.v.; BayObLGSt 1995, 158; KG VRS 134, 48; OLG Stuttgart DAR 2019, 696).
2. Die Rüge der Verletzung der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) greift nicht durch.
a) Die zur Geltendmachung erforderliche Verfahrensrüge ist - wie in der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft zutreffend ausgeführt ist - nicht in einer den Anforderungen der §§ 80 Abs. 3 Satz 3 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Weise ausgeführt und deshalb bereits unzulässig. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass in der Antragsbegründung nicht darauf eingegangen wird, dass die Bußgeldbehörde weitere Ermittlungen, in deren Verlauf es zur Übermittlung des bei der Passbehörde gespeicherten Lichtbilds kam, erst angestellt hat, nachdem die schriftliche Befragung der Fahrzeughalterin erfolglos geblieben war.
b) Die Rüge wäre im Übrigen auch unbegründet.
1) Wie die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat, ist die Ablehnung des gestellten Beweisantrags als zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich (§ 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG) im Hinblick auf die dazu im angefochtenen Urteil gemachten Ausführungen nicht willkürlich erfolgt und verletzt bereits deshalb nicht den Anspruch des Betroffenen darauf, dass sein Vorbringen bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt wird.
2) Im Übrigen war die unter Beweis gestellte Tatsache von vorneherein nicht geeignet, die Entscheidung zu beeinflussen, so dass auch die für eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör erforderliche Voraussetzung, dass entscheidungserhebliches Vorbringen unberücksichtigt geblieben sein muss, nicht erfüllt ist.
(1) Dabei ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung (BayObLGSt 1998, 22; 2003, 105; OLG Stuttgart NJW 2004, 83; OLG Bamberg DAR 2006, 336; OLG Hamm ZfS 2010, 111; OLG Koblenz ZfS 2020, 713) Verstöße gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen bei der Erhebung eines Bildes bei den Passbehörden regelmäßig weder ein Verfahrenshindernis noch ein Beweisverwertungsverbot begründen (und entgegen der apodiktisch begründet...