Leitsatz (amtlich)
1. Für die Anerkennung einer ausländischen Adoptionsentscheidung ist eine Überprüfung der Lebensverhältnisse der Adoptionswilligen durch eine Fachstelle in Deutschland nicht unabdingbar erforderlich.
2. Zwar kann bei vollständig fehlenden Feststellungen über die Elterngeeignetheit im ausländischen Adoptionsverfahren oder bei fehlender Offenlegung des Lebensmittelpunktes der Annehmenden im Ausland die erforderliche Kindeswohlprüfung nicht in das Anerkennungsverfahren verlagert werden. Dies schließt es aber nicht aus, dass in anderen Fällen weitere tatsächliche Feststellungen im Anerkennungsverfahren getroffen werden, wenn dadurch nur Lücken hinsichtlich der Kindeswohlprüfung geschlossen werden.
Normenkette
AdWirkG § 2 Abs. 1; FamFG § 109 Abs. 1 Nr. 4
Verfahrensgang
AG Karlsruhe (Beschluss vom 28.06.2012; Aktenzeichen 2 F 71/11) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1 wird der am 9.7.2012 durch Übergabe an die Geschäftsstelle erlassene Beschluss des AG - Familiengericht - Karls-ruhe vom 28.6.2012 (2 F 71/11) unter Ziff. 1 wie folgt abgeändert:
Es wird festgestellt:
Die Annahme des Kindes F. Z., geboren am ... in ..., durch die Beteiligten S. Z. und F. Z., wohnhaft ..., gemäß der rechtskräftigen Entscheidung des Gemeindegerichts zu Rahovec/Republik Kosovo, vom 1.10.2010 (Aktenzeichen Nr.: 86/2009) wird anerkannt.
Das Eltern-Kind-Verhältnis des Kindes F. Z. zu seinen bisherigen Eltern ist durch die Annahme erloschen.
Das Annahmeverhältnis steht einem nach den deutschen Sachvorschriften be-gründeten Annahmeverhältnis gleich.
2. Gerichtsgebühren für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außerge-richtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrt die Anerkennung eines kosovarischen Adoptionsbeschlusses des Gemeindegerichts zu Rahovec vom 20.10.2010.
Der am 12.9.1967 geborene Beteiligte zu 1 hat am 24.1.1991 die am 6.11.1971 ge-borene Beteiligte zu 2 geheiratet. Aus der Ehe sind die Kinder L., geboren am ..., und D., geboren am ..., hervorgegangen. Die Beteiligten zu 1 und zu 2 sind kosovarische Staatsangehörige; sie kamen 1995 (Beteiligter zu 1) bzw. 1999 (Beteiligte zu 2) nach Deutschland. Der Beteiligte zu 1 ist seit dem Jahr 2000 in der Gemeinde ... wohnhaft. Er hat eine unbefristete Niederlassungserlaubnis, die Beteiligte zu 2 hat eine befristete Aufenthaltserlaubnis bis zum 8.5.2013. Beide Eheleute arbeiten vollschichtig.
Die am 7.8.2004 geborene Beteiligte zu 3 ist die Tochter der verstorbenen Sh. Z-S. und des V. Z.. Aus der Ehe der Eltern sind drei weitere (1997, 1998 und 2001 gebore-ne) Kinder hervorgegangen. Die Mutter ist am 17.9.2009 bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen; F. hat den tödlichen Unfall miterlebt. Sie lebt im Haushalt ihres leiblichen Vaters und war noch nie in Deutschland. Der Beteiligte zu 1 ist der Bruder von V. Z., die Beteiligte zu 2 ist die Schwester von Sh. Z.-S..
Am 18.11.2009 haben der leibliche Vater V. Z. und die Beteiligten zu 1 und zu 2 beim Gericht in Rahovec einen gemeinsamen Antrag zur Adoption der Beteiligten zu 3 durch die Beteiligten zu 1 und 2 gestellt. Das Gemeindegericht in Rahovec hat nach einer mündlichen Verhandlung am 19.8.2010 am 20.10.2010 die Adoption der Beteiligten zu 3 durch die Beteiligten zu 1 und zu 2 ausgesprochen. Eine deutsche Fachstelle ist am Adoptionsverfahren nicht beteiligt gewesen.
Am 18.3.2011 sind beim AG Karlsruhe Unterlagen zur Anerkennung der Adoption der Beteiligten zu 3 mit einem an den Beteiligten zu 1 gerichteten Schreiben des Landratsamtes ... eingegangen. Mit am 10.5.2012 beim AG eingegangenem Anwaltsschriftsatz hat der Beteiligte zu 1 beantragt, die kosovarische Adoptionsentscheidung gem. § 2 AdWirkG anzuerkennen.
Der Beteiligte zu 1 hat vorgetragen, vor der Entscheidung des kosovarischen Gerichts habe eine Anhörung der Beteiligten stattgefunden. Dabei sei die persönliche Lebenssituation der Annehmenden erörtert worden, wobei der Mietvertrag über die Wohnung in Deutschland und die Gehaltsab-rechnungen vorgelegt worden seien. Dass sie F. zu sich nach Deutschland holen wür-den, sei bekannt gewesen.F. leide sehr unter dem Verlust ihrer Mutter, durch den Unfall sei sie traumatisiert. Den emotionalen Verlust ersetze ihr die Schwester ihrer Mutter, gleichzeitig die Adoptivmutter. Für den leiblichen Vater von F. sei es schwierig, den Verlust der Mutter aufzufangen, da er sich noch um ein geistig behindertes Kind kümmern müsse, das erhöhter Aufmerksamkeit bedürfe.
Das Bundesamt für Justiz hat ausgeführt, es könne von Seiten der Bundeszentralstelle für Auslandsadoption derzeit nicht rechtsverbindlich festgestellt werden, welches Organ in der Republik Kosovo für die Entscheidung über eine Adoption zuständig sei, welches Sachrecht anzuwenden sei und in welcher Konstellation im Ergebnis von einer rechtswirksamen Adoptionsentscheidung ausgegangen werden könne. Es sei daher fraglich, ob eine rechtswirksame kosovarisc...