Verfahrensgang

LG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 2 O 281/19)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Sachverständigen gegen den Beschluss des Landgerichts Freiburg im Breisgau vom 12.11.2021, Az. 2 O 281/19, wird zurückgewiesen.

2. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Der Sachverständige Dr. ... (fortan: Beschwerdeführer) wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Entscheidung des Landgerichts, ihn gemäß § 8a Abs. 2 Nr. 3 JVEG seines Vergütungsanspruchs für verlustig zu erklären.

Der Beschwerdeführer wurde in einem Rechtsstreit über Werklohn und widerklagend Ersatzvornahmekosten wegen Abbruchs der Leistungserbringung durch Beschluss des Landgerichts Freiburg vom 05.08.2020 zum gerichtlichen Sachverständigen bestimmt (AS. I 174 f.) und mit der Erstattung eines Gutachtens zu den im Beweisbeschluss vom 24.07.2020 (AS. I 164 ff.) genannten Fragen beauftragt. In diesem Beweisbeschluss wurde der Beschwerdeführer ausdrücklich gemäß § 404a Abs. 4 ZPO dazu ermächtigt, selbst weitere Unterlagen bei den Parteien anzufordern und hierfür mit diesen in Kontakt zu treten. Unter dem 17.12.2020 reichte er sein schriftliches Gutachten zur Akte. Hierfür berechnete er mit Schreiben vom 15.03.2021 7.238,40 EUR, die am 22.03.2021 ausgezahlt wurden.

Mit Schriftsatz vom 25.02.2021 nahm die Klägerin zum Gutachten Stellung und wies darauf hin, dass der Beschwerdeführer ermächtigt worden sei, selbst weitere Unterlagen von den Parteien anzufordern, dies aber nicht getan und dennoch im Gutachten wiederholt darauf hingewiesen habe, dass eine weitere Prüfung anhand von weiteren Unterlagen erforderlich sei (AS. I 238 ff.). Mit Schriftsatz vom 22.03.2021 nahm die Beklagte Stellung zum Gutachten und rügte in scharfer Diktion, dass das vorgelegte Gutachten unvollständig sei und in nahezu allen streitigen Punkten der Ergänzung bedürfe (AS. I 256 ff.). Allenfalls Teilbereiche der Beweisfragen seien hinreichend beantwortet. Dies sei maßgeblich darauf zurückzuführen, dass es der Beschwerdeführer versäumt habe, beispielsweise im Rahmen eines gemeinsamen Vororttermins, weitere Sachverhaltsaufklärung zu betreiben und im Vorfeld seiner Gutachtenerstattung von ihm zur Beantwortung der gestellten Beweisfragen benötigte Unterlagen von den Parteien anzufordern. Die Beklagte verwahre sich vor diesem Hintergrund bereits jetzt gegen die Anforderung eines weiteren Kostenvorschusses im Hinblick auf die erforderliche "Nacharbeit" des Beschwerdeführers. Im Folgenden legte der Beklagtenvertreter zu den einzelnen Beweisfragen dar, inwieweit er das Gutachten für ergänzungsbedürftig erachte.

Das Landgericht hat dem Beschwerdeführer mit Beschluss vom 27.04.2021 (AS. I 267 ff.) die Erstattung eines Ergänzungsgutachtens zu den Fragen und Einwendungen der Parteien aufgegeben und ihn nochmals ausdrücklich aufgefordert, von der Ermächtigung nach § 404a Abs. 4 ZPO Gebrauch zu machen und erforderliche Unterlagen anzufordern. Vorab sollte der Beschwerdeführer den weiteren Kostenvorschuss kalkulieren. Hierauf wandte sich der Beschwerdeführer mit E-Mail vom 08.06.2021 an den Einzelrichter mit folgendem Schreiben:

"Nach einer ersten Sichtung der Unterlagen an diesem Wochenende muss ich mein Erstaunen über den Umgangston mit einhergehender Diskreditierung des Sachverständigen insbesondere durch den Anwalt ... zum Ausdruck bringen. Ehrlich gesagt war ich nach in Augenscheinnahme des Schriftsatzes fassungslos und muss gestehen, dass mir ein Angriff auf meine Reputation innerhalb der letzten 30 Jahre meiner Berufstätigkeit in der Form noch nicht untergekommen ist.

Da auch keinerlei Bereitschaft existiert, einen weiteren Vorschuss zu bezahlen, der aufgrund der doch vorliegenden, sehr umfangreichen Unterlagen (die ja offensichtlich noch nicht Bestandteil der Gerichtsakte sind), nicht unerheblich sein wird, sehe ich mich nicht nur auslastungsbedingt derzeit nicht in der Lage, eine weitere Bearbeitung durchzuführen.

Ich möchte Sie von daher bitten, mich von der weiteren Gutachtenerstellung zu befreien. Gerne können wir in dieser Angelegenheit einmal telefonieren."

Nachdem das Landgericht den Parteien die E-Mail zur Kenntnis zugeleitet hatte, beantragte der Beklagtenvertreter, der in der E-Mail namentlich genannte Rechtsanwalt ..., den Beschwerdeführer wegen Befangenheit abzulehnen und für das erstattete Gutachten gemäß § 8a JVEG nicht zu entschädigen. Mit Beschluss vom 30.08.2021 erklärte das Landgericht das Ablehnungsgesuch für begründet (AS. I 294 ff.).

Im Anschluss hieran hat der Beschwerdeführer durch seine Prozessbevollmächtigten vortragen lassen, dass ein erfolgreicher Befangenheitsantrag nicht zum Verlust entstandener Vergütungsansprüche führe. Eine Vergütungskürzung dürfe nicht ausgesprochen werden, wenn die erbrachten Leistungen verwertbar seien. Der Beschwerdeführer habe sein Gutachten auf der Grundlage der vom Gericht zur Verfügung gestellten Unterlagen und entsprechend mit dem Richter getroffener Absprache ohne Inaugenscheinnahme der Örtli...

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