Entscheidungsstichwort (Thema)

Ehewohnung. Benutzung. Alleineigentum. Vermietung. Veräußerung. vorl. Benutzungsregelung für die Ehewohnung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die familienrechtlichen Bestimmungen der 620 Nr. 7 ZPO und 1361 b BGB setzen für eine Benutzungsregelung an der früher gemeinsam bewohnten Wohnung voraus, daß sie noch Ehewohnung ist. Diesen Charakter verliert sie noch nicht durch den endgültigen Auszug eines Ehegatten, wenn sich die Ehegatten über die Weiterbenutzung der Wohnung durch den Nichteigentümer-Ehegatten nicht eindeutig und endgültig geeinigt haben.

2. Der Ehegatte, der nicht die Benutzung der Wohnung, sondern nur die Veräußerung oder optimale Vermietung seiner Eigentumswohnung wegen seiner Finanzierungslasten anstrebt, kann eine Wohnungszuweisung nach 1361 b BGB nicht erreichen, da diese familienrechtliche Vorschrift nach ihrem Normzweck nur eine vorläufige Benutzungsregelung für die Trennungszeit unter Berücksichtigung der Eigentumsverhältnisse, nicht aber den Schutz des Eigentümers oder Miteigentümers verfolgt.

 

Normenkette

BGB § 1361b; ZPO § 620 Nr. 7

 

Verfahrensgang

AG Baden-Baden (Beschluss vom 25.08.1998; Aktenzeichen 15 F 78/98 EA I)

AG Baden-Baden (Beschluss vom 14.08.1998; Aktenzeichen 15 F 78/98 EA I)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Baden-Baden (15 F 78/98 EA I) vom 14.8.1998 aufgehoben und der Antrag der Antragstellerin auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Damit ist die Räumungsanordnung gemäß Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Baden-Baden (15 F 78/98 EA I) vom 25.8.1998 gegenstandslos.

2. Den Parteien wird Prozeßkostenhilfe für das Beschwerdeverfahren bewilligt. Der Antragstellerin wird Rechtsanwalt R., K., dem Antragsgegner wird Rechtsanwalt C., R., beigeordnet. Die Parteien haben keine Raten auf die Prozeßkosten zu zahlen.

3. Der Wert des Beschwerdegegenstands wird auf 3.900 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien haben am 3.12.1994 die Ehe geschlossen. Die Antragstellerin besitzt die deutsche, der Antragsgegner die senegalesische Staatsangehörigkeit. Aus der Ehe ist der Sohn Samuel, geb. 25.1.1996 hervorgegangen. Die Zwillinge Jonas und Jasna, geb. 16.6.1992, vorehelich geborene Kinder der Antragstellerin, hat der Antragsgegner adoptiert. Die Antragstellerin zog mit den Kindern Anfang August 1998 aus der Ehewohnung, einer 4-Zimmer-Wohnung in der P.str. 12 in K.-D., deren Alleineigentümerin sie ist, aus. Seither leben die Parteien getrennt. Der Antragsgegner ist in der Wohnung verblieben. Er ist nicht erwerbstätig und zahlt an die Antragstellerin keine Nutzungsentschädigung.

Die Antragstellerin hat am 2.6.1998 einen Scheidungsantrag eingereicht, dem der Antragsgegner nicht zustimmt.

Mit der Begründung, sie könne ihre Eigentumswohnung ohne Mieteinnahmen nicht halten bzw. nicht wirtschaftlich sinnvoll veräußern, wenn sie nicht leerstünde, hat sie mit einem am 1.7.1998 eingereichten Schriftsatz beantragt, ihr im Wege der einstweiligen Anordnung die Ehewohnung zur alleinigen Nutzung zuzuweisen.

Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten.

Durch Beschluß vom 14.8.1998 hat das Familiengericht nach mündlicher Verhandlung die im ersten Obergeschoß des Hauses P.straße 12 in K. gelegene Vier-Zimmer-Ehewohnung der Antragstellerin einstweilen zur alleinigen Nutzung zugewiesen.

Gegen die ihm am 18.8.1998 (EA I, 133) zugestellte Entscheidung hat der Antragsgegner am 21.8.1998 sofortige Beschwerde eingelegt.

Mit Beschluß vom 25.8.1998 (EA I, 145) hat das Familiengericht die einstweilige Anordnung vom 14.8.1998 wegen deren fehlender Vollstreckbarkeit ergänzt. Am selben Tag gab der Antragsgegner nach Androhung einer Zwangsräumung durch den Gerichtsvollzieher (vgl. Räumungsprotokoll v. 25.8.1998, II 35) die Wohnung heraus.

Gegen den Beschluß vom 25.8.1998 hat der Antragsgegner ebenfalls Rechtsmittel eingelegt.

Er macht geltend, er habe während der Berufstätigkeit der Antragstellerin von 1993 bis zu ihrem Auszug im August 1997 den Haushalt und die Kinder versorgt. Er habe es als farbiger Senegalese ohne eine in Deutschland verwendbare Ausbildung schwer, eine Arbeitsstelle und eine andere Wohnung zu finden. Eine Zuweisung der Wohnung an die Ehefrau, die nicht die Benutzung der Ehewohnung, sondern deren wirtschaftliche Verwertung anstrebe, sei nicht gerechtfertigt, vielmehr setze § 1361 b BGB als familienrechtliche Norm für die Zuweisung an einen Ehegatten Härtegründe voraus, wobei in der Trennungszeit die Ehewohnung insbesondere den Kindern erhalten bleiben sollte.

Er beantragt,

die Beschlüsse des Amtsgerichts – Familiengericht – Baden-Baden vom 14.8.1998 und vom 25.8.1998 aufzuheben.

Die Antragstellerin ist den Beschwerden entgegengetreten.

Sie verteidigt die angefochtenen Entscheidungen und trägt ergänzend vor, der Antragsgegner könne als junger, gesunder Mann auch als ungelernte Kraft Arbeit finden. Die Kinder würden nicht mehr in der Ehewohnung wohnen, nachdem der Antragstellerin mit einstweil...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?