Verfahrensgang

AG Emmendingen (Aktenzeichen 4 F 76/20)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellervertreterin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Emmendingen vom 28.04.2019 in Ziffer 3 des Tenors abgeändert und der Verfahrenswert auf 1.500 EUR festgesetzt.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Antragstellervertreterin wendet sich mit ihrer Beschwerde vom 26.05.2020 gegen die mit Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Emmendingen vom 28.04.2020 erfolgte Festsetzung des Verfahrenswertes auf 3.000,00 EUR und begehrt eine Festsetzung auf 9.475,50 EUR.

Die Beteiligten sind getrennt lebende Eheleute und hälftige Miteigentümer des Grundstücks X in Y, das ihnen als Ehewohnung diente. Nach Auszug des Antragsgegners wurde das Anwesen zunächst von der Antragstellerin genutzt, bis diese nach einem Suizidversuch im März 2018 zunächst längere Zeit in einem Krankenhaus behandelt und sodann in einem Pflegeheim und schließlich in einer Gastfamilie betreut wurde. Beide Eheleute besaßen Schlüssel zum Hausanwesen.

Im Zuge der Vermögensauseinandersetzung kamen die Beteiligten überein, das Grundstück freihändig zu veräußern. Am 06.03.2020 stellte ein von der Antragstellerin beauftragter Makler fest, dass der Antragsgegner das zum Grundbesitz gehörende Schloss hatte austauschen lassen, so dass der Antragstellerin ein Betreten der Wohnung nicht mehr möglich war.

Mit Schriftsatz vom 18.03.2020 beantragte die Antragstellerin, den Antragsgegner zu verpflichten, ihr den Mitbesitz an dem Gebäude X in Y unverzüglich wieder einzuräumen, und führte aus, dass sich der Anspruch auf Wiedereinräumung des Mitbesitzes aus § 861 BGB ergebe.

Mit Beschluss vom 28.04.2020 verpflichtete das Amtsgericht - Familiengericht - Emmendingen - gestützt auf § 861 BGB - den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung, der Antragstellerin den Mitbesitz an dem Gebäude X in Y unverzüglich wieder einzuräumen, und setzte den Verfahrenswert auf 3.000 EUR fest.

Mit ihrer am 28.05.2020 beim Familiengericht eingegangenen Beschwerde vom 27.04.2020 wendet sich die Antragstellervertreterin gegen die Festsetzung des Verfahrenswerts auf 3.000 EUR und beantragt, den Verfahrenswert auf 9.475,50 EUR festzusetzen. Der Streitwert sei im Falle einer Besitzstörung gemäß § 3 ZPO nach dem Unterlassungsinteresse des Klägers zu bemessen; im Falle einer Störung von Wohnbesitz sei der Streitwert dabei gemäß § 41 Abs. 1 GKG auf den Jahresmietwert begrenzt. Der jährliche Rohertrag für das Haus belaufe sich auf 18.951,00 EUR. Dieser Betrag sei, da die Einräumung hälftigen Mitbesitzes begehrt werde, hälftig anzusetzen. Ein Abschlag, weil die Entscheidung im Wege vorläufigen Rechtsschutzes ergangen sei, sei nicht vorzunehmen, da die Entscheidung des Amtsgerichts einer Hauptsacheentscheidung gleichkomme.

Der Antragsgegner meint, dass das Familiengericht den Verfahrenswert nicht fehlerhaft festgesetzt habe. Im Streit habe lediglich eine Nutzungsgewährung im Rahmen der Wohnungsbesichtigung gestanden, die unter Berücksichtigung des im einstweiligen Anordnungsverfahren vorzunehmenden Abschlags gemäß § 3 ZPO zu bemessen sei. Hilfsweise sei selbst bei Anwendung von § 41 Abs. 1 S. 1 GKG nicht der Rohertrag, sondern der Reinertrag des Wohneigentums in Höhe von 16.184,15 EUR in Ansatz zu bringen.

Das Familiengericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 24.07.2020 nicht abgeholfen.

Mit Verfügung des Beschwerdegerichts vom 09.09.2020 wurden die Beteiligten darauf hingewiesen, dass möglicherweise keine Streitsache im Sinne von § 266 FamFG, sondern eine Ehewohnungssache vorliegt und der Verfahrenswert nach §§ 48 Abs. 1, 41 FamGKG zu bestimmen sein könnte.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. 1. Die ausdrücklich im eigenen Namen erhobene Beschwerde der Antragstellervertreterin ist statthaft gemäß § 32 Abs. 2 RVG i. V. m. § 59 Abs. 1 S. 1 FamGKG und auch im Übrigen zulässig.

Insbesondere wird der Beschwerdewert von 200 EUR überschritten. Aus dem vom Familiengericht festgesetzten Verfahrenswert errechnen sich gemäß VV RVG 3100, 7001, 7008 Anwaltsgebühren in Höhe von 334,74 EUR. Unter Zugrundelegung des nach Auffassung der Beschwerdeführerin festzusetzenden Verfahrenswert von 9.475,50 EUR ergäben sich Anwaltsgebühren in Höhe von 887,03 EUR. Die Differenz zwischen den sich aus dem festgesetzten Verfahrenswert errechnenden und den bei erfolgreicher Beschwerde anfallenden Gebühren übersteigt mithin 200 EUR.

2. Die Beschwerde ist aber unbegründet. Der Verfahrenswert ist nicht, wie von der Antragstellerin beantragt, auf EUR 9.475,50 hochzusetzen, sondern gemäß §§ 48 Abs. 1, 1. Halbsatz, 41 FamGKG auf EUR 1.500,00 herabzusetzen.

a) Der Verfahrenswert für ein einstweiliges Anordnungsverfahren in einer Ehewohnungssache gemäß § 200 Abs. 1 Nr. 1 FamFG bestimmt sich nach §§ 48 Abs. 1, 1. Halbsatz, 41 FamGKG.

aa) Es liegt eine Ehewohnungssache gemäß § 200 Abs. 1 FamFG und keine Familienstreitsache gem...

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