Leitsatz (amtlich)

Im Kostenfestsetzungsverfahren ist zwar eine Festsetzung über den vom Rechtsanwalt gestellten Antrag hinaus unzulässig. Wohl kann aber im Rahmen des insgesamt beantragten Betrages ein Positionstausch dahin vorgenommen werden, dass statt einer geforderten, aber nicht oder nicht in der geforderten Höhe entstandenen Gebühr eine andere, bisher nicht geforderte, aber entstandene Gebühr berücksichtigt wird.

 

Tenor

Die Beschwerde der Landeskasse gegen den Beschluss des AG – FamG … vom 3.2.2003 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Landeskasse wendet sich gegen die Festsetzung einer Verhandlungsgebühr für die beigeordnete Rechtsanwältin der Antragstellerin.

Der Antragstellerin des Ausgangsverfahrens war mit Beschluss vom 16.8.2002 ratenfreie Prozesskostenhilfe für ein Scheidungsverfahren bewilligt und Rechtsanwalt … zu den Bedingungen eines am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalts beigeordnet worden. Mit Beschluss vom 2.9.2002 wurde dieser Beschluss dahin abgeändert, dass Frau Rechtsanwältin als Hauptbevollmächtigte und Herr Rechtsanwalt als Korrespondenzanwalt der Antragstellerin beigeordnet wurden.

In dem vom FamG anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung am 2.9.2002 erklärten die Parteien ausweislich des Sitzungsprotokolls vorab, sie wollten nicht geschieden werden. Daraufhin wurden sie vom Gericht zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen befragt. Weiter wurde eine Mitteilung des Jugendamts wegen des Verdachts einer Kindeswohlgefährdung erörtert. Anschließend war „Gegenstand der mündlichen Verhandlung … der Scheidungsantrag”. Nach Rücksprache mit ihrer Mandantin erklärte deren Prozessbevollmächtigte schließlich die Rücknahme des Scheidungsantrags. Den Streitwert hat das FamG auf 2.500,00 Euro festgesetzt.

Mit Schriftsatz vom 4.9.2002 beantragte die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin, die ihr aus der Landeskasse zu gewährende Vergütung wie folgt festzusetzen:

Gegenstandswert: 2.500,00 Euro

10/10 Prozessgebühr gem. §§ 123, 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO 161,00 Euro

10/10 Verhandlungsgebühr gem. §§ 123, 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO 161,00 Euro

10/10 Beweisgebühr gem. §§ 123, 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO 161,00 Euro

10/10 Aussöhnungsgebühr gem. §§ 123, 36 Abs. 2 BRAGO 161,00 Euro

Fahrtkosten gem. § 28 BRAGO vom 2.9.2002

36 KM á 0,27 Euro (1/1 Anteil) 9,72 Euro

Abwesenheitsgeld gem. § 28 BRAGO vom 2.9.2002 (1/1 Anteil) 15,00 Euro

Entgelt für Post- und Telekommunikations Dienstleistungen gem. § 26 BRAGO (pauschal) 20,00 Euro

Zwischensumme 688,72 Euro

16,00 % Umsatzsteuer gem. § 25 Abs. 2 BRAGO 110,20 Euro

Zwischensumme 798,92 Euro

Parkgebühr 0,40 Euro

Endsumme 799,32 Euro

Mit Beschluss vom 28.10.2002 setzte der Urkundsbeamte jedoch nur eine Vergütung von 209,96 Euro fest; die Festsetzung einer Verhandlungsgebühr, einer Beweisgebühr, einer Aussöhnungsgebühr sowie der Terminsauslagen lehnte er ab. Die Absetzung der Verhandlungsgebühr wurde damit begründet, dass eine Verhandlung nicht notwendigerweise stattgefunden habe.

Hiergegen legte die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin „sofortige Beschwerde” ein, mit der sie aber lediglich noch die Festsetzung der Verhandlungsgebühr, der Beweisgebühr sowie der Terminsauslagen weiter verfolgte. Den Antrag auf Festsetzung der Aussöhnungsgebühr hat sie zurückgenommen. Hinsichtlich der Verhandlungsgebühr hat sie vorgetragen, ihr sei es nicht möglich gewesen, eine Verhandlung durch schriftliche Zurücknahme des Scheidungsantrags zu vermeiden. Erst fünf Minuten vor dem Termin, unmittelbar vor dem Gerichtsgebäude sei sie dahingehend unterrichtet worden, dass es möglich sei, dass der Scheidungsantrag zurückgenommen werden könne, da die Parteien sich aussöhnen wollten. Noch im Telefonat vom 29.8.2002 mit dem Korrespondenzanwalt sei von der Möglichkeit der Rücknahme des Scheidungsantrags nichts bekannt gewesen. Hinsichtlich dieser Thematik sei von den Parteien offensichtlich anderweitiger Rechtsrat in Anspruch genommen worden. Das Gericht möge hierüber informiert worden sein, diese Information sei ihr jedoch nicht bekannt gewesen.

Der Bezirksrevisor ist in seiner Stellungnahme vom 8.1.2003 für die Landeskasse dem als Erinnerung zu behandelnden Rechtsbehelf entgegengetreten, soweit die Verhandlungs- und Beweisgebühr abgelehnt wurden. Zur Verhandlungsgebühr hat er ausgeführt, die Parteien hätten bei Aufruf der Sache erklärt, dass sie nicht geschieden werden wollten. Anträge seien deshalb, ausgenommen der vorab gestellte PKH-Antrag für die Antragstellerin, nicht verlesen/gestellt worden. Gegen die Festsetzung der Terminsauslagen hatte der Bezirksrevisor hingegen keine Einwendungen.

Daraufhin hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle der Erinnerung mit Beschluss vom 3.2.2003 teilweise abgeholfen und eine weitere Vergütung von 215,44 Euro festgesetzt, nämlich eine 10/10 Verhandlungsgebühr von 161 Euro gem. §§ 123, 33 BRAGO und die Terminsauslagen von 24,72 Euro zzgl. Mehrwertsteuer. Bezüglich der Beweisgebühr hat er hingegen nicht abgeholfen. Nachdem die Akten deswegen dem OLG vorgelegt worden war...

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