Leitsatz (amtlich)
Verlangt der Kläger von dem Beklagten Befreiung von einer Verbindlichkeit Zug um Zug gegen Ausgleich der erhaltenen Vorteile, wirken sich diese Vorteile auch dann nicht streitwertmindernd aus, wenn die Zug-um-Zug-Verurteilung auf dem schadensrechtlichen Aspekt der Vorteilsausgleichung beruht.
Normenkette
GKG § 47 Abs. 2 S. 2, § 52 Abs. 2; ZPO §§ 3, 6
Tenor
Die als Gegenvorstellung auszulegende Beschwerde der Beklagten gegen die Streitwertfestsetzung im Senatsbeschluss vom 15.9.2014 wird zurückgewiesen.
Gründe
1. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss vom 15.9.2014 ist als Gegenvorstellung auszulegen, weil eine Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts zu einem obersten Gerichtshof des Bundes gem. § 68 Abs. 1 S. 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 GKG nicht stattfindet.
2. Der Senat kann über die als Gegenvorstellung auszulegende Beschwerde selbst entscheiden, weil ein Beschwerderechtszug nicht gegeben ist (OLG Köln, Beschl. v. 10.6.2009 - 2 U 17/09 -, juris Tz. 4 = MDR 2009, 1411).
3. Die Gegenvorstellung gibt keinen Anlass, die Streitwertfestsetzung im Beschluss vom 15.9.2014 zu ändern. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 GKG.
a. Der Befreiungsanspruch des Klägers ist mit 913.461,01 EUR zu bewerten.
(1) Der Kläger hat den Wert des Anspruchs auf 913.461,01 EUR beziffert, weil dies der aktuelle Darlehenstand bei Klageerhebung gewesen sei. Diesen Wert hat der Senat seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Andere Anhaltspunkte waren nicht vorhanden. Soweit die Beklagte die Darlehenshöhe auf 901.711 EUR (Stand 27.6.2014) beziffert hat, führt dies nicht zu einer abweichenden Bewertung. Werden wie im vorliegenden Fall keine Anträge gestellt, ist für den Streitwert des Berufungsverfahrens die Beschwer maßgebend, § 47 Abs. 2 S. 2 GKG. Dabei kommt es auf die formelle Beschwer des Rechtsmittelklägers an (OLG Jena, Beschl. v. 5.11.2001 - 5 U 667/00 -, juris Orientierungssatz), die sich danach richtet, in welchem Umfang die untere Instanz von seinen Anträgen abgewichen ist (BGH NJW 1999, 1339). Soweit inzwischen weitere Zahlungen geleistet worden sein mögen, ist dies für die formelle Beschwer unerheblich.
(2) Der Rückkaufwert der Lebensversicherung und der Wert des Investmentdepots sind vom Streitwert des Befreiungsanspruchs nicht in Abzug zu bringen.
Der Streitwert einer Klage auf Freistellung von einer Verbindlichkeit entspricht grundsätzlich dem bezifferten Schuldbetrag (BGH NJW-RR 1990, 958). Im Rahmen des nach § 3 ZPO auszuübenden Ermessens ist eine geringere Bewertung möglich, wenn besondere Umstände vorliegen, die eine solche Bewertung rechtfertigen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn nicht die Frage der Wahrscheinlichkeit nach einer Inanspruchnahme durch den Gläubiger im Raum steht, sondern nach dem eigenen Vortrag der Klagepartei eine solche ausscheidet (BGH NJW-RR 2012, 60). Dass die Inanspruchnahme des Klägers ausgeschlossen ist, haben weder der Kläger noch die Beklagte behauptet. Der BGH hat allerdings die Frage offen gelassen, ob eine geringere Bewertung geboten ist, wenn die Gefahr der Inanspruchnahme fernliegt (BGH, a.a.O.). Diese Frage braucht auch hier nicht entschieden zu werden. Denn ob die Gefahr für den Kläger auf Inanspruchnahme nur eine fernliegende ist, kann in einem solchen wie dem vorliegenden Fall nicht ohne weiteres festgestellt werden (a.A. wohl OLG München, Beschl. v. 10.7.2014 - 27 W 1244/14). Ergibt sich eine solche nur fernliegende Gefahr aus den Akten nicht mit hinreichender Deutlichkeit, verbleibt es bei dem oben geschilderten Grundsatz. Denn es ist nicht Aufgabe des Verfahrens über die Wertfestsetzung, einen Wahrscheinlichkeitsgrad für die Inanspruchnahme des Klägers zu bestimmen.
Die unterbliebene Berücksichtigung des Rückkaufwerts der Lebensversicherung und des Werts des Investmentdepots rechtfertigt sich auch aus der grundlegenden Erwägung, dass für die Bemessung des Streitwerts auf die normative Regelung von § 6 ZPO abzustellen ist. Diese Vorschrift stellt auf den Wert der prozessual geltend gemachten Forderung ab. Dies führt dazu, dass - wie bei sämtlichen im Zug-um-Zug-Verhältnis stehenden Anträgen - der Streitwert das wirtschaftliche Gewicht der Streitfrage nicht vollumfänglich zutreffend widerspiegelt. Diese Folge, die bei normativen Streitwerten generell besteht, ist grundsätzlich hinzunehmen und im Hinblick auf den Vereinfachungseffekt und den Grundsatz des Angreiferinteresses auch gerechtfertigt (OLG Stuttgart, Beschl. v. 27.6.2013 - 7 W 34/13 zit. nach OLG Nürnberg, Beschl. v. 20.8.2014 - 8 W 1580/14; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 20.6.2014 - 5 W 24/14; a.A. OLG München, Beschl. v. 9.7.2014 - 27 W 1252/14). Dies gilt auch dann, wenn die Anträge zur Verurteilung Zug um Zug - wie im vorliegenden Fall - auf dem schadensrechtlichen Aspekt der Vorteilsausgleichung beruhen. Zwar ist der Schadensersatzanspruch von vornherein nur mit der Einschränkung begründet, dass gleichzeitig die Vorteile herausgegeben werden. Dies rechtfertigt es aber nic...