Normenkette
BGB §§ 1666, 1671
Verfahrensgang
AG Heidelberg (Aktenzeichen 33 F 35/01) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Mutter wird der Beschluss des AG – FamG – Heidelberg vom 23.2.2001 – 33 F 35/01 – aufgehoben,
a) insoweit als der Kindesmutter in Ziff. 1. untersagt wird, die ehegemeinsamen Kinder O., K. und S., jeweils deutsche und ägyptische Staatsangehörige, außerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland zu verbringen;
b) in Ziff. 2 Abs. 1 insoweit, als der Mutter für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziff. 1 des Beschlusses ein Zwangsgeld i.H.v. 50.000 DM angedroht wird;
c) in Ziff. 2 Abs. 2 insoweit, als die Grenzpolizeibehörde der Bundesrepublik Deutschland im Umfang des Beschlusses in Ziff. 1. ersucht wird, die Ausreise der dort genannten Kinder zu verhindern. Die Rücknahme der Ausschreibung wird angeordnet.
2. Der Beschwerdewert wird auf 5.000 DM festgesetzt.
3. Der Beschwerdeführerin wird für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt. Ihr wird RAin K.B., Heidelberg, beigeordnet.
4. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Eltern der im Rubrum genannten Kinder haben am 24.3.1984 in K., Ägypten, die Ehe geschlossen (Auszug aus dem Familienbuch I, 47). Sie leben seit Anfang Dezember 2000 getrennt. Die Antragstellerin ist aus der gemeinsamen Wohnung mittlerweile ausgezogen.
Der Vater besitzt die deutsche und ägyptische Staatsangehörigkeit, die Mutter die italienische und ägyptische Staatsangehörigkeit, die drei Kinder haben die deutsche und ägyptische Staatsangehörigkeit. Alle Familienangehörige sind muslimischen Glaubens. Sie leben seit 1998 in Deutschland.
Am 17.1.2001 wurde die Ehe aufgrund gemeinsamer Erklärung der Parteien vor dem ägyptischen Konsulat in Frankfurt nach ägyptischem Recht geschieden (I, 141, 143). Der Vater hat wohl die Ehescheidung am 13.2.2001 nach ägyptischem Recht wieder rückgängig gemacht.
Beide Elternteile haben befürchtet, dass der jeweils andere die Kinder ins Ausland, insb. nach Ägypten, bringen würde und nicht mehr herausgebe.
Die Eltern haben sich geeinigt, dass die Kinder bei der Mutter wohnen sollen und, nachdem sie übereinstimmend mit Zustimmung der Verfahrensbevollmächtigten der Mutter erklärt hatten, dass die Pässe bei dieser hinterlegt werden sollten und eine Herausgabe an einen der Ehegatten nur zulässig sei, wenn beide Ehegatten zustimmten, am 23.2.2001 beantragt, jeweils dem anderen vorläufig zu untersagen, mit den ehegemeinsamen Kindern, O., K. und S. das Gebiet der Bundesrepublik zu verlassen.
Mit Beschluss vom 23.2.2001 hat das FamG beiden Elternteilen jeweils untersagt, die gemeinsamen Kinder außerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland zu verbringen (Ziff. 1) sowie jedem ein Zwangsgeld angedroht (Ziff. 2 Abs. 1) und die Grenzpolizeibehörde ersucht, die Ausreise der Kinder aus Deutschland zu verhindern und dies im Schengener Informationssystem auszuschreiben.
Das FamG hat beide Anträge für zulässig und jeweils begründet erachtet. Es hat deutsches Recht angewandt. Nach deutschem Recht stehe die elterliche Sorge beiden Elternteilen gemeinsam zu. Damit sei ein eigenmächtiges Verbringen ohne Zustimmung des anderen Elternteils ins Ausland unzulässig. Würden die Kinder nach Ägypten gebracht – gleichgültig von welchem Elternteil – wäre eine dem gemeinsamen elterlichen Sorgerecht entsprechende Rückführung zumindest mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Dies stehe im Widerspruch zum Kindeswohl, da die Kinder in Deutschland integriert seien und hier ihre entscheidenden Bezugspunkte hätten. Aufgrund der eidesstattlichen Versicherung der Elternteile bestehe jeweils ein realer Anhaltspunkt dafür, dass der jeweils andere Elternteil die Kinder nach Ägypten verbringen würde.
Auf den ihr am 26.2.2001 zugestellten Beschluss hat die Mutter mit am 14.3.2001 eingelegten Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Eine Gefahr von ihrer Seite, die Kinder ins Ausland zu verbringen, insb. nach Ägypten, bestehe nicht. Die Kinder seien i.Ü. nicht bereit, mit dem Vater nach Ägypten zu gehen.
Sie beantragt Aufhebung des Beschlusses, soweit er sie beschwert.
Durch den beauftragten Richter wurden die Eltern gem. § 50a FGG und die Kinder O. und K. gem. § 50b FGG am 31.5.2001 persönlich angehört; wegen des Anhörungsergebnisses wird auf das Protokoll Bezug genommen (II, 145 ff.).
II. Die zulässige befristete Beschwerde der Mutter (§§ 621e Abs. 1, Abs. 3, 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) ist begründet.
Zutreffend hat das FamG gem. Art. 1, 3 Haager-Minderjährigen-Schutzabkommen – unabhängig von der Anwendbarkeit des Art. 5 EGBGB – deutsches Recht zugrunde gelegt.
Nach deutschem Recht sind die Eltern weiterhin Inhaber der gemeinsamen elterlichen Sorge. Ein Antrag nach § 1671 BGB wurde nicht gestellt. Der Vater hat eingewilligt, dass sich die Kinder bei der Mutter aufhalten.
Bei gemeinsamem Sorgerecht der Eltern wäre eine Verbringung der Kinder auf Dauer ins Ausland eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung i.S.d. § 1687 BGB, über die nur gemeinsam von den Eltern entschied...