Leitsatz (amtlich)
Die im Rahmen einer vorprozessualen Abmahnung entstandene Geschäftsgebühr betrifft im Sinne des Gebührenrechts denselben Gegenstand wie das nachfolgende einstweilige Verfügungsverfahren.
Verfahrensgang
LG Mannheim (Beschluss vom 11.03.2010; Aktenzeichen 2 O 280/09) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Mannheim vom 11.3.2010 (Az 2 O 280/09) wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 809,08 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten im Anwendungsbereichs des § 15a Abs. 2 RVG über die Anrechnung der halben Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV-RVG. Der Antragsteller meint, im Kostenfestsetzungsverfahren sei zu Unrecht eine Anrechnung erfolgt, da die vorgerichtliche Geltendmachung eines endgültigen markenrechtlichen Unterlassungsanspruches gebührenrechtlich nicht denselben Gegenstand betreffe wie das nachfolgende einstweilige Verfügungsverfahren.
Der Antragsteller hat die Antragsgegnerin nach Kenntnisnahme des Verstoßes im November 2009 erfolglos wegen Verletzung seiner Markenrechte durch seine späteren Prozessbevollmächtigten unter Mitwirkung eines Patentanwalts abmahnen lassen und nachfolgend eine auf Unterlassung gerichtete Beschlussverfügung beim LG Mannheim bewirkt. In dieser wurde der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens auferlegt (Beschl. v. 20.12.2009). Der Antragsteller hat die einstweilige Beschlussverfügung vollzogen.
Am 12.2.2010 hat die Antragsgegnerin den Anspruch des Antragstellers auf Erstattung der 1,3 Geschäftsgebühr seines Rechtsanwaltes durch Zahlung eines Dritten erfüllt. Die Kosten des Patentanwalts sind nicht erstattet worden. Mit seinem Kostenfestsetzungsantrag verlangt der Antragsteller neben den Kosten des mitwirkenden Patentanwalts, der Auslagenpauschale, Zustellkosten und Mehrwertsteuer auch Erstattung der auf seinen Prozessbevollmächtigten entfallenden 1,3 Verfahrensgebühr ohne Anrechnung der halben Geschäftsgebühr.
Das LG hat mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.3.2010 gemäß der Vorbemerk. 3 Abs. 4 VV-RVG auf die 1,3 Verfahrensgebühr des Prozessbevollmächtigten die halbe Geschäftsgebühr angerechnet, sie also um die Hälfte gekürzt. Die Kosten für den Patentanwalt blieben ungekürzt. Gegen diese Anrechnung wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde, mit der er geltend macht, die Abmahnung und das einstweilige Verfügungsverfahren betreffe nicht denselben Gegenstand. Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen (Beschluss v. 19.5.2010).
II. Die sofortige Beschwerde ist nach § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 2, 569 ZPO zulässig. Über sie hat nach § 568 ZPO der Einzelrichter zu entscheiden.
1. Die sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das LG die von dem Antragsteller geltend gemachte Verfahrensgebühr um die Hälfte der angefallenen Geschäftsgebühr gekürzt.
Ausgangspunkt der Entscheidung ist, dass die im Vorfeld eines gerichtlichen Verfahrens entstandene Geschäftsgebühr nach der ständigen Rechtsprechung des BGH im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO nicht zum Kostenausgleich festgesetzt werden kann (BGH WRP 2009, 75 Tz. 9 m.w.N.). Dementsprechend können Kosten, die einer Partei für eine markenrechtlichen Abmahnung nach Nr. 2300 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG entstehen, nicht Gegenstand einer Kostenfestsetzung sein. Allerdings kann sich der Schuldner im Kostenfestsetzungsverfahren eines nachfolgenden Gerichtsverfahren in den in § 15a Abs. 2 RVG genannten Fällen nach der Vorbemerk. 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV-RVG dann auf die Anrechnung der halben Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr berufen, wenn die Geschäftsgebühr wegen desselben Gegenstandes wie die Verfahrensgebühr entstanden ist. Entgegen der Auffassung des Antragstellers hat die (erfolglos) geltend gemachte vorgerichtliche Abmahnung und das nachfolgende einstweilige Verfügungsverfahren gebührenrechtlich denselben, durch einen Wettbewerbs- oder Markenverstoß begründeten Unterlassungsanspruch zum Gegenstand.
Die Anrechnungsregelung in Vorbemerk. 3 Abs. 4 Satz 1 zu Nr. 3100 RVG-VV lautet: "Soweit wegen desselben Gegenstands eine Geschäftsgebühr nach den Nr. 2300 bis 2303 entsteht, wird diese Gebühr zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet." Die Voraussetzungen zur Anrechnung der halben Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr liegen im Streitfall vor.
a) Die Geschäftsgebühr des späteren Prozessbevollmächtigten ist i.H.v. 1,3 Gebühreneinheiten entstanden. Durch die Vorlage des Abmahnschreibens ist hinreichend nachgewiesen, dass der Antragsteller diesen für sein vorprozessuales Vorgehen in dem erforderlichen Umfang beauftragt hat.
b) Der Antragsgegner kann sich nach § 15 Abs. 2 RVG wegen Erfüllung auf die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebü...